Green New Deal und „Farm-to-Fork“ Strategie
[Newsletter-Artikel April 2020] Seit mehr als einem Jahrzehnt wird das an Roosevelts New Deal aus den 1930er-Jahren angelehnte Konzept des Green New Deal diskutiert. Damals reagierte der US-Präsident auf die Große Depression und kurbelte mit dem Wirtschaftsprogramm „New Deal“ den Arbeitsmarkt an. Der heutige Green Deal will eine ebensolche Anschubleistung in Gang bringen, allerdings um den Energiesektor erneuerbar zu gestalten und die Wirtschaft auf ökologische Leistungen umzustellen. Für Europa hat die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gar von Europas „Man on the Moon“ Moment gesprochen.
Fakt ist, dass die die EU-Kommission das Thema Umwelt und Klima noch nie so sehr nach vorne gestellt hat.
Dabei enthält der Green Deal erstmal eine Reihe von Absichtserklärungen. Europa soll zum Vorreiter der grünen Bereiche werden, bei Klima-, Umwelt- und Naturschutz. Was sicher als ein Erfolg der Fridays-for-Future-Bewegung und der Mobilisierung der Umweltverbände zur Europawahl zu verdanken ist. Die dramatischen Alarmrufe aus der Wissenschaft zu Erderwärmung, Umweltschäden und Artensterben scheinen in der Europapolitik angekommen zu sein. Soweit die Rhetorik.
„Ein großer Sprung für die Kommissionspräsidentin, aber leider nur ein erster Schritt auf Europas Weg in die Nachhaltigkeit“. So beurteilten der NABU und viele Umweltverbände in Europa den Green Deal.
Neben den guten Ansätzen für Klima und Umwelt fehlt es jedoch weiterhin an ambitionierten Umsetzungen in den Details. Gerade in der Landwirtschaft steht Europa vor zentralen Entscheidungen. Für die nächsten sieben Jahre sollen die Hauptlinien der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) festgelegt werden. Aktuell diskutieren wir aber nicht über eine Wende im Fördersystem, das bisher immer noch von Direktzahlungen je Hektar dominiert wird, statt von Zahlungen für ökologische Leistungen, sondern wir müssen die aktuell geltenden ökologischen Förderungen noch gegen massive Kürzungen in Folge des britischen EU-Austritts und gegen den schlechten Vorschlag zur GAP verteidigen, der noch aus der Junker-Ära stammt. Hier zeigt sich, wie wenig Mut zu echten Veränderungen die Kommission bisher zeigt.
Farm to Fork-Strategie
Bei der Farm to Fork-Strategie, typisch EU „F2F“ abgekürzt, handelt es sich um eine Strategie für das ganze Ernährungssystem, nicht nur die eigentliche Produktion. Die Forderung nach einer solch umfassenden Strategie hatten die Europagrünen schon 2008 gestellt.
Das aktuelle Ziel der Kommission zur Reduzierung der Anwendung chemischer Pestizide ist zwar zu begrüßen. Eine konkrete Reduktion um 50 Prozent wurde jedoch in letzter Minute herausgestrichen. Jetzt vertraut man wohl auch hier auf die Umsetzung in den Mitgliedstaaten, ohne eine einheitliche und vor allem verbindliche Regelung vorzuschreiben. Das ist mehr als bedauerlich und lässt keine großen ökologischen Effekte erhoffen.
Zudem fehlt die klar formulierte Absicht und ein Ziel, die nicht flächengebundene Tierhaltung zu reduzieren und auf nachhaltige, möglichst hofeigene Fütterungssysteme umzustellen. Hierzu würde dann auch eine konsequente Förderung der EU-Eiweißproduktion (nicht nur Soja, sondern auch Futter- und Feinleguminosen) sowie eine Besteuerung von Importsoja gehören.
Das Enttäuschende an der jetzigen F2F-Strategie ist jedoch, dass die EU-Kommission trotz erdrückender Beweise aus der Wissenschaft und seitens des Rechnungshofes an ihrem Vorschlag für die künftige EU-Agrarpolitik (GAP) festhalten will, der noch aus der Zeit stammt als von Green Deal noch nichts zu sehen war und der den Mitgliedstaaten – bisher ohne besonders zielführende oder verbindliche Auflagen – die Umsetzung der GAP überlassen will. Ob bei den nationalen GAP-Umsetzungsplänen (Strategieplänen) der Mitgliedstaaten ausreichend ambitionierte Umweltmaßnahmen zur Bedingung für Zahlungen werden, ist mehr als offen. Mit dem derzeit auf dem Tisch liegenden GAP-Vorschlag wird der Green Deal nicht halten könne, was er verspricht. Das Ziel der F2F-Strategie, den Ökolandbau zu fördern, wird ebenfalls nicht finanzierbar sein, wenn die zweite Säule – so wie bisher geplant – bis zu 28 % gekürzt wird.
Weiterführende Infos:
Green Deal Meldung tageschau.de
Erste Bewertung des Green Deal durch Greens/EFA
Bewertung des Green Deal durch den NABU
A Green New Deal for Europe – Studie des Wuppertal-Institutes im Auftrag von Greens/EFA