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„Wäre „Entwaldung“ ein Land, wäre es der drittgrößte Emittent – gleich nach den USA und China“ –  wie die deutsche Fleischindustrie die Wälder Südamerikas vernichtet und was dagegen getan werden muss

A180419 pic diskussionm 19. April 2018 diskutierten Vertreter*innen der Industrie, Wissenschaft, Politik und NGO’s in Berlin wie die Abholzung von nativen Wäldern in Lateinamerika durch den Soja-Anbau gestoppt werden kann und muss. 

Aufhänger der Veranstaltung war eine von Mighty Earth, FERN und Rainforest Foundation Norway veröffentlichte Studie, die den Zusammenhang zwischen hiesigem Fleischkonsum und dem voranschreiten Raubbau von Naturwäldern belegt (siehe: http://www.mightyearth.org/die-vermeidbare-krise/). Mitautorin Anahita Yousefi von Mighty Earth erklärt, dass beim Thema Entwaldung derzeit insbesondere über den Verlust des Amazonas diskutiert wird, allerdings sei die zunehmende, oft illegale Entwaldung in weniger bekannten Waldgebieten, wie dem Gran Chaco in Argentinien und Paraguay ökologisch von höchster Relevanz. Hauptgrund ist auch hier der hohe Eiweißfuttermittel-Bedarf der industriellen Tierhaltung in Europa und China. Deutschland als größter Fleischproduzent importierte beispielsweise 2016 6,3 Millionen Tonnen Soja, überwiegend aus Lateinamerika.

180419 pic mightyNeben der Bedrohung der Wälder und Biodiversität in dieser Region, gibt es auch soziale Probleme. Der Anbau und die Vermarktung von Produkten werden überwiegend von sehr wenigen Zwischenhändlern diktiert. Darüber hinaus gewähren die Untersuchungsergebnisse interessante Einblicke in die Intransparenz und mangelnde Nachhaltigkeit der Lieferketten. Großhändler und Supermarktketten, die auf ihren Webseiten Corporate-Responsibility-Grundsätze großschreiben, wissen oft nicht, wo ihre Produkte herkommen.

Als Vertreter der Futtermittelindustrie hob, Dr. Hermann-Josef Baaken, Geschäftsführer des Deutschen Verbands Tiernahrung hervor, dass sich Unternehmen der Futtermittelbranche durchaus um Themen der Nachhaltigkeit bemühen, unter anderem durch die unternehmerische Verpflichtung zur Beachtung der Leitlinien für die Sojabeschaffung des europäischen Mischfutterverbandes ( https://www.dvtiernahrung.de/uploads/media/2016_06_20_Soy_Sourcing_Leitlinien-deutsch__2_.pdf). Eiweiß sei elementarer Bestandteil für die Fütterung und Sojaschrot entsprechend ein wichtiger Eiweißlieferant. Dennoch solle man nicht den Anteil an Soja im Futtermittel in Deutschland überschätzen. Von den rund 80 Millionen Tonnen Futter seien rund 24 Millionen Tonnen gewerbliches Mischfutter, davon gerade einmal 10 Prozent Importware. Seiner Meinung nach sei das Verbot von Sojaimporten keine Lösung. Vielmehr solle man über Anforderungen an die Handelspartner auf die Anbaubedingungen in den Sojaanbauregionen Einfluss nehmen.

Nicole Polsterer von Fern widersprach der Ansicht des Vertreters des Tiernahrungsverbands, dass die Branche sich bereits um Nachhaltigkeitsstandards in der Handelskette bemühe und verwies auf eine Studie von Climate Focus aus dem Jahr 2016, die zeigt, dass nur 14 Prozent der Unternehmen überhaupt wissen, wo ihr Soja herkommt (http://forestdeclaration.org/wp-content/uploads/2015/09/2016-NYDF-Goal-2-Assessment-Report1.pdf). Ihrer Meinung nach nutzt die EU viel zu wenig Spielräume und fordert, dass auf EU Ebene endlich einen Aktionsplan zum Schutz der Wälder und Menschenrechte verabschiedet wird, der in der EU ansässige Unternehmen zur Sorgfaltspflicht in den Bereichen Soziales und Umwelt in ihren Lieferketten verpflichtet.

Prof. Tobias Kümmerle vom Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin forscht zur Auswirkung der Entwaldung im Gran Chaco. Seiner Ansicht nach reichen Zertifizierungen und Leitlinien seitens der Industrie allein nicht aus. Sinnvoll wäre es vor allem auch neue Naturschutzgebiete auszuweisen, denn nur ein sehr kleiner Teil des Gran Chaco ist bisher geschützt. Außerdem wies er auf indirekte Rodungen hin, die in Zertifizierungsprogrammen bisher keine Berücksichtigung finden. Selbst wenn der Sojaanbau nicht auf vormals Waldgebiet stattfindet, wird oftmals übersehen, dass auf Sojaanbauflächen vorher Rinder grasten, die dann teilweise verdrängt werden und für weitere Umwandlung von Waldfläche verantwortlich sind.

Tobias Reichert von Germanwatch schlägt als Ansatz zur Begrenzung des Problem der Entwaldung vor, dass generell die Importmengen an Sojaschrot reduziert und die heimische Eiweißfuttermittel-Produktion gefördert wird. Die geringen Einfuhrmengen durch den Lebensmitteleinzelhandel müssten dann klar als „entwaldungsfreies“ Soja gekennzeichnet werden.

Martin Häusling zog das Fazit, dass es wichtig ist, dass die Aufmerksamkeit auf den Gran Chaco und andere Ökosysteme gelenkt wird, um das Ausmaß der Entwaldung realistisch einzuschätzen und dagegen umgehend vorzugehen. Einflussnahme kann dabei an vielen Stellen passieren. Neben der Verantwortung des Lebensmitteleinzelhandels sollten auch im Rahmen von Handelsabkommen Standards gewahrt bleiben. Umfassende Rindfleischquoten, die gerade im Mercosur Abkommens verhandelt werden, sind sicherlich keine Lösung, sondern tragen zu einer Verschärfung des Problems bei.

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Gefährliches Spiel mit NahrungsmittelnTitel Beitrag in KAB 2023

Wie Rohstoff - und Finanzspekulationen den Hunger auf der Welt verstärken

von Martin Häusling

Der Krieg in der Ukraine hat die globale Verteilung von Getreide und Ölsaaten auf dem Weltmarkt sowie die Handelswege von Lebens- und Düngemitteln sichtbar werden lassen und an vielen und zentralen Stellen unterbrochen. Ausbleibende Getreidelieferungen haben in zahlreichen Ländern, insbesondere in Nordafrika und dem Nahen Osten, zu Versorgungsengpässen bis hin zu Hungersnöten geführt. Auf den Agrarmärkten sind die Preise für Getreide massiv gestiegen. Neben Faktoren wie dem Vorhandensein von Lagerbeständen und auftretenden Dürren bildet auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln eine Ursache für steigende Preise. Der folgende Beitrag beleuchtet die Rolle der Spekulation mit Agrarrohstoff en und benennt die Gewinner und Verlierer dieser Art der Einfl ussnahme auf die Märkte. Den Spekulanten allein die Schuld an einer möglichen Hungerkatastrophe in die Schuhe schieben will der Autor jedoch nicht. Neben einer besseren Regulierung der Finanzmärkte, die die Spekulation mit Nahrungsmitteln unterbindet, plädiert er für weniger Produktion für Trog und Tank und eine bessere Anpassung unserer Agrarsysteme an Klimaextreme durch den Ausbau von Agrarökologie und Ökolandbau.

Im Schwerpunktthema: Ressourcen: Boden, Wasser, Luft ab S. 25 in AKP 6/20 erschienen.

Europäische Agrarpolitik und Ernährungssicherheit - Mehr als eine Frage des Ertrags
Zahlreiche Gutachten verschiedener wissenschaftlicher Beiräte in Deutschland sowie der Europäische Rechnungshof
machen seit Jahren klar: Wenn wir nicht umsteuern, gefährden wir die Ernährungssicherheit. Was lernt Europa und was
lernen wir daraus?

Kompletten Artikel hier lesen

2019 10 22 ila EU Mercosur FreihandelDr. Andrea Beste und Martin Häusling (2019),

Wenn Ideologie die Frage nach dem Sinn verstellt

 

in: ila - Das Lateinamerika Magazin, Ausgabe 429 (Okt 2019), Seite 21ff.
- Hrsg. Informationsstelle Lateinamerikavom, Bonn.

 

"Dinge um die Welt zu schippern – oder gar zu fliegen –, die auch am Zielort produziert werden können, widerspricht sämtlichen Erkenntnissen von Effizienz, Kreislaufdenken und Nachhaltigkeit."

hamburg-212405 640Seit Wochen steht das TTIP im Brennpunkt der öffentlichen Diskussion. Auch die Zeitschrift Politische Ökonomie sowie das Slowfood Magazin haben in ihren jüngsten Ausgaben das geplante Abkommen zum Debattenthema gemacht und haben Beiträge von mir veröffentlicht.

Slowfood Magazin 2/14 Freihandel - der große Ausverkauf

Politische Ökologie Band 136 (3/14), S.128ff - Chlorhühnchen und die Demokratie_Transatlantisches Freihandelsabkommen

140123 Titel Cyberkrieg GVOKritische Bestandsaufnahme einer neuen Dimension der Gentechnik.

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Autor: Christoph Then

Eine neue Generation von Gentec-Pflanzen steckt in der Pipeline. Viele davon sind in den USA schon im Einsatz. Nach wie vor sind die Eigenschaften Herbizidresistenz und Insektengiftproduktion vorherrschend, aber inzwischen auf einem ganz anderen Niveau: Diese gentechnisch eingebauten Eigenschaften werden zunehmend in sogenannten Stacked Events gekreuzt. Spitzenreiter unter diesen Kreuzungen sind Pflanzen, die gegen vier Unkrautvernichtungsmittel gleichzeitig resistent sind und ein halbes Dutzend Insektengifte auf dem Acker produzieren – 24 Stunden lang, jeden Tag.

140113 Titelbild TTIPKein transatlantisches Freihandelsabkommen auf Kosten europäischer Verbraucher!
Eine kritsche Analyse zum Freihandelsabkommen EU-USA

13.01.14 Eine Studie im Auftrag von Martin Häusling, MdEP
Autoren: Reinhild Benning, Stephan Börnecke, Pia Eberhardt, Karen Hansen-Kuhn, Hannes Lorenzen, Arnd Spahn

Seit Juni 2013 verhandeln Europa und die USA über die bisher größte Freihandelszone der Welt – das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP). Mit Nachdruck werden dies- und jenseits des Atlantiks die vermeintlich positiven Effekte für ein dringend benötigtes Wirtschaftswachstum in Zeiten der Krise gepriesen. Doch die so einmütig beschworene „Win-Win-Situation“ klammert aus, welch tiefgreifende Interessenskonflikte im Agrar-, Umwelt- und Verbraucherschutzrecht hinter den Verhandlungen stecken.

Positionspapier

Video - Welthandel und Welternährung

221015 BDK Rede

Rede zur Antrageinbringung am 15.10.2022.

Mein Antrag wurde ohne Gegenstimme angenommen.

 

201111 swr saatgutsorten mh

Wachsende Konzentration auf dem Lebensmittelmarkt
Marktcheck deckt auf: Das Geschäft hinter unseren Lebensmitteln

Der Saatgutmarkt wird von wenigen Chemie-Riesen wie BayerMonsanto, BASF usw. mit einem Marktanteil von fast 70% bestimmt. SWR-Marktcheck zeigt in dem guten Beitrag die wachsende Konzentration auf dem Saatgutmarkt und den Verlust alter Sorten.

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180504 wasserhahnDeutschlandfunkkultur in der Sendung Wortwechsel vom 4.5.18: Lebensmittel Nummer eins - Wem gehört das Wasser?