Grüne Europagruppe Grüne EFA

Das Jahr 2016 war eine Zäsur in Europas Gemeinsamer Agrarpolitik (GAP): Nie zuvor mussten so viele Bäuerinnen und Bauern ihre Betriebe infolge des Milchpreisverfalls ihre Betriebe aufgeben. Doch die Krise wurde nicht nur zum Brandbeschleuniger agrarstruktureller Veränderungen, sondern auch des Tierleids. Immer mehr Tiere werden in agrarindustriellen Betrieben gehalten und weltweit als Lebendtier oder Fleischware vermarktet.
170509 Schiffstransport ViehWährend EU-Agrarkommissar Phil Hogan und sein deutscher Amtskollege Christian Schmidt keine Gelegenheit auslassen, die Eröffnung neuer Absatzmärkte weltweit zu verkünden, fällt über die wachsende Zahl und Entfernung der damit verbundenen Tiertransporte kein Wort.

Wachsende Exporte und Transporte sind eine Seite der Medaille.
Nun sind solche Zielkonflikte kaum einem Politikbereich fremd. Die in solchen Fällen geführte Debatte um Maß und Ausgleich kommt hier allerdings nicht nur zu kurz. Sie findet kaum statt. Und dass trotz erschreckender Rekordbilanz an Tierleid im vergangenen Jahr. Doch nicht nur die absoluten Zahlen von Lebendtier- und Fleischexporten kletterten in ungekannte Höhen. Auch die Entfernungen pro Transport legten deutlich zu und bescheren den Tieren teils tagelange Irrfahrten auf Straße und Meer.

Politisch Druck machen: Alle Ebenen - EU, Bund und Länder – sind verantwortlich!
Trotz aufrüttelnder Berichte in den Medien mangelt es an politischem Druck, damit sich etwas ändert. Das liegt nicht zuletzt an dem Verschiebebahnhof politischer Zuständigkeiten, was es leicht macht, die Verantwortung für Nichtstun anderen zuzuschieben. Die EU-Kommission als Gesetzgeber und „Hüterin der Verträge“ steht zweifelsohne besonders in der Pflicht. Europa hat sich im Vertrag von Lissabon zum Tierschutz verpflichtet, auch wenn insbesondere die Einhaltung dieser Verpflichtung zuvorderst den Mitgliedsstaaten obliegt.
EU-weit gesetzliche Regeln vorzuschlagen und zu verbessern ist hingegen sehr wohl Aufgabe der EU-Kommission. Unstrittig ist, dass die EU-Tiertransportverordnung  Hintertüren zur Überschreitung der vorgesehenen Transporthöchstdauer von acht Stunden vorsieht, die geschlossen werden müssen. Deshalb haben wir Grünen im Europaparlament eine weitere fraktionsübergreifende Initiative gestartet und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einem gemeinsamen Brief erneut dazu aufgefordert. Die alleinig Schuldige ist die EU-Kommission deshalb nicht. In einer Vielzahl der Fälle werden die gesetzlichen Bedingungen, die insbesondere für Transporte über acht Stunden vorgeschrieben sind, überhaupt nicht eingehalten. Zu mangelnden gesetzlichen Vorgaben gesellen sich somit deutliche Defizite in der Kontrolle und in der Sanktionierung, für die die Mitgliedsstaaten und in Deutschland aufgrund der föderalen Strukturen auch die Bundesländer zuständig sind. Saftige Ordnungsstrafen hat Deutschland allerdings in der existierenden nationalen Tierschutztransportverordnung bei der letzten Novelle allerdings gestrichen. Agrarminister Christian Schmidt erklärte im Oktober 2016, dass er eine entsprechende Änderung der Transportverordnung „bei sich bietender Gelegenheit“ auf den Weg gebracht werden soll.
EU-Politik kann sich nur ändern, wenn die Mitgliedsstaaten dazu bereit sind. Die EU-Kommission hat es schwer, Verschärfungen vorzuschlagen, wenn sie von EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten im Rat (absehbar) nicht mitgetragen werden. So wurde der Antrag unserer Fraktion auf eine absolute Transportzeitbegrenzung im Europaparlament im Dezember 2012 ebenso abgelehnt  wie auch Anträge der Oppositionsfraktionen der Grünen und Linken an die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen.
Eine Aufforderung wie Unterstützung der EU-Kommission zu weitergehenden Regeln sieht anders aus. Agrarminister Christian Schmidt, der mehrfach betont hat, den Tierschutz in Europa voran zu bringen, bleibt seinen Worten damit in Taten schuldig.

crammed 672177 640EU-Regeln gelten über EU-Grenzen hinaus
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes gelten die Bestimmungen der EU-Tiertransportverordnung auch über EU-Grenzen hinaus.  Das verpflichtet die Veterinärbehörden, die Transporte genehmigen, den Verlauf der Transporte bis zum Bestimmungsort nachzuvollziehen und bei absehbar nicht gegebenen Möglichkeiten zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, zu untersagen.

Agrar-Export-Politik ist Treiber der Entwicklung
Fakt ist: Die eigentliche Ursache für wachsendes Tierleid beim Transport liegt in einer fehlgeleiteten europäischen und deutschen Agrar-Handels - Exportpolitik. Eine solche Politik ist ethisch fragwürdig, wirtschaftlich riskant, umweltpolitisch katastrophal und zum Schaden sowohl bäuerlicher Erzeuger/innen als auch Verbraucher/innen – weltweit.
Schärfere Regeln zu fordern ist daher untrennbar mit der Forderung nach einer Agrarpolitik, die nachhaltig, regional, tierschutzgerecht und global verantwortlich ausgerichtet ist.

Publikation

Screenshot KAB 2024 Martin Häusling

"One-Health-Ansatz ernst nehmen: Wege zu weniger Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung"
von Martin Häusling

Antibiotikaresistenzen sind weltweit auf dem Vormarsch. Die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt die steigende Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika eine »globale Bedrohung« für die menschliche Gesundheit, an der jährlich weltweit bereits über eine Million Menschen sterben, Tendenz steigend. Zwar fördert jeder Einsatz von Antibiotika die Bildung von Resistenzen, ihre Entstehung kann aber verlangsamt werden, und da muss nach Ansicht des Autors des folgenden Beitrages dringend angesetzt werden – in der Humanmedizin, aber auch in der Veterinärmedizin, die im Fokus des Beitrages steht. Als notwendige und machbare Schritte, um den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung zu reduzieren, werden beispielsweise Änderungen an den Tierhaltungssystemen, an der Fütterung oder der Zucht genannt. Besonderer Handlungsdruck besteht beim Umgang mit den sog. Reserveantibiotika.

Link zum Artikel hier

Link zum Kritischen Agrarbericht hier

Titel Antibiotika Ländervergleich
ANTIBIOTIKA REDUZIEREN - RESERVEANTIBIOTIKA BEI NUTZTIEREN VERMEIDEN
Vergleich von Strategien in verschiedenen europäischen Staaten

Frank Brendel und Andreas Striezel
Im Auftrag der Grünen im EP


English Version

Titel Reserveantibiotikavon Reinhild Benning und Dr. Andreas Striezel, Autorin/Autor

Studie „Recherche zu Reserveantibiotika bei Tieren die der Lebensmittelgewinnung dienen - Reserveantibiotika als Metaphylaxe und Gruppenbehandlung verzichtbar".

In einigen EU-Ländern steigt der Verbrauch an sogenannten Reserveantibiotika in der Tierhaltung weiterhin an. Reserveantibiotika sind Wirkstoffe, die bei der Behandlung von Menschen dann herangezogen werden, wenn alle anderen Antibiotika aufgrund von Resistenzbildung versagen. Ohne wirksame Regulierungen besteht die Gefahr, dass sich Resistenzen auch gegen Reserveantibiotika bei Mensch und Tier weiter ausbreiten. Nach Daten des Europäischen Antibotika­resistenz-Surveillance-Netzwerks (EARS-Net) sterben heute schon 33.000 Menschen in Europa wegen Antibiotikaresistenzen jährlich. Ein Postantibiotisches Zeitalter droht.

Die Studie liefert wissenschaftliche Hintergründe, die die Einschränkung der Anwendung von Reserveantibiotika in der Tierhaltung – vor allem in der Gruppenbehandlung - begründen. Außerdem werden Alternativen aufgezeigt, die den Einsatz von Antibiotika deutlich mindern könnten.

Englische Zusammenfassung/
Summary of the study ‘Research on reserve antibiotics in food-producing animals

Güllehänger

Die neue Düngeverordnung reicht nicht aus
Die Nitratwerte im Grundwasser übersteigen die Grenzwerte und Deutschland verstößt gegen gültiges Unions-Recht.

Mein Gastkommentar zeigt auf, warum auch die neue Düngeverordnung nicht ausreicht.

Weiterlesen im Weserkurier vom 16.07.2018

130624 Titel AntibiotikaÜber den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung und die Zunahme von resistenten Bakterien

Mai 2015 - Die aktualisierte Studie im Auftrag von Martin Häusling, MEP
Autor: Kathrin Birkel

Mitschnitt der Veranstaltung zur Studienvorstellung vom 13.05.15 in Berlin

„In den letzten Jahren ist es in Europa zu einem explosionsartigen Anstieg resistenter Mikroorganismen gekommen, die in der Humanmedizin nicht mehr durch eine Antibiotika-Therapie behandelbar sind. Eine der Hauptursachen ist der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Tiermast. Dieser Entwicklung muss dringend und konsequent etwas entgegengesetzt werden. In der Tierhaltung werden in Deutschland mehr als doppelt so viel Antibiotika eingesetzt – nämlich über 1700 Tonnen, wie im gesamten Humanbereich (hier sind es 800 Tonnen). Das fördert massiv die Entwicklung von Resistenzen. Wer sich nicht für einen deutlich stärkeren Rückgang des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung einsetzt, nimmt fahrlässig eine Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung in Kauf.
Unabhängig von der Ausgestaltung der Antibiotika-Politik in den einzelnen Mitgliedstaaten brauchen wir hier ein gesamteuropäisches Vorgehen.

140113 Titelbild TTIPKein transatlantisches Freihandelsabkommen auf Kosten europäischer Verbraucher!
Eine kritsche Analyse zum Freihandelsabkommen EU-USA

13.01.14 Eine Studie im Auftrag von Martin Häusling, MdEP
Autoren: Reinhild Benning, Stephan Börnecke, Pia Eberhardt, Karen Hansen-Kuhn, Hannes Lorenzen, Arnd Spahn

Seit Juni 2013 verhandeln Europa und die USA über die bisher größte Freihandelszone der Welt – das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP). Mit Nachdruck werden dies- und jenseits des Atlantiks die vermeintlich positiven Effekte für ein dringend benötigtes Wirtschaftswachstum in Zeiten der Krise gepriesen. Doch die so einmütig beschworene „Win-Win-Situation“ klammert aus, welch tiefgreifende Interessenskonflikte im Agrar-, Umwelt- und Verbraucherschutzrecht hinter den Verhandlungen stecken.

Video - Tierhaltung und Tierschutz

2012 02 14 ARD tagesschau Tiertransporte

"Entschliessung des EU-Parlamentes - Mehr Kontrollen bei Tiertransporten"

Beitrag in der Tagesschau / ARD vom 14. Feb 2019

Dauer: 2:06min

160710 ARD Europamagazin KäfigeierARD Europamagazin: 10.07.16 | 06:04 Min. - Käfighaltung bei Hühnern ist in der EU so gut wie verboten. Nach und nach haben die Landwirte ihre Betriebe auf Freiland- und Bodenhaltung umgestellt. Eigentlich eine gute Idee.
O-Ton ab 5:00 min.