- 08. Mai 2024
Briefing zum Parlamentsmandat zum Saatgutrecht - Verordnung zum pflanzlichen Vermehrungsmaterial (PVM)
Am 24. April stimmte das Europaparlament über seine Position der Verordnung zur Erzeugung und in den Verkehr bringen von pflanzlichem Vermehrungsmaterial (PVM oder „Saatgutverordnung“) ab.
Das Mandat des EU-Parlaments, mit dem wir in der kommenden (10.) Legislatur in die Verhandlungen mit dem Rat der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission eintreten werden, stellt aus Grüner Sicht eine absolute Verbesserung zum Kommissionvorschlag aus 2023 dar.
Die Mitgliedstaaten der EU haben ihre internen Verhandlungen, anders als das EU-Parlament, noch nicht abgeschlossen. Zu erwarten ist deren Einigung (allgemeine Ausrichtung) wohl erst im Herbst 2024. Danach können EU-Parlament, EU-Kommission und Rat der Mitgliedstaaten in die Verhandlungen gehen (Trilog), um den finalen Gesetzestext zu verhandeln und zu beschließen.
Die wesentlichen Punkte sind in diesem Briefing erläutert.
- 26. Oktober 2023
Briefing zum Reformvorschlag der EU-Kommission zum Saatgutrecht
Der Entwurf zur Reform des EU-Saatgutrechts ist Teil eines Pakets von mehreren Gesetzesinitiativen unter dem Titel „Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen“ und hängt mit dem Vorschlag zur Regulierung der Neuen Gentechnik (NGT) zusammen.
Mit dem Reformvorschlag will die EU-Kommission „den Verwaltungsaufwand verringern und die Effizienz und Wirksamkeit der Registrierungs- und Zertifizierungssysteme steigern“. Vorgesehen ist, die bisher bestehenden 10 Richtlinien zu bündeln.
Wenn die EU-Kommission es mit der Nachhaltigkeit wirklich ernst meinte, müsste die Prüfungen zur Zulassung neuer Bio-Sorten künftig unter biologischen Bedingungen stattfinden, forderten die Saatgut-Verbände in ihrem Offenen Brief im Mai. Kleinbäuerliche und ökologische Saatgutsysteme müssten durch die neuen Richtlinien abgesichert; ihre Rechte gegenüber der Agrarindustrie gestärkt werden. Eine größere genetische Kulturpflanzenvielfalt mache die Landwirtschaft klimaresilienter. Sorten, die an ökologische Anbausysteme adaptiert sind, benötigten weniger Pestizide, so die Argumentation.
Im Moment geht die Initiative der EU-Kommission jedoch in eine andere Richtung: Es soll sogar erlaubt sein, bei Biosorten eine Prüfung unter konventionellen Bedingungen durchzuführen, inklusive der Behandlungen mit Schädlingsbekämpfungsmitteln. Die Öko-Züchtung ist auf die Bedürfnisse nachhaltiger Landwirtschaftssysteme abgestimmt und findet in allen Phasen unter dazu passenden Bedingungen statt, also ohne Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden und Mineraldüngern.
- 08. Februar 2023
Neue Studie: EU-Saatgutreform – Diesmal: Saatgut für Agrarökologie und Farm-to-Fork! (2)
Zugelassene Sorten für unsere Lebensmittelproduktion unterscheiden sich heutzutage häufig nur noch in geringfügigen Ausprägungen und sind einseitig auf Leistung gezüchtet. Das ist fatal, denn Sortenvielfalt ist notwendig, wenn wir unsere Agrarsysteme zukunftssicher aufstellen wollen.
In der EU gibt es 27 verschiedene Saatgutvermarktungsregelungen, die sich zum Teil erheblich unterscheiden. Der letzte EU-Vorschlag für eine Saatgutreform 2013 war allerdings völlig unzureichend, um die Saatgutvielfalt auf unseren Äckern und in unseren Gärten zu stärken. Der Vorschlag hätte den Erhalt und die Nutzung der Artenvielfalt in der Landwirtschaft und im Gartenbau nicht befördert, sondern weiterhin uniformem, auf Ertrag gezüchtetem Einheitssaatgut den Vorrang am Markt gegeben. Die Zucht und Vermarktung angepasster robuster Sorten ist aktuell nur unter den Regeln des Öko-Rechtes möglich.
Die EU-Kommission plant ihren Vorschlag zur Novellierung des bestehenden Saatgutrechts am 6. Juni 2023 vorzulegen.
Greens/EFA fordern die Kommission auf, eine grundlegende Reform vorzulegen, die ein neues Gleichgewicht zwischen der industriellen Pflanzenproduktion und lokalen und weniger inputabhängigen Produktionssystemen wie der agrarökologischen und ökologischen Produktion herstellt.
Die Studie „Welches Saatgut für einen gerechten Übergang zu agrarökologischen und nachhaltigen Lebensmittelsystemen?“ (Deutsche Version
/ english version ) von Arche Noah, Verein für den Erhalt, die Verbreitung und die Entwicklung vom Aussterben bedrohter Kulturpflanzensorten, im Auftrag der beiden Grünen Europaabgeordneten Sarah Wiener und Martin Häusling, beleuchtet die Saatgutzulassung in der EU und ihre Probleme und geht der Frage nach zukunftsfähigen Strategien nach. (Programm der Studienpräsentation 08.02.23 und Aufzeichnungen der Veranstaltung))
Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umwelt- und Gesundheitsausschuss, kommentiert:
„Die Europäische Union ringt seit mehr als einem Jahrzehnt um ein neues Saatgutrecht. Eine Novelle ist bitter notwendig, denn die derzeitige Gesetzgebung fördert nicht nur eine uniforme Saatgutproduktion großer Konzerne, sondern gefährdet sogar die Artenvielfalt. Die Welternährung basiert heute zu ca. 66 % auf nur neun Kulturpflanzenarten. Der größte Teil der Kulturpflanzen (99,6%) bleibt dagegen fristen ein Schattendasein. Laut Schätzungen der UN haben wir in den letzten 50 bis 100 Jahren fast 90% der globalen Arten- und Samenvielfalt verloren. Dieser nachlässige Umgang mit unserem Welterbe ist nicht nur ein unwiederbringlicher Verlust für die Geschmacksvielfalt auf unseren Tellern. Weniger Auswahl im Genpool der Natur, intensiv bewirtschaftete Monokulturen, degenerativ unfruchtbare Hybridsamen und patentierte Sorten und Rassen halten die Bäuerinnen und Bauern in einer unzumutbaren Abhängigkeit. Weiter auf Monokulturen, immer teurere synthetische Düngemittel und giftige Pestizide zu setzen, bring uns in die Sackgasse. Das ist fatal. Für ökologischere Systeme brauchen wir vielfältiges und robustes, lokal angepasstes Saatgut.“
Sarah Wiener, Grüne Agrar- und Umweltpolitikerin im Europaparlament ergänzt:
„Wer den Saatgutmarkt beherrscht, bestimmt auch, was bei jedem einzelnen Essenden auf den Teller kommt. Derzeit sind es vier Konzerne, die einen Großteil des Marktes für Saatgut kontrollieren: Corteva, Syngenta, BASF und Bayer. Nicht zufällig dieselben Unternehmen, die auch mit Agrarchemie Milliardengeschäfte machen. Anstatt das Welterbe Saatgut zu bewahren und sich die mannigfaltigen Sorten zunutze zu machen, haben diese Konzerne nur Profit im Sinn: Sie verkaufen passende Pestizide zu ihren wenigen, industriellen Saatgutvarianten und halten so nicht nur Bäuerinnen und Bauern in der Abhängigkeit, sondern ersticken auch die Vielfalt auf dem Markt im Keim. Die neue Saatgutverordnung muss diese Konzernmacht brechen, denn nur mit robusten, nicht-uniformen Sorten lässt sich die nötige Agrarwende vorantreiben.“
Weitere Informationen bei ARC2020: https://www.arc2020.eu/seed-marketing-reform-commission-hints-at-faustian-hybrid/
Weitere Informationen:
Veranstaltung am 22.03.2023 mit Studienvorstellung (Dt. Aufzeichnung im YouTube-Kanal Wiener / english recording)
- 14. Dezember 2018
Ökosaatgut – ökologische Züchtung forcieren!
Saatgut, welches im Ökolandbau aktuell verwendet wird, stammt überwiegend aus konventioneller Züchtung. Es ist zwar unbehandelt, aber nur sehr selten stammt es auch aus ökologischer Zucht. Der Zugang zu pflanzlichem Vermehrungsmaterial als auch die Züchtung für den ökologischen Landbau waren innerhalb der Zulassungsregularien bislang sehr begrenzt.
Um die bestehenden Ausnahmeregelungen für die Nutzung konventionellen Saatgutes langsam auslaufen lassen zu können und die Züchtung und den Markt für geeignetes ökologisches Saatgut auszuweiten, wurde eine Definition für heterogenes Material und ökologische Sorten, die es so vorher nicht gab, in die neue Öko-Verordnung aufgenommen. Beispielsweise dürfen nun alte Landsorten und neue Züchtungen, die bislang wegen der geltenden Saatgutrichtlinien nicht vermarktet werden durften, in der EU vermarktet werden. Des Weiteren wurde die Bio-Pflanzenzucht in den EU-Aktionsplan für den ökologischen Landbau aufgenommen. Auch eine EU-weite Datenbank zu Ökosorten wird eingerichtet. Wir Grüne im Europaparlament haben zum ökologisch gezüchteten Saatgut Mitte Oktober eine Konferenz mit veranstaltet, in der noch einmal deutlich wurde, dass der ökologische Landbau ökologisch gezüchtetes Saatgut braucht und welche Potentiale darin stecken: Robustere Pflanzen und Tiere, stabilere Ökosysteme, größere Artenvielfalt. Eine weitere Konferenz im November, zusammen mit Demeter Europe, informierte über den aktuellen Stand von Zucht und Markt in Europa.
Video der Konferenz zum ökologisch gezüchteten Saatgut im EP.
- 21. April 2017
Freies Saatgut statt Konzerngetreide/ von AktionAgrar
Saatgut geht uns alle an. Wie Konzerne es anstellen, das Saatgut weltweit unter ihre Kontrolle zu bekommen und wie das unsere Umwelt und unser Essen ärmer macht, das zeigt das Video von Jan-Philip Roza, das er mit Unter- stützung von aktion-agrar und der Saatgutkampagne gedreht hat.
- 11. Oktober 2016
EU muss Bayer-Monsanto-Deal stoppen
Am 14. September 2016 hat die deutsche Bayer AG eine Einigung mit dem US-amerikanischen Konzern Monsanto zum Kauf des Unternehmens erzielt.
Wird der Mega-Deal genehmigt, wird der Leverkusener Konzern zum mächtigsten Agrarkonzern der Welt, der seine führende Stellung in der Herstellung von Agrochemikalien mit der Marktführerschaft für Saatgut und Agrogentechnik des vormaligen Konkurrenten vereint.
- 24. Mai 2016
Petiton jetzt unterschreiben: Bayers Mega-Deal muss gestoppt werden
Die Übernahme von Monsanto würde Wettbewerb, Wahlfreiheit und genetische Vielfalt unzulässig beschneiden
Good for business, bad for us - Why Bayer buying Monsanto is more than just another merger
Die geplante Übernahme des US-Agrarkonzerns Monsanto durch den deutschen Pharma- und Pflanzenschutzriesen Bayer muss aus wettbewerbsrechtlichen und politischen Gründen verhindert werden, verlangen die Europaabgeordnete Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA und Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Grünen/ EFA im Europäischen Parlament. In einem gemeinsamen Brief an EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sowie den Präsidenten des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, begründen Häusling und Giegold diese Forderung mit der unzulässigen Konzentration der Macht auf dem Saatgut- und Agrarchemiemarkt.
Sollte es Bayer gelingen, Monsanto zu schlucken, dann würde der Leverkusener Konzern zur Nummer eins auf dem Agrarchemiemarkt aufsteigen und zugleich das größte Saatgutunternehmen der Welt werden. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, welche Folgen dies für die bereits jetzt deutlich eingeschränkten Wettbewerbsstrukturen auf dem europäischen Agrarmarkt, für die Wahlfreiheit in der landwirtschaftlichen Erzeugung sowie für die Verbraucher haben wird.
Antwortbrief der EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager von 20.06.2016