Grüne Europagruppe Grüne EFA

Europas gemeinsame Agrarpolitik (GAP) steht am Scheideweg. Im Jahr 2017 wird die Debatte über ihre zukünftigen Ausrichtung in der nächsten Förderperiode nach 2020 geführt: hin zu einer gesellschaftlich akzeptierten Neuausrichtung, wie sie laut Umfrage 65% der europäischen Bürgerinnen und Bürger fordern, oder setzt sich der agroindustrielle Kurs auf Kosten von Umwelt, bäuerlichen Erzeugern, Verbraucher- und Tierschutz, fort?

Die politischen Weichen über diese Kursausrichtung werden bereits gestellt. So startet ab Februar eine öffentliche Konsultation der EU-Kommission, deren Ergebnisse gegen Ende des Jahres in konkrete Vorschläge gesetzlicher Neuregelungen münden sollen. (siehe mein Eingangsstatement zur Tagung).

Mit Blick auf diese Debatte habe ich Reinhild Benning und Tobias Reichert von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch e.V. beauftragt, den Reformbedarf der derzeitigen EU-Agrarpolitik zu analysieren und mit Vorschlägen zu ihrer ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Neuausrichtung zu verbinden.

Zur Vorstellung und Kommentierung der Studie habe ich Trees Robijns von der europäischen Umweltorganisation Birdlife eingeladen, die den politischen Reformprozess auf EU-Ebene intensiv begleiten sowie Professor Jan Douwe von der Ploeg von der Agrar-Universität Wageningen (Niederlande), der seit Jahren den Wandel der europäischer Agrarstrukturen erforscht.

Vorstellung der Studie:

170112 GAP StudieIn ihrer Studie halten die Autoren als Kernherausforderung fest, die Widersprüche in den EU-Regeln zur Agrarpolitik auszuräumen, die das Vertrauen der Bürger und Verbraucher erschüttern und dem Tier- und EU-Wasserschutz schaden. In Europa gebe es inzwischen einen gesellschaftspolitischen Konsens, dass öffentliche Gelder nur für öffentliche Leistungen zu zahlen und der Wertschöpfungsanteil für bäuerliche Betriebe deutlich zu verbessern seien.

In der Realität liege beides jedoch im Argen. Daher sei eine tiefgreifende Reform zeitnah erforderlich. EU-Agrarkommissar Phillip Hogan habe für 2017 die übliche Halbzeitbewertung der Agrarreform von 2013 versprochen, doch inhaltliche Neuerungen blockiere er bisher.

Dem sogenannte Greening der Reform 2013, mit dem 30 Prozent der Direktzahlungen eines Betrieb an bestimmte Umweltauflagen gekoppelt werden, bescheinigt die Analyse weitgehende Wirkungslosigkeit, solange im Rahmen der vorgeblichen "Umwelt"-Auflagen Pestizide und synthetische Dünger auf den Vorrangflächen erlaubt bleiben.

Beispielhaft für das Scheitern der alten Agrarpolitik ist nach Auffassung der Autoren die Erzeugerpreiskrise. Im Zuge der Abschaffung der Milchquote weitete die EU im Zeitfenster 2013 bis 2015 die Milchpulverexporte von 400 000 Tonnen auf 700 000 Tonnen aus und überflutete damit den Milchmarkt weltweit, mit der Folge um 65 Prozent gesunkener Preise. Agrarsubventionen wurden für den Aufbau neuer Milchpulverwerke und dem Aufbau von Lagerkapazitäten verwendet. Diese Konzernförderung verdrehe den Anspruch der Agrarpolitik zur "Erhöhung der Wertschöpfung" beizutragen, radikal ins Negative, wie der Sinkflug der Weltmarktpreise zeige.

Da immer mehr Menschen nicht nur die Qualität, sondern die Art ihrer Erzeugung in den Mittelpunkt stellen, schlagen die Autoren vor, die Prozessqualität von Lebensmitteln zu kennzeichnen. Wie bei der Eierkennzeichnung würden alle Lebensmittel in die Kategorien 0,1,2,3 eingeteilt und gekennzeichnet. Die Ziffer 0 entspricht den Ökolandbau-Anforderungen. Die Ziffer 3 kennzeichnet, dass lediglich gesetzliche Mindestanforderungen eingehalten wurden. In die Ziffern 1 und 2 sollen Bauernhöfe für Verbraucher sichtbar gemacht werden, die z.B. mit geringerem Pestizid-Einsatz und tierfreundlicher Weidehaltung besondere Leistungen erbringen. So können Konsumenten am Verkaufsregal die aus ihrer Sicht "besten Bauern" erkennen und zu deren Wertschöpfung beitragen.

Für den Umbau werde der Umfang des gesamten EU-Agrarhaushaltes benötigt, um Bauernhöfe in die Lage zu versetzen, von einer Stufe in die nächst höhere zu gelangen, Landwirtschaft in benachteiligten Regionen zu erhalten und Natur- und Artenschutz in die Agrarfläche zu integrieren. Im Jahr 2028 liefe die Förderung für Betriebe der Kategorie 3 aus, weil sie nur die gesetzlichen Mindeststandards erfüllen ohne gesellschaftliche Leistungen nachzuweisen.

Referenten – Beiträge und Kommentierung

Ihre Kommentierung begann Trees Robijns mit einer Rückschau auf die letzte Reformrunde. Zwar habe man mit dem Slogan „Öffentliches Geld für öffentliche Leistung“ die Kommunikation gewonnen, aber keine tatsächlichen Verbesserungen erreicht. Eine Wiederholung dieser nach wie vor gültigen und aktuellen Forderung sichere keinen Erfolg auf Verbesserung. Das Wichtigste sei, die Politik vom Reformbedarf zu überzeugen, mit Hilfe der Öffentlichkeit. Fakten, wie sie Studie deutlich benennt, entfalten im „postfaktischen“ Zeitalter immer weniger Wirkung. Es muss deshalb darum gehen, die Gesellschaft für eine Einflussnahme emotional zu erreichen.

Was Modelle oder Vorschläge zur Neuausrichtung betrifft, liegen mit dieser und anderen Studien, z.B. des NABU („Fit, fair und nachhaltig: Vorschläge für eine neue EU-Agrarpolitik“), bereits gute Ideen auf dem Tisch. Allerdings sei jetzt nicht die Zeit der Debatte des besten Modells. Auch sehe sie nicht, ob die Forderung nach Erhalt des gesamten Budgets für den Umbau im Fokus stehen sollte. Viel entscheidender sei es, dass das Lager der reformwilligen Kräfte wachse. Deutschland könne bereits auf eine breite Bewegung verweisen. In anderen EU-Staaten sei das öffentliche Interesse noch viel zu gering, um die Politik zu beeinflussen.

Jan Douwe van der Ploeg knüpfte in seinen Ausführungen an dieser Forderung an. Eine Transition erfordere die Involvierung der Zivilgesellschaft als „social driver“. Die Fähigkeit wie ihre bessere Widerstandskraft gegen Krisen habe die bäuerliche Landwirtschaft bewiesen.

Auch wenn kein Zweifel daran besteht, dass die derzeitige Agrarpolitik den Strukturwandel und ungleiche Machtverhältnisse in der landwirtschaftlichen und Lebensmittelerzeugung verschärft und allein deshalb reformiert werden muss: Die Beschreibung und Selbstdarstellung des Niedergangs der bäuerlichen Landwirtschaft stimme nicht. Die Wirklichkeit sei viel komplexer, wie die Situation in den Niederlande belegt: Der Zahl aufgebender Betriebe stehe mittlerweile eine höhere Anzahl neugegründeter bäuerlicher Betriebe gegenüber. Allerdings weniger im klassischen Sinn, sondern in vielfältigen Betriebsformen und Ausrichtung. Da Großbetriebe schneller und in anderen Größenordnungen wachsen, werde diese Entwicklung zu wenig wahrgenommen, nichtzuletzt von der bäuerlichen Landwirtschaft selbst. Eine Abschaffung der Direktzahlungen hält der Agrarprofessor für eine Frage der Gerechtigkeit. Ihre Beibehaltung werde, allein aufgrund des Lobbydrucks, immer zu einer Bevorzugung agrarindustrieller Strukturen führen. Sein Fazit: Die Agrarsubventionen der 1. Säule sollten in die Maßnahmen der 2. Säule integriert werden. Damit bestünde die beste Gewähr, eine agrarökologisch ausgerichtete, multifunktionale, regional verankerte und angepasste Landwirtschaft mit hoher Widerstandskraft gegen Marktkrisen zu fördern.

Vortrag Jan Douwe van der Ploeg

Aus der anschließenden Diskussionsrunde ist ergänzend festzuhalten:

170112 124342 GAP Berlin klein

 

(v.l.n.r. Matthias Meissner (WWF), Tobias Reichert (Germanwatch e.v.), Martin Häusling (MdEP), Reinhild Benning (Germanwatch e.V.), Jan Douwe van der Ploeg (Uni Wageningen), Trees Robijns (Bildlife Europe e.V.)

  • Um Veränderungen zu erreichen, darf Agrarpolitik nicht länger allein in agrarpolitischen Kreisen diskutiert und bestimmt werden. Das gilt nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch auf politischer Ebene: andere EU-Kommissionen (Umwelt, Verbraucher, Gesundheit, Handel und Entwicklung) müssen ebenso beteiligt werden wie Ministerien auf Ebene der Mitgliedsstaaten
  • Die Erfahrungen aus fünfzig Jahren europäische Agrarpolitik belegen: Veränderungen wurden immer von außen oder aus der Praxis selbst angestoßen. 1. Hegemoniale Institutionen können das nicht leisten. 2. Akteure vor Ort müssen viel stärker involviert und in Entscheidungen einbezogen werden. 3. Bäuerliche Betriebe müssen ihre Stärke und Widerstandskraft selbst herausstellen und als „best practise“ in den Prozess einbringen.
  • Auch wenn unerlässlich ist, dass die Landwirte selbst für Reformen eintreten, ist ihrer Situation mit Verständnis zu begegnen. Mit dem Rücken an der Wand wird jede Änderung zum existenzbedrohenden Risiko. Undifferenzierte Schuldzuweisungen müssen vermieden und der Dialog aufrecht erhalten und dauerhaft geführt werden.
  • Deutschland kommt in dem Reformprozess eine zentrale Rolle zu. Durch die Intervention der Bundesregierung in Brüssel scheiterten wesentliche Reformpunkte in der Schlussphase der Verhandlungen. Damit sich das nicht wiederholt ist entscheidend, dass mit der Bundestagswahl in Deutschland der Einfluss des Bauernverbandes auf das Landwirtschaftsministerium und auch das Kanzleramt in Schranken verwiesen wird.
  • Auch aus und auf internationaler Ebene und Perspektive muss eine Reform der EU-Agrar- und Handelspolitik so schnell wie möglich angegangen werden. Die zunehmend agressive EU-Agrarexport- und Handelspolitik wird durch das derzeitige Subventionssystem erst ermöglicht – unter Missachtung des Rechts auf Ernährungssouveränität bzw. „right to regulate“ sowie der Folgen einer Massenproduktion in Europa selbst.

Ich danke den Studienautoren, Referent/inn/en, allen Gästen der Veranstaltung für Ihre Beiträge und Ihr Kommen und Matthias Meissner vom WWF für die gelungene Moderation der Veranstaltung.

Weitere Informationen zum Thema:

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Publikationen

Screenshot KAB 2024 Martin Häusling

"One-Health-Ansatz ernst nehmen: Wege zu weniger Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung"
von Martin Häusling

Antibiotikaresistenzen sind weltweit auf dem Vormarsch. Die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt die steigende Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika eine »globale Bedrohung« für die menschliche Gesundheit, an der jährlich weltweit bereits über eine Million Menschen sterben, Tendenz steigend. Zwar fördert jeder Einsatz von Antibiotika die Bildung von Resistenzen, ihre Entstehung kann aber verlangsamt werden, und da muss nach Ansicht des Autors des folgenden Beitrages dringend angesetzt werden – in der Humanmedizin, aber auch in der Veterinärmedizin, die im Fokus des Beitrages steht. Als notwendige und machbare Schritte, um den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung zu reduzieren, werden beispielsweise Änderungen an den Tierhaltungssystemen, an der Fütterung oder der Zucht genannt. Besonderer Handlungsdruck besteht beim Umgang mit den sog. Reserveantibiotika.

Link zum Artikel hier

Link zum Kritischen Agrarbericht hier

Titel Biodiv neu weg ist weg end


Zwei große Krisen der Biosphäre sind es mindestens, die keine Zweifel daran lassen, dass gehandelt werden muss. Verheerende Dürren und Waldbrände, immer neue Rekordtemperaturen, Wasserknappheit oder wahre Sturzfluten sind offensichtliche Boten der menschengemachten Klimakatastrophe und mahnen zur Umkehr und Einhaltung international vereinbarter Klimaziele. Doch parallel und angefacht und betroffen davon geht es auch der Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten an den Kragen. Man spricht vom sechsten Massenaussterben der Erdgeschichte. Und das ist womöglich bedrohlicher als die Klimakatastrophe.

In diesem Dossier steht, woran es (auch) liegt: An der Art, wie wir mit dem Land umgehen, wie wir es bewirtschaften. Deshalb gerät unweigerlich die Landwirtschaft in den Fokus, denn sie ist nach wie vor einer der Hauptkiller der Artenvielfalt. Unsere Felder und Wiesen, aber auch unsere Moore und Wälder sind kaum noch Lebensraum und Rückzugsort einer bunten Vielfalt des Lebens. Insekten und Vögel dienen uns als Indikatoren. Doch das Tirilieren, Gesumme und Gebrumme haben drastisch abgenommen. Das Übermaß von Stickstoff und Pestiziden als enorme Belastung der Ökosysteme, ein Kahlschlag der Landschaft auch an Strukturen, der Umgang mit unseren Böden und eine weitere Intensivierung fordern ihren tödlichen Tribut.

Doch zeigen Beispiele, dass es anders geht, wenn man nur will. Und das soll uns Mut machen, gegen die nach unten weisenden „Bestandskurven des Grauens“ anzugehen und umzusteuern. Auch hier ist es nachzulesen.

Zum Download des Dossiers

 

Sammlung

Die von Martin Häusling und der grünen Fraktion im Europaparlament, Greens/EFA, herausgegebene Publikationsreihe ist ein Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion rund um das Thema „Welche Landwirtschafts- und Ernährungspolitik wollen wir in Zukunft haben?“. Die Publikationsreihe enthält Studien und Dossiers von Wissenschaftlern, Fachexperten und Journalisten.

Titel Antibiotika Ländervergleich
ANTIBIOTIKA REDUZIEREN - RESERVEANTIBIOTIKA BEI NUTZTIEREN VERMEIDEN
Vergleich von Strategien in verschiedenen europäischen Staaten

Frank Brendel und Andreas Striezel
Im Auftrag der Grünen im EP


English Version


Titel saatgut vermarktungsregeln studie
Zugelassene Sorten für unsere Lebensmittelproduktion unterscheiden sich heutzutage häufig nur noch in geringfügigen Ausprägungen und sind einseitig auf Leistung gezüchtet. Das ist fatal, denn Sortenvielfalt ist notwendig, wenn wir unsere Agrarsysteme zukunftssicher aufstellen wollen.

In der EU gibt es 27 verschiedene Saatgutvermarktungsregelungen, die sich zum Teil erheblich unterscheiden. Der letzte EU-Vorschlag für eine Saatgutreform 2013 war allerdings völlig unzureichend, um die Saatgutvielfalt auf unseren Äckern und in unseren Gärten zu stärken. Der Vorschlag hätte den Erhalt und die Nutzung der Artenvielfalt in der Landwirtschaft und im Gartenbau nicht befördert, sondern weiterhin uniformem, auf Ertrag gezüchtetem Einheitssaatgut den Vorrang am Markt gegeben. Die Zucht und Vermarktung angepasster robuster Sorten ist aktuell nur unter den Regeln des Öko-Rechtes möglich.

Die EU-Kommission plant ihren Vorschlag zur Novellierung des bestehenden Saatgutrechts am 6. Juni 2023 vorzulegen.

Greens/EFA fordern die Kommission auf, eine grundlegende Reform vorzulegen, die ein neues Gleichgewicht zwischen der industriellen Pflanzenproduktion und lokalen und weniger inputabhängigen Produktionssystemen wie der agrarökologischen und ökologischen Produktion herstellt.

Die Studie „Welches Saatgut für einen gerechten Übergang zu agrarökologischen und nachhaltigen Lebensmittelsystemen?“ (Deutsche Version
/ english version )

Gefährliches Spiel mit NahrungsmittelnTitel Beitrag in KAB 2023

Wie Rohstoff - und Finanzspekulationen den Hunger auf der Welt verstärken

von Martin Häusling

Der Krieg in der Ukraine hat die globale Verteilung von Getreide und Ölsaaten auf dem Weltmarkt sowie die Handelswege von Lebens- und Düngemitteln sichtbar werden lassen und an vielen und zentralen Stellen unterbrochen. Ausbleibende Getreidelieferungen haben in zahlreichen Ländern, insbesondere in Nordafrika und dem Nahen Osten, zu Versorgungsengpässen bis hin zu Hungersnöten geführt. Auf den Agrarmärkten sind die Preise für Getreide massiv gestiegen. Neben Faktoren wie dem Vorhandensein von Lagerbeständen und auftretenden Dürren bildet auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln eine Ursache für steigende Preise. Der folgende Beitrag beleuchtet die Rolle der Spekulation mit Agrarrohstoff en und benennt die Gewinner und Verlierer dieser Art der Einfl ussnahme auf die Märkte. Den Spekulanten allein die Schuld an einer möglichen Hungerkatastrophe in die Schuhe schieben will der Autor jedoch nicht. Neben einer besseren Regulierung der Finanzmärkte, die die Spekulation mit Nahrungsmitteln unterbindet, plädiert er für weniger Produktion für Trog und Tank und eine bessere Anpassung unserer Agrarsysteme an Klimaextreme durch den Ausbau von Agrarökologie und Ökolandbau.

Titel Biodiv neu weg ist weg Vorstudie
Worum es geht
In der Biosphäre vollziehen sich zurzeit zwei menschengemachte und für das Leben auf der Erde bedrohliche Krisen, besser: Katastrophen.
Nachdem es die Klimakrise über eine lange Themenkarriere mit einer geradezu absurd flachen „Lernkurve“ bei den politisch Verantwortlichen mittlerweile in die hohe Politik geschafft hat und dort adressiert wird, konnte das der weiteren fundamentalen und mindestens ebenso bedrohlichen Krise bislang kaum gelingen: Der Biodiversitätskrise.
Zu langsam greift noch die Erkenntnis, dass es sich hier um eine Zwillingskrise handelt, die nur gemeinsam adressiert und hoffentlich gelöst werden kann. Zur Klimakrise (oder besser: -katastrophe) ist viel gesagt und geschrieben worden, hier soll es vorwiegend um die Krise der Biodiversität, vulgo: das Artensterben, gehen.

Die finale Studie wird im Mai 2023 erscheinen.

 

Mit dem Kritischen Agrarbericht veröffentlicht das AgrarBündnis e.V. seit 30 Jahren wegweisende Artikel zur bäuerlichen Landwirtschaft als Leitbild und Realität.
Im jetzt erschienenen Buch "Der kritische Agrarbericht – Impulse aus 30 Jahren" wurden 50 wichtige Aritkel der letzen 30 Jahre zusammen veröffentlicht, die an Aktualität nicht verloren haben. 

Martin Häusling ist vertreten mit:

Europa macht die Welt nicht satt
Das Recht auf Nahrung und die europäische Agrarpolitik am Scheideweg (2012)

Viel Spaß beim Lesen!

 

Im Jahr 2018 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass durch neue genetische Modifizierung geänderte Organismen unter die Gentechnik-Gesetze der EU fallen und denselben Sicherheitsbewertungen und Kennzeichnungsvorschriften unterliegen, wie alle anderen gentechnischen Verfahren auch. Das Urteil löste eine konzertierte Lobbyarbeit der Befürworter der neuen Gentechnik aus, um diese "neue Gentechnik" von den Gentechnik-Gesetzen der EU auszunehmen.

Neben der Saatgutindustrie setzten sich auch Wissenschaftlerorganisationen wie die European Plant Science Organisation (EPSO), die European Federation of Academies of Sciences and Humanities (ALLEA) und das EU-Netzwerk für nachhaltige Landwirtschaft durch Genom-Editierung (EU-SAGE) für eine Gesetzesänderung ein.

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Wer sind diese Gruppen? Warum setzen sie sich für eine Schwächung der Gentechnik-Gesetzgebung in der EU ein?

Ein im Auftrag der Grünen Fraktion im Europäischen Parlament entstandener Bericht beantwortet diese Frage, indem er die Mitglieder von drei Organisationen auf EU-Ebene und die nationalen Organisationen, denen sie angehören, untersucht. Er zeigt, dass die meisten von ihnen einen begrenzten Bereich der angewandten Wissenschaft vertreten und dass viele von ihnen materielle Interessen an der kommerziellen Nutzung der Gentechnik in der Landwirtschaft haben.

Zum ganzen Bericht (englisch): http://extranet.greens-efa.eu/public/media/file/1/7922

Zusammenfassung auf Deutsch: hier

Zur Fraktionsseite: https://www.greens-efa.eu/de/artikel/document/behind-the-smokescreen

Politischen Studie im Auftrag von Martin Häusling, MdEP & Sarah Wiener, MdEP

220515 titel studie ukraine laknerDownload als pdf

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen die Ukraine ist für die Menschen in der Ukraine eine humanitäre Katastrophe. Neben zahlreichen menschlichen Opfern wurden auch Industrie, Land-wirtschaft sowie die Infrastruktur in erheblichem Umfang zerstört. Der Krieg wirkt sich auch auf die internationalen Agrarmärkte und die globale Versorgungssicherheit aus. Die Ukraine hat sich in den letzten 30 Jahren zu einem wichtigen Lieferanten für bestimmte Agrar-rohstoffe entwickelt und ist damit von großer Bedeutung für die globale Versorgung. Gepaart mit der ohnehin angespannten Versorgungslage auf-grund der fortschreitenden Klima-krise und der COVID-19-Pandemie, sieht sich die Weltwirtschaft nun Versorgungsengpässen und massiven Preissteigerungen bei Agrarrohstoffen gegenüber.

Aktuell leiden weltweit 873 Millionen Menschen an Hunger. Die Ukraine ist für Länder, die sich in einer akuten Ernährungskrise befinden, ein wichtiger Lieferant von Weizen und Mais. Im Jahr 2020 haben 38 dieser Ländern 34 % dieser Getreide aus der Ukraine bezogen. Prof. Dr. Sebastian Lakner, Professor für Agrarökonomie an der Universität Rostock, hat gemeinsam mit Dr. Wilhelm Klümper und Kristina Mensah in einer Studie im Auftrag von Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher (Grüne/EFA) im Europäischen Parlament und Sarah Wiener, Europaabgeordnete und Schattenberichterstatterin für die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, genauer hingeschaut.

Weitere Informationen:

Abstract der Studie "Ukraine-Krieg und globale Lebensmittelversorgung: Auswirkungen und agrarpolitische Handlungsoptionen"

Pressemitteilung zur Studienvorstellung ab 15.06.22: „Ukraine-Krieg und globale Lebensmittelversorgung: Auswirkungen und agrarpolitische Handlungsoptionen“

 

KAB logo Auch im Kritischen Agrarbericht 2022 hat Martin Häusling einen Beitrag eingebracht - im Unterkapitel "Wasser: Agrarwende dringend geboten - Wasserschutz ist nur mit einer nachhaltig agrarökologischen Landwirtschaft erfolgreich"

Weltweit steigt der Wasserverbrauch für die Landwirtschaft seit den 1950er-Jahren stark an. Wie beim Klimawandel ist die Landwirtschaft auch beim Wasser Verursacher von Problemen wie beispielsweise der Verschmutzung und einem zu großen Verbrauch, kann aber auch wichtiger Teil der Lösung sein, indem sie zu Wasserspeicherung, Grundwasserneubildung und Wasserreinigung beiträgt. Dafür muss die Landwirtschaft nach Ansicht des Autors ihre Praktiken in Richtung resilienter Systeme und Erhalt der Wasserressourcen ändern. Bewässerung – egal wie effizient konstruiert – werde das Problem nicht lösen, sondern unter Umständen sogar vergrößern. Der Autor widerspricht in diesem Zusammenhang auch der Aussage, wonach Rinder die größten Land- und Wasserverbraucher sind, und kritisiert die dieser Aussage zugrunde liegenden Berechnungsmethoden zum Wasserverbrauch.

Titel greenwashingSeit vielen Jahren ist klar, dass die Landwirtschaft in Europa nachhaltiger werden muss und eines grundlegenden Wandels bedarf. In den letzten Jahren werden vermehrt „innovative“ Techniken oder Produkte als DIE eine große Lösung vorgestellt – Beispiele dafür sind Präzisionslandwirtschaft, Indoorfarming oder Carbon Farming. Oft wird suggeriert, man könne damit nun die Probleme des landwirtschaftlichen Systems lösen, obwohl nur Teilbereiche betroffen sind. Kann Carbon Farming die Landwirtschaft klimafit machen? Ist Indoorfarming nachhaltig? Löst Präzisionslandwirtschaft die Frage der Überdüngung?

Dr. Andrea Beste, Büro für Bodenschutz und Ökologische Agrarkultur, hat in der Studie „Greenwashing & viel Technik! Vermeintlich nachhaltige Lösungen für die Landwirtschaft“ im Auftrag von Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher und Mitglied im Umweltausschuss (Grüne/EFA) im Europäischen Parlament, bei einigen der aktuell prominent diskutierten technischen „Nachhaltigkeitslösungen“ genauer hingeschaut und kritische Fragen zu ihrer Wirksamkeit gestellt.
Reichen die in politischen Papieren und den Medien prominent diskutierten Techno-Fixes um die Landwirtschaft in Einklang mit Ökosystemen, dem Tierwohl und den gesellschaftlichen Bedürfnissen zu bringen?

Download der Studie

Download english version: STUDY GREENWASHING & HIGH TECH - Faking it: (un-)sustainable solutions for agriculture

Titel Reserveantibiotikavon Reinhild Benning und Dr. Andreas Striezel, Autorin/Autor

Studie „Recherche zu Reserveantibiotika bei Tieren die der Lebensmittelgewinnung dienen - Reserveantibiotika als Metaphylaxe und Gruppenbehandlung verzichtbar".

In einigen EU-Ländern steigt der Verbrauch an sogenannten Reserveantibiotika in der Tierhaltung weiterhin an. Reserveantibiotika sind Wirkstoffe, die bei der Behandlung von Menschen dann herangezogen werden, wenn alle anderen Antibiotika aufgrund von Resistenzbildung versagen. Ohne wirksame Regulierungen besteht die Gefahr, dass sich Resistenzen auch gegen Reserveantibiotika bei Mensch und Tier weiter ausbreiten. Nach Daten des Europäischen Antibotika­resistenz-Surveillance-Netzwerks (EARS-Net) sterben heute schon 33.000 Menschen in Europa wegen Antibiotikaresistenzen jährlich. Ein Postantibiotisches Zeitalter droht.

Die Studie liefert wissenschaftliche Hintergründe, die die Einschränkung der Anwendung von Reserveantibiotika in der Tierhaltung – vor allem in der Gruppenbehandlung - begründen. Außerdem werden Alternativen aufgezeigt, die den Einsatz von Antibiotika deutlich mindern könnten.

Englische Zusammenfassung/
Summary of the study ‘Research on reserve antibiotics in food-producing animals

Video

Positionspapier

cow 1342261 640von
- Martin Häusling, MdEP, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament,
- Martina Feldmayer, agrarpolitische Sprecherin Bündnis 90/Die Grünen im Landtag Hessen,
- Dietmar Johnen, MdL, agrarpolitischer Sprecher im Landtag RLP und
- Gisela Sengl, MdL, agrarpolitische Sprecherin im Bayerischen Landtag

10 Punkte für eine nachhaltige Milchproduktion statt kostenintensiver Hilfsprogramme