Grüne Europagruppe Grüne EFA

32. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz
19. - 21. November 2010 in der Messe Freiburg

V-38 Grüne Wende jetzt! – für eine nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft
Beschluss (vorläufig)
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellen fest, dass die anstehende Agrarreform für den Zeitraum 2013 bis 2020 eine maßgebliche Weichenstellung für die Landwirtschaftspolitik und die Entwicklung der ländlichen Räume bedeutet. Wir fordern die Chance zu nutzen, denn jetzt ist die Gelegenheit umzusteuern für eine GRÜNE Landwirtschaft der Zukunft. Die öffentliche Meinung steht hinter uns – aber die alten Profiteure wollen alles beim Alten lassen.
Wir fordern eine Agrarpolitik, die der Umwelt, den Verbrauchern und den nachhaltig wirtschaftenden Bauern gerecht wird und die aus den ländlichen Räumen keine Industriegebiete macht, aber auch keine Freilichtmuseen.

Die europäische Landwirtschaft scheint so produktiv zu sein wie nie zuvor. Doch unsere Lebensmittelerzeugung ist ausgelegt auf Masse statt Qualität, verursacht Umweltbelastungen, ist nicht tiergerecht und beutet unsere natürlichen Ressourcen aus.
Wir wollen eine bäuerlich geprägte Landwirtschaft. Sie ist der Gegenentwurf zur industriellen Landwirtschaft. Dafür muss Europa in die Verantwortung genommen werden. Die Herausforderungen Klimaschutz, Wasser- und Bodenschutz sowie Schutz der Artenvielfalt müssen jetzt mutig und visionär angegangen werden.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen eine gesunde Ernährung für alle Menschen. Produkte von Risikotechnologien wie Agrogen- und Klontechnik dürfen daher nicht auf unseren Tellern landen. Unser Leitbild ist die ökologische Landwirtschaft. Wir wollen darüber hinaus eine Landwirtschaft, die klimafreundlich arbeitet und die den Rückgang der Artenvielfalt stoppt. Unsere Nahrung soll tier- und umweltgerecht erzeugt sein, ohne Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Wir wollen eine Landwirtschaft, die soweit wie möglich in regionalen Kreisläufen wirtschaftet. Wir wollen eine Landwirtschaft, die nicht vom massenhaften Import von Futtermitteln abhängig ist und die Ernährungssouveränität anderer Länder respektiert.

* Wir fordern, dass die Grundlagen unserer Nahrungsmittelproduktion nachhaltig sind – auch für kommende Generationen. Wir fordern, eine klimafreundliche Landwirtschaft.

 

* Wir fordern daher eine ehrliche Bilanz, welchen Anteil die Landwirtschaft an Klimagasen produziert und geeignete Maßnahmen zur deren Senkung, zum Beispiel durch den Grünlanderhalt.

* Wir fordern Maßnahmen zum Schutz der Wasserqualität und der Bodenfruchtbarkeit durch vermehrten Einsatz von Leguminosen (Erbsen, Klee, u.a.) zur Stickstoff-Düngung in der Fruchtfolge, Humusaufbau und die Begrenzung des Viehbesatzes pro Fläche. Das Entstehen von Maiswüsten gilt es zu verhindern.

* Wir fordern die Einhaltung von Mindestfruchtfolgen und die Förderung standortangepasster Pflanzensorten und Tierrassen, um Ertragsrisiken zu reduzieren und einen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt.

* Wir fordern eine tiergerechte Haltung und Fütterung. Futter muss wieder vermehrt aus hofeigenem Anbau kommen; die Abhängigkeit der EU von Proteinimporten muss verringert werden, damit unsere Fleischproduktion und unser Fleischkonsum in Europa nicht mehr ein Landgrabbing mit Messer und Gabel sind.

* Wir fordern, dass der Faire Handel gestärkt wird. Die Europäische Agrarpolitik muss mit einer weltweiten nachhaltigen Entwicklungspolitik in Einklang gebracht werden, sie muss ihre Dumping-Methoden wie Exportsubventionen einstellen.

* Wir fordern eine Stärkung der regionalen Vermarktung im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik. Nur mit einer besseren Förderung regionaler Wertschöpfungsketten können Erzeugnisse aus der Region verstärkt in die Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen (Schulküchen, Kantinen, Altenheime) einfließen und so eine qualitativ hochwertige Versorgung mit regionalen und saisonalen Produkten gewährleisten, die lange Transportwege und die damit verbundenen ökologischen Kosten vermeidet.

* Wir fordern, dass das Menschenrecht auf Nahrung (Weltagrarbericht) und die Ernährungssouveränität anderer Länder zum Grundsatz europäischer Agrarpolitik wird. Wir fordern daher auch, dass die EU aktiv gegen die Spekulation mit Land, Lebensmitteln und Agrarerzeugnissen vorgeht. Der Aufkauf von riesigen Flächen in Schwellenländern (Landgrabbing) bedroht die Ernährungssicherheit vor Ort und muss kontrolliert werden.

* Wir fordern eine Förderung der Landwirtschaft in den benachteiligten Regionen. Dies muss EUweit als Kernaufgabe betrachtet werden und darf künftig nicht von der Kofinanzierung der Mitgliedstaaten abhängig sein. Der Landwirtschaft in den benachteiligten Regionen kommt eine ganz besondere Bedeutung zu, denn die landwirtschaftlichen Betriebe sichern dort auch zahlreiche Arbeitsplätze in anderen Branchen wie im Tourismus und im Handwerk.

* Wir fordern, dass die Forschung im Bereich der Entwicklung des ländlichen Raums und der nachhaltigen Landwirtschaft sowie die Vermittlung von Forschungsergebnissen in die Praxis verstärkt wird, statt ungeheure Summen in die Forschung zu Rationalisierung und Biotechnologie zu versenken.

* Wir fordern mehr Transparenz in der Nahrungsmittelkette zum Wohle der Verbraucherinnen und Verbraucher. Die EU sollte das Recht nichtstaatlicher Vereinigungen (wie Verbraucherschutzorganisationen) ausweiten, gegen die Empfehlungen und Beschlüsse von Gremien Klage einzureichen. Die Rolle der „wissenschaftlichen“ oder „beratenden“ Gremien, die häufig stark von agroindustriellen Interessen geprägt sind, sollte einer demokratischen Kontrolle unterstellt werden. In diesem Zusammenhang fordern wir sowohl eine Reform der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) als auch des Europäischen Patentamts.

Publikationen

Screenshot KAB 2024 Martin Häusling

"One-Health-Ansatz ernst nehmen: Wege zu weniger Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung"
von Martin Häusling

Antibiotikaresistenzen sind weltweit auf dem Vormarsch. Die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt die steigende Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika eine »globale Bedrohung« für die menschliche Gesundheit, an der jährlich weltweit bereits über eine Million Menschen sterben, Tendenz steigend. Zwar fördert jeder Einsatz von Antibiotika die Bildung von Resistenzen, ihre Entstehung kann aber verlangsamt werden, und da muss nach Ansicht des Autors des folgenden Beitrages dringend angesetzt werden – in der Humanmedizin, aber auch in der Veterinärmedizin, die im Fokus des Beitrages steht. Als notwendige und machbare Schritte, um den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung zu reduzieren, werden beispielsweise Änderungen an den Tierhaltungssystemen, an der Fütterung oder der Zucht genannt. Besonderer Handlungsdruck besteht beim Umgang mit den sog. Reserveantibiotika.

Link zum Artikel hier

Link zum Kritischen Agrarbericht hier

Titel Biodiv neu weg ist weg end


Zwei große Krisen der Biosphäre sind es mindestens, die keine Zweifel daran lassen, dass gehandelt werden muss. Verheerende Dürren und Waldbrände, immer neue Rekordtemperaturen, Wasserknappheit oder wahre Sturzfluten sind offensichtliche Boten der menschengemachten Klimakatastrophe und mahnen zur Umkehr und Einhaltung international vereinbarter Klimaziele. Doch parallel und angefacht und betroffen davon geht es auch der Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten an den Kragen. Man spricht vom sechsten Massenaussterben der Erdgeschichte. Und das ist womöglich bedrohlicher als die Klimakatastrophe.

In diesem Dossier steht, woran es (auch) liegt: An der Art, wie wir mit dem Land umgehen, wie wir es bewirtschaften. Deshalb gerät unweigerlich die Landwirtschaft in den Fokus, denn sie ist nach wie vor einer der Hauptkiller der Artenvielfalt. Unsere Felder und Wiesen, aber auch unsere Moore und Wälder sind kaum noch Lebensraum und Rückzugsort einer bunten Vielfalt des Lebens. Insekten und Vögel dienen uns als Indikatoren. Doch das Tirilieren, Gesumme und Gebrumme haben drastisch abgenommen. Das Übermaß von Stickstoff und Pestiziden als enorme Belastung der Ökosysteme, ein Kahlschlag der Landschaft auch an Strukturen, der Umgang mit unseren Böden und eine weitere Intensivierung fordern ihren tödlichen Tribut.

Doch zeigen Beispiele, dass es anders geht, wenn man nur will. Und das soll uns Mut machen, gegen die nach unten weisenden „Bestandskurven des Grauens“ anzugehen und umzusteuern. Auch hier ist es nachzulesen.

Zum Download des Dossiers

 

Sammlung

Die von Martin Häusling und der grünen Fraktion im Europaparlament, Greens/EFA, herausgegebene Publikationsreihe ist ein Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion rund um das Thema „Welche Landwirtschafts- und Ernährungspolitik wollen wir in Zukunft haben?“. Die Publikationsreihe enthält Studien und Dossiers von Wissenschaftlern, Fachexperten und Journalisten.

Titel Antibiotika Ländervergleich
ANTIBIOTIKA REDUZIEREN - RESERVEANTIBIOTIKA BEI NUTZTIEREN VERMEIDEN
Vergleich von Strategien in verschiedenen europäischen Staaten

Frank Brendel und Andreas Striezel
Im Auftrag der Grünen im EP


English Version


Titel saatgut vermarktungsregeln studie
Zugelassene Sorten für unsere Lebensmittelproduktion unterscheiden sich heutzutage häufig nur noch in geringfügigen Ausprägungen und sind einseitig auf Leistung gezüchtet. Das ist fatal, denn Sortenvielfalt ist notwendig, wenn wir unsere Agrarsysteme zukunftssicher aufstellen wollen.

In der EU gibt es 27 verschiedene Saatgutvermarktungsregelungen, die sich zum Teil erheblich unterscheiden. Der letzte EU-Vorschlag für eine Saatgutreform 2013 war allerdings völlig unzureichend, um die Saatgutvielfalt auf unseren Äckern und in unseren Gärten zu stärken. Der Vorschlag hätte den Erhalt und die Nutzung der Artenvielfalt in der Landwirtschaft und im Gartenbau nicht befördert, sondern weiterhin uniformem, auf Ertrag gezüchtetem Einheitssaatgut den Vorrang am Markt gegeben. Die Zucht und Vermarktung angepasster robuster Sorten ist aktuell nur unter den Regeln des Öko-Rechtes möglich.

Die EU-Kommission plant ihren Vorschlag zur Novellierung des bestehenden Saatgutrechts am 6. Juni 2023 vorzulegen.

Greens/EFA fordern die Kommission auf, eine grundlegende Reform vorzulegen, die ein neues Gleichgewicht zwischen der industriellen Pflanzenproduktion und lokalen und weniger inputabhängigen Produktionssystemen wie der agrarökologischen und ökologischen Produktion herstellt.

Die Studie „Welches Saatgut für einen gerechten Übergang zu agrarökologischen und nachhaltigen Lebensmittelsystemen?“ (Deutsche Version
/ english version )

Positionspapier

Video - Erneuerbare Energie

160713 WDR Palmöl Biodiesel43:42 Min. Verfügbar bis 13.07.2017

O-Ton ab 15 min. und 42 min.

http://www.youtube.com/watch?v=VBnKR_txqBo

Wie nachhaltige Landwirtschaft aussehen könnte, und warum wir sie noch nicht praktizieren" (ca. 27 min.)

im Rahmen der Gründungsveranstaltung und Fachtagung des Aktionsbündnisses Agrarwende Berlin-Brandenburg