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20.01.2011 d-radio
Die Folgen der EU-Agrarpolitik
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Ohne Blüten keine Bienen

- von Mirjam Stöckel

Intensiv bewirtschaftete Äcker, so weit das Auge reicht: Dieses Bild bietet sich in vielen Regionen in Deutschland. Honigbienen, aber auch Wildbienen und Hummeln finden in unseren ausgeräumten Landschaften jedoch immer weniger Nahrung.

 

Mehr als sein halbes Leben lang hält Udo Schmelz schon Bienen. Doch so schlecht wie in den vergangenen zwei, drei Jahren ging es ihnen noch nie. Rund 200.000 Bienenvölker, so schätzen Fachleute, haben in Deutschland den vergangenen Winter nicht überlebt.

Die meisten davon sterben an der Varoa-Milbe. Doch dass die so leichtes Spiel hat, hat mit einem anderen Problem zu tun. Blütenmangel schwächt die Bienen - denn ihnen fehlen Nektar und Pollen, ihre Nahrungsgrundlage.

"Es tut schon weh. Ich imkere seit 46 Jahren. Im vergangenen Jahr habe ich drei Völker verloren, weil auch in meinem Bereich die Blühstreifen nicht existieren."

Die Ursache dafür liegt in der EU-Landwirtschaftspolitik: Jahrelang fördert die Europäische Union Monokulturen auf unseren Feldern - Mais und Raps als Bioenergie. Auch Nahrungspflanzen wie Weizen werden auf immer größeren Flächen angebaut. Überall dort finden die Bienen kaum noch Blüten.
Dazu komme, so klagen die Imker, eine weitere Fehlentscheidung: 2007 hat Brüssel die Flächenstilllegungsprämie abgeschafft. Diese Prämie wurde Landwirten dafür gezahlt, dass sie Teile ihrer Flächen brach liegen ließen.

So wuchsen wilde Wiesen - wahre Bienen-Schlaraffenländer. Als Brüssel diese Subventionen strich, gingen in Deutschland schlagartig 400.000 Hektar Blühflächen verloren. Die Ergebnisse der bisherigen Agrarpolitik seien alles andere als gut, sagt der EU-Abgeordnete Martin Häusling von den Grünen:

"Man hat versucht, diese Landwirtschaft ins Industriesystem einzupassen. Man hat auf Wettbewerbsfähigkeit, auf Weltmärkte gesetzt. Man hat versucht, diese Landwirtschaft zu trimmen mit Chemie, höhere Erträge zu erzeugen und dann schließlich und endlich alle andere Aspekte wie Umwelt- und Verbraucherschutz oder wie die Bienen außen vor gelassen."

Tatsächlich ist der ständige Futtermangel fatal für die Bienenvölker: Denn bekommt die Königin zu wenig oder zu eintönige Nahrung, legt sie kaum noch Eier. Dann fehlt der Nachwuchs. Und die wenigen Bienenlarven wiederum haben auch nicht genug zu fressen. Udo Schmelz:

"Dadurch haben wir sehr schwache Bienenvölker, und wenn ein Bienenvolk unter 5000 Stück in den Winter geht, überlebt das Bienenvolk nicht mehr. Das heißt, im Frühjahr existiert das Volk nicht mehr."

Udo Schmelz und die anderen Imker setzen deshalb darauf, dass die Politik ihre Fehlentscheidungen jetzt korrigiert: In Brüssel wird gerade über neue Vorschriften für Europas Bauern verhandelt, damit die in Zukunft wieder naturnaher wirtschaften. Die EU-Kommission will, dass die Agrarsubventionen "grüner", umweltfreundlicher werden - und hat deshalb zum Beispiel vorgeschlagen, wieder Prämien für Brachflächen zu bezahlen. Und auch für Sortenwechsel statt Monokulturen auf den Feldern. Das könnte auch den Bienen helfen. Roger Waite, der britische Sprecher des EU-Agrarkommissars:

"Wir wissen auf jeden Fall, dass dieses Problem von biologischer Vielfalt unheimlich wichtig ist, und wir wollen diesen ständigen Verlust stoppen. Durch diese 'Grünung' von den Direktzahlungen schaffen wir vielleicht als Nebenprodukt mehr biologische Vielfalt, und wenn dabei die Bienen davon profitieren - umso besser."

Klar ist: Es wird hart verhandelt werden über die Pläne - und das dauert. Vor 2014 wird Europas Agrarpolitik mit Sicherheit nicht bienenfreundlicher. Ob die Bienen ohne Blüten so lange durchhalten? Udo Schmelz kann das nur hoffen.

"Ich würde mich sehr unwohl fühlen, wenn wir keine Honigbienen mehr in Deutschland hätten. Ich weiß nicht, was dann passiert."

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