Grüne Europagruppe Grüne EFA

Titelbild Rache der Käfer20 Jahre kommerzieller Anbau von Gen-Pflanzen in den USA

Januar 2013 - Eine Studie Im Auftrag Von Martin Häusling, MEP
Autor: Christoph Then 
Grüne Gentechnik schadet Umwelt und Landwirten
Gentech-Pflanzen brauchen teilweise mehr Spritzmittel als konventionelle Pflanzen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie zu sogenannter grüner Gentechnik. Die Folgen für die Umwelt sind demnach verheerend, auch die Landwirte gerieten durch das Gentech-Saatgut unter Druck.

01.02.13 Süddeutsche Zeitung - Bei der grünen Gentechnik - oder Pflanzen-Gentechnik, wie sie auch genannt wird - verhält es sich ähnlich wie bei Stuttgart 21: Eine sachliche Diskussion darüber zu führen ist fast unmöglich. Denn selbst das, was Kritiker und Befürworter jeweils als Fakten präsentieren, lässt sich in Wahrheit kaum belegen. Ob beispielsweise gentechnisch veränderter Mais die Gesundheit gefährdet oder nicht, wird wohl noch lange eher eine Frage des Glaubens, denn des Wissens sein. Zwar gibt es Studien, die Risiken nahelegen, doch sind sie alle umstritten und angreifbar.

Verfügbare Versionen
Deutsch / Englisch / Spanisch

Dass der Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft aber sehr konkrete und damit belegbare Folgen hat, zeigt eine Studie (hier als pdf), die der Münchner Gentechnik-Experte Christoph Then im Auftrag der Grünen angefertigt hat und die an diesem Freitag veröffentlicht wird. Er hat sich vor allem die USA angesehen, wo die grüne Gentechnik anders als in Europa stark verbreitet ist. Nun ist Then zwar nicht gerade jemand, den man einen neutralen Wissenschaftler nennt. Er wettert im Gegenteil seit Langem gegen diese Art, die Natur zu manipulieren. Das ändert aber nichts daran, dass er Informationen zusammengetragen hat, die einiges aussagen.
Wenn sich Vorzüge ins Gegenteil verkehren

Nach Ansicht des Autors zeigen sie: Anfangs bot die grüne Gentechnik tatsächlich Vorteile. Weil die neuen Pflanzen beispielsweise gegen Unkrautvernichtungsmittel resistent waren oder selbst ein Insektengift produzierten, sparten die Landwirte sowohl Zeit als auch Kosten für Spritzmittel. Der Bauer könne "das Gift fast zu jedem beliebigen Zeitpunkt auf dem Acker ausbringen", schreibt Then. "Die gentechnisch veränderten Pflanzen überleben die Giftdusche ohne Schaden, während die anderen Pflanzen zugrunde gehen." Auch die Ernteerträge stiegen.

Doch im Lauf der Jahre hätten sich die Vorteile in ihr Gegenteil verkehrt. Denn anders als die Gentechnik-Branche prophezeit hatte, hätten sich einige Unkrautarten an die Spritzmittel angepasst. So waren in den USA bis Oktober 2012 insgesamt 13 Unkrautarten registriert, die gegen einen bestimmten Wirkstoff resistent sind.

Die Folge: Spritzmittel müssen höher dosiert werden, und zusätzliche Pestizide kommen zum Einsatz. Zudem müsse der Landwirt wieder vermehrt pflügen und Unkraut sogar per Hand bekämpfen, schreibt Then. Auch bei vielen Pflanzen, die dank Gentechnik ein Insektengift produzieren, hätten sich die Schädlinge angepasst. Deshalb würden immer mehr Giftstoffe in den Pflanzen kombiniert. Es finde eine "Aufrüstung auf dem Acker" statt, die die Landwirtschaft "immer weiter in eine extreme Industrialisierung mit steigender Belastung für Mensch und Umwelt" treibe.

Gleichzeitig geraten die Landwirte in eine Abhängigkeit. Da die Gentech-Pflanzen patentiert sind, dürfen die Bauern die eigene Ernte nicht zur Wiederaussaat benutzen, sondern müssen jährlich aufs Neue teures Saatgut kaufen.

Der US-Agrokonzern Monsanto ist dennoch weiterhin vom Nutzen der Gentechnik überzeugt, unter anderem weil die Erträge "signifikant höher" seien als bei konventionellem Saatgut, sagt eine Sprecherin. Martin Häusling, der für die Grünen im Europaparlament sitzt, fordert dagegen eine Abkehr von dieser Technologie. "Wir müssen mit der Natur arbeiten, nicht gegen sie", sagt er.

Von Daniela Kuhr, Berlin

 

Studie zur Resistenzentwicklung beim Gentechnik-Anbau in den USA, 2013
Then C. 2013: Die Rache von Käfer und Co. 20 Jahre kommerzieller Anbau von Gen-Pflanzen in den USA.
http://www.martin-haeusling.eu/images/attachments/Broschuere_Gentechnik_Web_einzelseiten.pdf

Englische Version
Then C. 2013: 30 years of genetically engineered plants -20 years of commercial cultivation in the United States: A critical assessment.
http://www.testbiotech.org/sites/default/files/TESTBIOTECH%20Cultivation_GE_%20plants_US.pdf

Spanische Version
Then C. 2013: 30 años de Plantas Genéticamente Modificadas -20 años de Cultivo Comercial en los Estados Unidos: Una Evaluación Crítica
http://mx.boell.org/sites/default/files/30_anos_transgenicos_eeuu_web.pdf

   

Schlagwörter:

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

Newsletter

Ungültige Eingabe
Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie.
Ungültige Eingabe