FR - Genmais 1507- Merkel lässt Genmais zu
in der Frankfurter Rundschau von Peter Riesbeck
Mit seiner Enthaltung macht Deutschland den Weg frei für den Anbau vom umstrittenen Genmais 1507 in Europa. Dabei ist das Korn höchst umstritten. Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigt umgehend an, sich für ein nationales Verbot der neuen Sorte einzusetzen.
Brüssel. – Europastaatsminister Michael Roth entschuldigte sich schon vor der Sitzung. „Ich gehe davon aus, dass es heute hier im Rat keine Mehrheit gegen den Anbau von Genmais in der Europäischen Union geben wird“, sagte der SPD-Politiker und führte die Gemengelage noch einmal aus. In Berlin lehnten denn auch die SPD-geführten Ministerien Umwelt und Wirtschaft die Zulassung der Genmais-Sorte 1507 des US-Herstellers Dupont Pioneer ab. Ebenso das von der CSU geführte Agrarministerium.
Die CDU und ihre Kanzlerin Angela Merkel aber beharrten auf der Zulassung. „Für solch einen Fall sieht die Geschäftsordnung der Bundesregierung Stimmenthaltung vor. Auch wenn mir das persönlich im Ergebnis nicht passt“, sagte Minister Roth.
Und so blieb seine Hand dann unten. Es gab im Kreis der 28 EU-Staaten weder eine Mehrheit für noch gegen die Zulassung der Genmaissorte. Dann ist dem Vertragswerk nach nun die EU-Kommission am Zug. Gesundheitskommissar Tonio Borg hatte zuvor seine Zustimmung signalisiert. Schließlich gebe es keine Bedenken der EU-Lebensmittelbehörde Efsa. Erstmals seit der Zulassung von Mon810 des US-Herstellers Monsanto 1999 wird damit wieder eine Genmaissorte in der EU zugelassen.
Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigte umgehend an, sich für ein nationales Verbot der neuen Sorte einzusetzen. Doch bröckelt die Front des Widerstands auf deutschen Feldern. Sachsen-Anhalts Agrarminister Hermann Onko Aeikens (CDU) etwa lehnt den Genmais nicht grundsätzlich ab.
Die Sorte 1507 wird für die Tiermast und Biogasanlagen genutzt. Sie ist resistent gegen das Pestizid Glufosinat und entwickelt ein Gift gegen den Maiszünsler, der auch deutsche Felder plagt. Agrartechnisch freilich ist die in den 90er Jahren entwickelte Maissorte längst überholt. Es geht bei der Zulassung also auch um die symbolische Grundsatzfrage, wie viel Gen es auf Europas Feldern eigentlich geben soll.
Warnung vor Monopol
Ausgebracht wird derzeit nur Mon810. Die genveränderte Kartoffel Amflora des BASF-Konzerns erhielt zwar die Zulassung, wird aber nach anhaltenden Protesten nicht angebaut. Das Unternehmen reagierte aber auf den Widerstand und hatte vor zwei Jahren angekündigt, künftig in den USA an Genpflanzen zu forschen. In Deutschland ist ansonsten noch Bayer auf dem Feld der grünen Gentechnik aktiv.
Wissenschaftlich sind die Folgen umstritten. Befürworter loben die bessere Qualität der Ernte. Kritiker wie der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling warnen vor Monopolstrukturen bei Saatgutherstellern. „Europas Agrarwirtschaft ist mehr von kleinbäuerlichen Strukturen geprägt, in den Vereinigten Staaten dominiert ein agro-industrieller Ansatz, mit mehr Pestiziden, mehr Antibiotika und Gen-Food. Das hat Auswirkungen bis hin zu einer Konzentration bei den Saatgutherstellern“, so Häusling.
Dupont Pioneer hatte die Zulassung schon 2001 beantragt. Da nichts geschah, machte im Vorjahr der Europäische Gerichtshof Druck, und mahnten eine Entscheidung bis Februar an.
Die deutsche Enthaltung hat wichtige EU-Partner verärgert. Für eine Zulassung hatten sich vor allem Großbritannien, Schweden und Spanien eingesetzt. Aber 19 Staaten, angeführt von Frankreich, Österreich, Polen und Italien, stimmten für ein Verbot. Frankreichs Agrarminister Stéphane Le Foll hatte bis zuletzt vergeblich auf die Deutschen gehofft. „Es hätte auch mit Deutschland nicht für eine qualifizierte Mehrheit der Stimmen gereicht“, wandte Roth jedoch ein.
Neben Deutschland enthielten sich Belgien, Portugal und Tschechien. Hierzulande gilt vor allem die naturwissenschaftlich geschulte Kanzlerin als Befürworterin der grünen Gentechnik. Nun kommt es in Europa also zur Aussaat durch Unterlassung.