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06.09.21 TAZ - von Jost Maurin

Kommentar dazu vom 07.09.21: Debatte um Antibiotika für Tiere: Waldi muss nicht sterben

Der Verband bietet an, schärfere Regeln zur Gabe von Reserveantibiotika zu unterstützen. Aber: Einzelne Tiere sollen weiter behandelt werden dürfen.
Legehennen stehen im Stall in einem Betrieb für die Produktion von Eiern

BERLIN taz | Sie sind ein rares Gut oder sollten es zumindest sein: sogenannte Reserveantibiotika, die nur bei Krankheitserregern angewandt werden, die gegen andere Antibiotika schon resistent sind. Sollten die Medikamente weiter an Tiere gegeben werden, auch wenn sie dadurch schneller unwirksam werden könnten? Der Deutsche Tierschutzbund hat sich im EU-Streit über diese Frage ein Stück bewegt.

Verbandspräsident Thomas Schröder schrieb der taz, er werde den von den Grünen initiierten Antrag im Plenum des EU-Parlaments unterstützen, sobald „eindeutig belegt ist, dass die Notfallbehandlung von landwirtschaftlichen Tieren im Einzelfall weiter durchführbar bleibt und die Behandlungsmöglichkeiten anderer Tiergruppen nicht gefährdet sind“. Die Diskussion habe sich gelohnt, wenn die Formulierungen in der betreffenden EU-Verordnung und den zugehörigen Anträgen eindeutiger gefasst würden.

Der Tierschutzbund hatte sich der Kampagne des Bundesverbands praktizierender Tierärzte gegen einen vom Grünen-Abgeordneten Martin Häusling verfassten Beschluss des Umweltausschusses angeschlossen. Die Parlamentarier wollen, dass nur noch Menschen die wichtigen Reserveantibiotika bekommen. Das soll verhindern, dass die Medikamente unwirksam werden, weil durch zu häufigen Gebrauch der Präparate Bakterien resistent werden.

Allerdings fordern die Abgeordneten auch „Ausnahmeregelungen für die individuelle Behandlung“ von Tieren mit einer lebensbedrohlichen Krankheit. Untersagt wäre aber die bisherige Praxis, beispielsweise Tausenden Hühnern Reserveantibiotika ins Futter zu mischen, auch wenn nur einzelne Tiere erkrankt sind.

„Der Deutsche Tierschutzbund lehnt eine prophylaktische und pauschale Antibiotikagabe in der landwirtschaftlichen Tierhaltung ab“, betonte Schröder nun, nachdem taz.de über die Diskussion berichtet hatte, was kritische Nachfragen von Mitgliedern sowie Umweltverbänden nach sich zog. „Eine adäquate Behandlung von erkrankten Tieren muss im Sinne des Tierschutzes aber weiterhin gewährleistet bleiben – auch von landwirtschaftlich gehaltenen Tieren“, so Schröder. Häusling erklärte zu dieser Forderung: „Nichts anderes wollen wir.“ Dafür müsse die Tierarzneimittelverordnung von 2019 geändert werden.

Beispielsweise über Lebensmittel können gegen Antibiotika widerstandsfähige Erreger von Tieren auf Menschen übergehen. Laut einer von der EU finanzierten Studie sterben jährlich etwa 2.400 Deutsche, weil sie sich mit einem resistenten Keim infiziert haben.

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