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Termine u.a. am 4.9.20 in Wiesbaden, 5.9.20 in Mainz mit Filmgespräch inkl. Martin Häusling

Süddeutsche Zeitung 26. Juni 2020, Dokumentarfilm: "Der Sauerteig hat auch Gefühle" Von Juliane Liebert

Der erste Film nach den Corona-Beschränkungen, den man im Kino ansehen sollte? Ganz klar: dieser Blockbuster von Harald Friedl über Brot. (Trailer auf youtube)

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Wenn man nun endlich, endlich wieder ins Kino schlendern kann, steht "Brot" ganz oben auf unserer Liste. Kein Blockbuster, kein lächerlicher Kunstfilm, sondern eine Dokumentation, der Titel auf dem Filmplakat mit Großbuchstaben in Mehl geschrieben, gedreht von Harald Friedl.

 

Das Erste, was einem dann auf der Leinwand entgegenflackert, die seit über hundert Jahren die Träume und Ängste der Menschen befeuert, ist ein nackter, schwer atmender Männeroberkörper. Der langsam eine Packung Toastbrot auspackt. Er enthüllt es, nimmt den ganzen Toastlaib, umschließt ihn und knetet ihn mit beiden Händen zu einem Ball. Schnitt.

Spannungsgeladene Musik. Wir befinden uns in einer Biobäckerei in Österreich, Öfferl. Teig wird gerührt, geknetet, abgetrennt. Geschickt führt Friedl seine Protagonisten ein - da ist Georg Öfferl, der Sohn der Bäckermeisterin Brigitte Öfferl. Der Shootingstar der Bäckerszene. Er hat den Betrieb wieder auf Biobäckerei umgestellt, vor der Pleite gerettet. Er liebt Brot, und Brot liebt ihn. Für ihn ist es nicht nur ein Handwerk, sondern eine Faszination. Alle Sympathien liegen bei dem jungen Mann, Schnitt.
Sogar ein belgischer Backmittelkonzern wird zum mystischen Ort

Zu Harry-Brot, der deutschen Großbäckerei. Maschinen heben Toastbrote von Band zu Band. Sie sehen fluffig aus, in ihren eigenen Tanz verstrickt. Auftritt: Hans-Jochen Holthausen. Mehr als 25 Jahre war er Geschäftsführer bei Harry-Brot. Ein Brotbaron. Früher gab es 30 bis 40 Brotbarone, erzählt er, es sind weniger geworden. Holthausen hat ein weißes Taschentuch in seiner Brusttasche. Es symbolisiert Unschuld - aber kann man ihm trauen? Die Brote fahren Karussell. Schnitt.

Frankreich. Christophe Vasseur, ein französischer Bäcker, betrachtet nachdenklich seinen Teig. "Du pain et des idées" heißt sein Laden. Der Teig riecht göttlich, sagt er, und ja, das französische Brot sieht auch göttlich aus. Der Franzose scheint eine Art Hexenmeister zu sein, für den die Backkunst eine Berufung ist, Philosophie und Weltkunde in einem.

Unbedingt auf Minute sieben achten! Da holt Vasseur ein Brot aus dem Ofen, so eines hat man noch nie gesehen. Es sieht knusprig und aromatisch aus, noch ofenwarm, recht flach, aber formvollendet. Langsam gewinnt die Dokumentation an Fahrt. Wie in jedem guten Film haben alle Charaktere ihre Stärken und Schwächen - Öfferl, der den Familienbetrieb gerettet hat, Holthausen als um sein Imperium besorgter Baron, und der Hexenmeister Christophe Vasseur. Sogar der belgische Backmittelkonzern Puratos Group ist ein mystischer Ort, denn er beherbergt die einzige Sauerteigbibliothek der Welt. Aber dort erklingen auch roboterhafte Stimmen, während Pinzetten vermutlich perverse Experimente am Brot durchführen.

Brot kann auch tödlich und gefährlich sein

Doch der eigentliche Held ist natürlich das Brot selbst, in all seinen unterschiedlichen Zuständen. Es wölbt sich so vielfältig und präzise, dass so mancher Method Actor nur träumen davon kann. Die Riesenteigberge in der Fabrik sehen aus wie freundliche, hyperintelligente, formwandelnde Aliens, wenn sie da so wabern, fließen, fallen. Haben Sauerteigmikroorganismen eigentlich auch Gefühle? Wo sie doch jetzt in Neuseeland alle Tiere als fühlende Wesen anerkannt haben? Wird Brot in Zukunft aus dem Replikator kommen? Aus Menschenfleisch hergestellt sein?

Oder wird es einfach programmiert werden? Durch digitale Enzyme? Und weiter geht es in dem Strudel, verschiedene Gestalten tauchen auf, die Brot auf seiner abenteuerlichen Reise begleiten. Apollonia Poilâne, die das Unternehmen Poilâne als sehr junge Frau übernehmen musste, weil ihre Eltern bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen waren. Ein Ökobauer, der gegen die Widrigkeiten der industriellen Landwirtschaft kämpft. Eine Firma, die untersucht, welches Brot man auf dem Mars essen wird. "Wir forschen daran, aber erst einmal müssen die Menschen die Reise von der Erde zum Mars überstehen", sagt ein Wissenschaftler. "Umständehalber kann Brot tödlich sein, da es keine Schwerkraft gibt. Brotkrümel können durch die Luft schweben, statt auf den Boden zu fallen, und man könnte sie einatmen. Wenn sie in die Lunge kommen, ist das sehr gefährlich."

Brot ist also auch tödlich und gefährlich! Ein wahrer Antiheld. Aber nicht nur die Informationen machen den Film fantastisch, sondern auch seine sinnliche Intensität. Harald Friedl schafft es, das Brot aus der Selbstverständlichkeit zu reißen, es einem fremd zu machen, damit man es überhaupt erst richtig wahrnimmt. Und zwar nicht nur sieht. - "Brot" ist ein Film, den man riechen und schmecken müsste.

"Das Problem am modernen Leben", sagt Vasseur, "ist, dass wir die Zeit als unseren Feind sehen. Die Zeit ist ein Verbündeter, der respektiert werden muss." Wenn man ihm so zusieht, denkt man: Man hätte so viele verschiedene Leben leben können. Alles vertan, vergebens. Wird das letzte Geräusch auf dem Planeten das Singen der Maschinen in den Brotfabriken sein? Vielleicht das erste auf dem Mars.

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Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

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13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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