Grüne Europagruppe Grüne EFA

Quelle: https://www.topagrar.com/oekolandbau/news/forderungen-nach-einer-verschiebung-der-neuen-eu-oekoverordnung-12039677.html

Autor: Agra Europe (AgE) / TopAgrar vom 20. Apr 2020

 

Grüne und Ökoverbände halten den für den Januar geplanten Start der neuen EU-Ökoverordnung für verfrüht. Wichtige Abstimmungen und die Detailarbeit seien wegen der Coronakrise nicht möglich.

 

Vermehrt sind vergangene Woche Forderungen nach einer Verschiebung des Inkrafttretens der neuen EU-Ökoverordnung laut geworden.

Für eine Verschiebung des zum 1. Januar 2021 geplanten Inkrafttretens der EU-Ökoverordnung hat sich unter anderem der zuständige Berichterstatter des Europaparlaments, Martin Häusling, ausgesprochen. In einem Brief an Agrarkommissar Janusz Wojciechowski nennt der Agrarsprecher der Fraktion der Grünen/EFA als Grund die mit der Corona-Krisensituation verbundenen Einschränkungen beim notwendigen Austausch zu der aufwendigen Detailarbeit. Diese komme derzeit „nur sehr langsam“ voran und könnte sich sogar weiter verzögern.

Wenig später plädierte auch der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) für eine Verschiebung des Inkrafttretens der neuen EU-Ökoverordnung. Der BÖLW-Vorsitzende Dr. Felix Prinz zu Löwenstein forderte, dass das neue EU-Ökorecht erst am 1. Januar 2022 zur Anwendung kommen sollte und nicht - wie bisher von der EU-Kommission geplant - schon zu Beginn des kommenden Jahres. Als Begründung führte auch er an, dass das Corona-Geschehen den ohnehin in Verzug geratenen engen Zeitplan für ein neues Bio-Recht vollends unmöglich mache.

Löwenstein hofft indes, dass Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner den Biosektor dabei unterstützen wird, die Anwendung der neuen Regeln zu verschieben.

Ursprünglicher Fahrplan unrealistisch

Vorsichtige Zurückhaltung, ob unter den derzeit eingeschränkten Bedingungen bis zum Herbst eine „fundierte abschließende Beratung der noch ausstehenden Dossiers zur Vervollständigung des neuen EU-Ökorechts“ gelingen könne, äußerte das Bundeslandwirtschaftsministerium auf Anfrage von AGRA‑EUROPE.

Wie eine Sprecherin des Ressorts erklärte, bedarf es hierzu einer „sehr fundierten Abwägung der Konsequenzen“. Zu dieser Frage stehe man bereits sowohl mit der Europäischen Kommission als auch mit den anderen Mitgliedstaaten in einem Austausch. Unter Umständen könne diese Frage unter der deutschen Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte geklärt werden.

Zudem stellte die Sprecherin klar, dass eine Initiative zur Öffnung und Änderung des Basisrechts nur gelingen könne, wenn diese von einer breiten Mehrheit in der Europäischen Kommission, dem Rat und dem EU-Parlament getragen werde.

Gründlichkeit vor Schnelligkeit

Derweil betonte Häusling, dass der Ökosektor nun eine ausgefeilte, praxisgerechte Gesetzgebung brauche. „Aufgrund des schleppenden Austauschs zwischen den EU-Institutionen scheint es mir unrealistisch, am ursprünglichen terminlichen Fahrplan festzuhalten“, gab der Europaabgeordnete zu bedenken. Zudem seien zu viele Detailfragen noch ungelöst.

Als Beispiele führt Häusling die Liste der genehmigten Reinigungs- und Desinfektionsmittel in der Verarbeitung und die ökologische Züchtung bis hin zum Umgang mit nicht genehmigten Substanzen an. Dies seien Aspekte, die „man nicht übers Knie brechen“ dürfe.

Laut dem Berichterstatter spricht daher vieles dafür, die Verordnung um ein ganzes Jahr zu verschieben und erst im Januar 2022 umzusetzen. Auch der Reformprozess der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und damit die zwischenzeitlich geltende Übergangsverordnung würden aufgrund der Corona-Krise aller Voraussicht nach um ein weiteres Jahr verlängert. Daher müsse erst recht eine Verlängerung für die aufwendige Detailumsetzung bei der neuen Ökoverordnung möglich sein. „Hier muss Gründlichkeit in jedem Fall vor Schnelligkeit gehen, denn das ist die rechtliche Grundlage der nächsten Jahre für den ganzen Biosektor“, betont der Berichterstatter.