Grüne Europagruppe Grüne EFA

Quelle: https://www.agrarheute.com/politik/ruf-verschiebung-neuen-oeko-verordnung-lauter-567995

Autorin: Julia Schürer / agrarheute am 5. Mai 2020

 

Nach dem Grünen-Abgeordnete Martin Häusling, BÖLW-Vorstand Prinz Felix zu Löwenstein sowie Bioland-Präsident Jan Plagge fordert nun auch der Bayerische Bauernverband bbv die Verschiebung der neuen EU-Ökoverordnung um ein Jahr.

Am 1. Januar 2021 soll die neue EU-Öko-Verordnung in Kraft treten. Der agrarpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion und Berichterstatter des Europäischen Parlaments zur Ökoverordnung, Martin Häusling, hat nach eigenen Angaben am 14. April den Agrarkommissar Janusz Wojchiechowski angeschrieben und ihn um eine Verschiebung des Inkrafttretens der Bio-Verordnung gebeten. Durch die Corona-Epidemie komme die Arbeit an den Details für die Umsetzung der neuen Verordnung nur sehr langsam voran. "Aufgrund des schleppenden Austausches zwischen den EU-Institutionen scheint es mir unrealistisch, am ursprünglichen terminlichen Fahrplan festzuhalten", so Häusling. Zu viele Detailfragen seien noch ungelöst.

Auch der Reform-Prozess der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik – und damit die zwischenzeitlich geltende Übergangsverordnung – werde, so argumentiert Häusling, aufgrund der Corona-Krise aller Voraussicht nach um ein Jahr verlängert. Erst recht müsse daher eine Verlängerung für die aufwendige Detailumsetzung bei der Ökoverordnung möglich sein. "Hier muss Gründlichkeit in jedem Fall vor Schnelligkeit gehen, denn das ist die rechtliche Grundlage der nächsten Jahre für den ganzen Bio-Sektor", schließt Häusling.

Corona-Krise bindet Kapazitäten

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) setzt sich ebenfalls für eine Verschiebung der neuen EU-Ökoverordnung ein. Der BÖLW-Vorsitzende Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, hält eine Verschiebung des neuen EU-Ökorechts auf den 1. Januar 2022 für "sinnvoll und notwendig". Verschärft werde der ohnehin enge Zeitplan "noch dadurch, dass der gesamte Bio-Sektor von Landwirtschaft über Verarbeitung bis in den Handel aktuell gleichzeitig unter den erheblichen Schwierigkeiten der Covid-19-Krise daran mitarbeitet, die Bevölkerung weiter mit Lebensmitteln zu versorgen."

Der BÖLW hofft, "dass Bundesministerin Julia Klöckner den Bio-Sektor dabei unterstützt, die Anwendung der neuen Regeln zu verschieben."

Auch IFOAM-EU- und Bioland-Präsident Jan Plagge hatte ein Schreiben an die Kommission geschickt, in dem er um eine einjährige Verschiebung der Anwendung der neuen Bio-Verordnung (EU) 2018/848 ersucht. Die Verzögerung würde es den Bio-Erzeugern und dem Bio-Kontrollsystem ermöglichen, sich aktuell voll und ganz auf die Corona-Krise zu konzentrieren.

Wer ist für oder gegen die Verschiebung?

In der Frage nach einer Verschiebung der neuen Ökoverordnung zeigen sich die EU-Mitglieder gespalten. Mitgliedstaaten wie Bulgarien, Irland, Finnland, Ungarn, Polen, Italien, die Tschechische Republik, die Slowakei, Portugal, Estland und Lettland, sollen die Verzögerung unterstützen, während die Niederlande dagegen sind. Spanien bleibt unentschlossen, aber die größte Organisation des Landes, EcoValia, hat kürzlich eine Verschiebung beantragt. Das Ministerium wird voraussichtlich folgen.

4. Mai: auch bbv unterstützt Aufschub für neue EU-Öko-Verordnung

Der Bayerische Bauernverband bbv sprach sich Anfang Mai ebenfalls für eine Verschiebung um ein Jahr aus, wie sie Martin Häusling  Anfang April eingebracht hatte, und begrüßte, dass die Bundesregierung ebenfalls hierfür eintrete.

Auch acht Monate vor dem geplanten Geltungsbeginn der neuen EU-Öko-Verordnung, so der bbv, seien wichtige Teile im Durchführungsrecht noch nicht fertig gestellt, insbesondere zu den Öko-Kontrollen und den Importregelungen. "Der Zeitplan wäre schon ohne die gegenwärtige Ausnahmesituation sehr ehrgeizig gewesen. Nun erscheint er nicht mehr zu schaffen, da eine gründliche Beratung aufgrund der Covid19-Krise erschwert und verlangsamt ist", so Anton Kreitmair, Vorsitzender des bbv-Fachausschusses für ökologischen Landbau. 

Neben dem hohen Zeitdruck führt der bbv auch inhaltliche Bedenken zur neuen Öko-Verordnung an, insbesondere zu den Regelungen zum Getreide von Umstellungsbetrieben (U-Getreide) noch nicht ausgereift. Nach jetzigem Stand ist ab 2021 kein U-Getreide mehr in Mischfutter erlaubt, wodurch der ohnehin angespannte Markt für U-Getreide zusätzlich unter Stress geraten werde, so der bbv. 

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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