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Quelle: https://www.mainpost.de/regional/rhoengrabfeld/Umweltfreundliche-Landwirtschaft-statt-Exportsubventionen;art765,10338321

Autor*in: N.N. in Main-Post vom 27. Okt 2019

 

Europaabgeordneter Martin Häusling plädiert für regionale Landwirtschaft statt
Exportorientierung auf Kosten der Umwelt. Wie sehr schadet das Mercosur-
Abkommen?

Die EU-Agrarpolitik war das Thema eines Vortrags, zu dem die Arge Biobauern der Öko-
Modellregion Rhön-Grabfeld den Europaabgeordneten und Biobauern aus Hessen, Martin
Häusling, eingeladen hatte. Klaus Zimmer, Biolandwirt aus Wollbach, führte 70 Teilnehmer in
das Thema ein und stellte den Referenten kurz vor, der in Brüssel für Bündnis 90/die Grünen
sowohl im Agrar- als auch im Umweltausschuss sitzt.

Die Projektmanagerin der Öko-Modellregion, Corinna Ullrich, die den Vortrag und die
anschließende Diskussion moderierte, betonte dabei, dass der Rahmen, der durch europäische
Politik gesetzt werde, entscheidend sei. Das gelte für Ökolandbau, Naturschutzmaßnahmen und
regionale Wertschöpfung. Der Großteil der Fördermittel und Subventionen komme schließlich
von der EU. Um genau dieses Thema zu beleuchten, war Martin Häusling angereist. Er ging auf
die Ausrichtung der neuen Förderperiode der GAP (gemeinsamen europäischen Agrarpolitik)
und das Mercosur-Abkommen ein.

Wettbewerb nach unten

Rund 30 Milliarden Euro würden in der nächsten siebenjährigen Förderperiode der GAP
insgesamt an Deutschland fließen. Dass die Bevölkerung den Wunsch habe, die Auszahlung
dieser Gelder an bestimmte Leistungen im Bereich Umwelt- und Naturschutz zu binden, sei
verständlich, so Häusling. In Deutschland komme etwa die Hälfte des Einkommens der
Landwirte aus Subventionen. Doch den Landwirten wäre es eigentlich lieber, laut Häusling,
einen höheren Preis für ihre Produkte zu erzielen als am „Tropf“ der Subventionen zu hängen.

Die Hoffnung, dass in der neuen Förderperiode der GAP vermehrt Umwelt- und
Naturschutzleistungen der Landwirte honoriert würden, gehe wohl nicht auf. Im Gegenteil: So
soll im neuen Modell der GAP bei der Gestaltung der an Umweltleistungen gebundenen
Zahlungen mehr Entscheidungsfreiheit an die Mitgliedsstaaten zurückgegeben werden. Die
Maßnahmen für die Landwirte sollen freiwillig werden, was dazu führen könnte, dass in sehr
intensiv bewirtschaften Gebieten auch künftig kaum Maßnahmen für Natur und Umwelt
umgesetzt würden. Aufgrund der Nichtverpflichtung könne ein „Wettbewerb“ nach unten, zu
weniger Umweltleistungen stattfinden.

Häusling sprach sich dafür aus, von den Flächensubventionen wegzukommen. In Mecklenburg-
Vorpommern würden inzwischen 40 Prozent der Zahlungen an Grundbesitzer gehen, die mit
Landwirtschaft nichts zu tun haben. Die Folge seien steigende Pachtpreise und nicht höhere
Umwelt- und Naturschutzleistungen. Flächenförderung, die nicht oder kaum an
Umweltauflagen gebunden ist, sei im Grunde eine indirekte Exportförderung. Die EU und
weitere große Agrar-Flächenländer subventionieren so die Landwirtschaft. Die billigen
Produkte zerstörten dann die Märkte der Länder, die eine schwächere Finanzkraft haben. So sei
unsere Subventionierung der Landwirtschaft indirekt mitverantwortlich für die Zerstörung der
Lebensgrundlage der Kleinbauern in Entwicklungsländern. In diesem Zuge kritisierte Häusling
auch den Bauernverband auf EU-Ebene, der in Brüssel vorwiegend die Interessen der
Agrarindustrie, nicht der bäuerlichen Familienbetriebe vertrete.

Grundgerüst unverändert

Ein Lichtblick in Bezug auf die Gestaltung der nächsten Förderperiode der GAP sei, dass der neue
Agrarkommissar aus Polen, Janusz Wojciechowski, den Ökolandbau für wichtig hält und fördern
möchte. In ihrem Grundgerüst werde die Agrarreform für den kommenden Förderzeitraum
allerdings kaum geändert werden.

In Bezug auf das Mercosur-Abkommen, dem Freihandelsabkommen mit Südamerika, sind sich
alle Akteure der Landwirtschaft – auch der Bauernverband – einig, dass es für die europäischen
Landwirte nur Nachteile haben wird. 100 000 Tonnen Rindfleisch sollen künftig jährlich aus
Südamerika in den europäischen Markt eingeführt werden. Dafür müssten 600 000 Tausend
Hektar Land für die Viehhaltung bereitgestellt werden. Mit einem Programm der brasilianischen
Regierung zur Landgewinnung werde gerade eine Landfläche von der doppelten Größe
Deutschlands für die Viehhaltung vorbereitet. Es sei also, so Häusling, kein Wunder dass die
Wälder brennen.

Für Rhön-Grabfeld wichtig

Auch die Behauptung, dass das Rindfleisch unseren Qualitätsstandards entspreche, sei
unhaltbar. Immerhin sind in Brasilien kürzlich 30 Pestizide zugelassen worden, die bei uns
unter absolutem Verbot stehen. Leider, so Häusling, sei dies auch im wirtschaftlichen Interesse
unserer Industrie.Frankreich und Irland haben sich gegen das Mercosur-Abkommen
ausgesprochen. Es bleibe zu hoffen, dass diese sich nicht durch eine finanzielle Entschädigung
umstimmen lassen – und dass weitere Länder dem Abkommen ein Nein erteilen.
Nach einer intensiven Diskussion im Anschluss an den Vortrag, resümierte Corinna Ullrich, dass
gerade für Rhön-Grabfeld eine gute Ausstattung der zweiten Säule mit Fördergeldern enorm
wichtig sei, da der Landkreis schon jetzt bayernweit nahezu die meisten Gelder für
Agrarumweltprogramme bezieht und an die Landwirte auszahlt.

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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