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Quelle: https://www.euractiv.de/section/landwirtschaft-und-ernahrung/news/eu-parlament-schutz-der-waelder-wird-neue-prioritaet/

Autor: Florence Schulz, EURACTIV vom 12. Sept 2019

 

Weltweit werden große Waldflächen für die Agrarindustrie abgeholzt. Zwar verpflichtet die EU ihre Vertragspartner zu Umweltschutz, aber durchsetzen lässt sich das kaum. Umweltschützer und das EU-Parlament sehen dringenden Handlungsbedarf.

Der Schutz von Wäldern soll in den kommenden Monaten eine der Prioritäten des EU-Parlaments werden. Auf Anfrage EURACTIVs bestätigte der Europaabgeordnete Peter Liese (EVP), dass der zuständige Umweltausschuss ENVI eine Anhörung zu dem Thema plane. Außerdem soll eine Gesetzesinitiative bei der Kommission angestoßen werden. „Unsere Wälder, nicht nur in anderen Teilen der Welt, sondern auch in Europa, leisten einen essenziellen Beitrag zum Klimaschutz; obendrein sind sie ein wirtschaftlicher Faktor“. Er hoffe, dass das Plenum schon in der September-Sitzung über das Problem der Waldrodungen debattieren wird.

Hintergrund dieser Initiative ist nicht nur das zunehmende Waldsterben innerhalb der EU, sondern auch die besorgniserregenden Waldbrände in Brasilien. Die Brandrodungen großer Waldabschnitte sind eine Folge der boomenden brasilianischen Agrarindustrie. Denn die Produktion von Soja und Rindfleisch braucht viel freie Fläche, dessen Bedarf mit dem Mercosur-Handelsabkommen voraussichtlich noch ansteigen wird.

Die Sojaexpansion verschiebt sich

Bereits jetzt werden in Brasilien rund 65 Prozent der abgeholzten Flächen als Weideland für Zuchttiere genutzt. Die Zahlen des brasilianischen Verbands der Rindfleischexporteure zeigen, wie die Branche wächst: Zwischen 1997 und 2016 stiegen sowohl die Menge als auch der Wert des exportierten Rindfleisches um das Zehnfache.

Auf die Tiere folgt oft der Sojaanbau. Der Export der Pflanze, die international als Grundlage für Tiernahrung verwendet wird, stieg im vergangenen Jahr um 22 Prozent, gibt das brasilianische Wirtschaftsministerium an. Die Anbaufläche für Soja ist seit der Jahrtausendwende um 160 Prozent gewachsen.

Aber es ist Besserung in Sicht: 2006 verpflichteten sich die größten Getreide-Händler der Welt, kein Soja mehr von extra dafür gerodeten Flächen zu kaufen. Seitdem kommen nach Schätzungen von Greenpeace weniger als zwei Prozent des Sojas aus dem Amazonas-Gebiet von abgeholzten Flächen. „Das war durchaus ein wirkungsvolles Instrument, um die Waldzerstörung zu bremsen,“ meint Gesche Jürgens, Waldexpertin bei Greenpeace. „Allerdings sehen wir auch, dass sich Dynamiken verschieben. Die Sojaexpansion ist nicht gestoppt, sondern ist zum Beispiel viel in Savannengebiete ausgewichen, wo sie ebenfalls große Schäden anrichtet.“

Sanktionen sind nicht vorgesehen

Daran wird voraussichtlich auch das im Juni abgeschlossene Mercosur-Abkommen nichts ändern. Zwar enthält das Handelsabkommen ein eigenes Nachhaltigkeitskapitel, in dem sich die Staaten zu den Pariser Klimazielen verpflichten. Das Kapitel sei aber ein „zahnloser Tiger“, meint Jürgens von Greenpeace. „Es gibt keinerlei Sanktionsmöglichkeiten für den Fall, dass der Partner die Umweltschutzklauseln nicht einhält.“

Ein Blick in das Kapitel zeigt: Tatsächlich sind im Falle der Nichterfüllung des Abkommens nur Konsultationen der betroffenen Regierungen sowie die Einrichtung eines Expertenpanels vorgesehen. „Die EU hat gute Klimaabkommen. Und gleichzeitig schließt sie Handelsabkommen, die das ignorieren. Das kann einfach nicht sein“, kritisiert Jürgens.

Kritik kommt auch von den Grünen im Europäischen Parlament, die dem Mercosur-Abkommen ablehnend gegenüberstehen. Das Versprechen Brasiliens, die internationalen Klimaziele anzuerkennen, würde angesichts der wirtschaftlichen Profite nichts zählen, so der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Martin Häusling.

Tatsächlich kürzte Präsident Bolsonaro erst im Mai den Klimaetat des Landes um 95 Prozent. Er hatte zuvor ohnehin nur noch 2,7 Millionen Euro betragen. „Wie kann man mit einem derartigen Ignoranten Verträge abschließen?“, fragt Häusling. Doch die EU wird auch in Zukunft auf Sojaimporte für die eigene Agrarindustrie angewiesen sein. Frankreichs Präsident Macron forderte angesichts der Zerstörung des Regenwaldes jüngst eine stärkere „Proteinsouveränität“ der EU gegenüber anderen Staaten und drohte, das Mercosur-Abkommen doch noch blockieren.

Eine andere Möglichkeit wären gesetzliche Maßnahmen, um Waldrodung im Rahmen der EU-Handelsbeziehungen zu verhindern, meint Gesche Jürgens: „Zum Beispiel könnte der Waldaktionsplan der EU den Marktzugang von Produkten erschweren, die in Zusammenhang mit Waldrodungen stehen.“

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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