Grüne Europagruppe Grüne EFA

Quelle: https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/bauern-wuetend-handel-optimistisch-11583836.html

Autor: Thomas A. Friedrich in TopAgrar vom 30. Juni 2019

 

Der europäische Bauernpräsident Joachim Rukwied forderte die EU-Staats- und Regierungschefs und das Europäische Parlament (EP) auf, den am Freitag vereinbarten Handelsvertrag zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten nachzubessern, um die europäischen Standards für Landwirtschaft und Lebensmittel zu schützen und auf ein ausgewogenes Ergebnis hinzuwirken.

Die 28 EU-Chefs sind an diesem Sonntag in Brüssel zusammengekommen, um die Personalfrage um den neuen EU-Kommissionspräsidenten zu entscheiden. Das Thema Mercosur spielt nur am Rande eine Rolle.

Mercosur Deal verschafft EU-Handel jährlich 4 Mrd. Euro Einsparungen

Hauptziel des Handelspakts ist der Abbau von Zöllen. Auf Seite der Europäer dürfte davon vor allem die Industrie profitieren. Denn bisher heben die Mercosur-Staaten Zölle in Höhe von 35 Prozent auf Autos und bis zu 20 Prozent auf Maschinen aus der EU ein. In Summe sollen sich die europäischen Exporteure rund vier Milliarden Euro an Zöllen jährlich ersparen.

Die Mercosur-Staaten wollen mit dem Deal indes ihre Agrarexporte in die EU deutlich ausweiten. So dürfen künftig etwa 99.000 Tonnen brasilianisches und argentinisches Rindfleisch zu eher niedrigen Zöllen in die EU eingeführt werden. Nicht zuletzt deshalb sehen sich viele Landwirte in der EU als Verlierer des Abkommens. Sie warnen vor einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten Europas Bauern.

Die Reaktionen in Deutschland und auf EU-Ebene auf dem am Freitagabend bekanntgewordenen Abschluss der Verhandlungen nach 20jährigen Marathon trifft in der Wirtschaft auf ein geteiltes Echo. Im Internet waren übers Wochenende wütende Reaktionen von deutschen Landwirten auf Agrarplattformen zu lesen. Von „Ausverkauf der Landwirtschaft“ oder „Vorfahrt für Autoindustrie“ und „Ruin der Rinderhalter“ war dort zu lesen.

Rukwied: „Völlig unausgegorene Vereinbarung“

Während Landwirte-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen gleichermaßen deutliche Kritik an dem ausgehandelten Handelsvertrag mit Argentinien. Brasilien, Paraguay und Uruguay üben, sehen die deutsche Industrie und der Handelstag die größte entstehende Freihandelszone der Welt mit 760 Millionen Verbrauchern als eine große Chance für Geschäfte und Export in die Boom-Region Südamerikas.

"Es ist nicht zu akzeptieren, dass die EU-Kommission diese völlig unausgewogene Vereinbarung unterzeichnet", übte EU-Bauernpräsident Joachim Rukwied am Samstag heftige Kritik. Das Abkommen gefährde die Zukunft "vieler bäuerlicher Familienbetriebe, die unter den hohen europäischen Standards wirtschaften".

Ungleiche Anforderungen bei Umwelt- und Klimaschutz, beim Antibiotikaeinsatz und beim Pflanzenschutz sowie die fehlende ausreichende Absicherung des europäischen Marktes würden zu einer dramatischen Wettbewerbsverzerrung führen, insbesondere bei Rindfleisch, Geflügel und Zucker, warnte Rukwied.

Thomsen: „Wir importieren künftig Klimaschäden“

Auf Ablehnung stößt das Mercosur-Abkommen auch bei der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). In einer Presserklärung bezeichnete die AbL dieses als unqualifiziertes Freihandelsabkommen. "Wir importieren aus diesen Ländern künftig nicht nur Rindfleisch, sondern die mit der stark industriellen Produktion verbundenen Klimaschäden und menschenunwürdigen Produktionsbedingungen", kritisierte AbL-Handelsreferentin Berit Thomsen.

In Brasilien würden "Werte wie Menschenrechte mit Füßen getreten". Die Importe aus den Mercosur-Staaten würden "zu Marktstörungen in Europa führen, denn wir haben bereits einen vollen Rindfleischmarkt", so Thomsen. Weitere Einfuhr-Mengen würden die Erzeugerpreise auf den Bauernhöfen in Europa drücken fürchtet die AbL. „Wir fordern eine neue EU-Handelspolitik, die bäuerliche Arbeit, Tierwohl, Klimaschutz und Artenvielfalt stärkt, statt zerstört", so Thomson.

Auch die Grünen Europas geißelten den Deal als katastrophal für Landwirte und Klima „Dieses Abkommen wird auf dem Rücken der europäischen Rinderhalter, der südamerikanischen Kleinbauern und der Natur ausgetragen“, sagte der agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament Martin Häusling.

Häusling: „Bolsanero sind Umwelt und Menschrechte völlig egal“

„Das ist eine wahre Katastrophe für die Umwelt, für das Klima und für die Menschenrechte. Es ist für mich ein Rätsel, wie eine längst abgewählte EU-Kommission einen Deal dieser Dimension mit einem Neofaschisten wie dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro aushandeln kann. Dem Brasilianer sind die Umwelt und die Menschenrechte völlig egal“, erzürnte sich der Biobauer aus Hessen

Kritik wurde an der Vorrangstellung der europäischen Automobilindustrie geübt.

DIHT: „Riesenchance für Handel und Wohlstand Gesamtdeutschlands“

Dieser Vertrag sei ein Musterbeispiel dafür, wie in einer von Klimawandel und Artenverlust geprägten Zeit immer noch die europäische Autoindustrie ihre Exportinteressen ignorant durchsetzen könne.

„Auch auf südamerikanischer Seite ging es nur um die Interessen einer Kaste der Großagrarier, die ohne Rücksicht auf die Natur gentechnisch verändertes Soja, Zucker, Agrosprit und Rinder sowie Geflügel auf die europäischen Märkte spülen will. Das ist eine völlig rückwärtsgewandte und keinesfalls zukunftsorientierte Politik“; so Häusling.

Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) und der Verband der Deutschen Maschinenbauindustrie (VDMA) hingegen sehen für den Standort Deutschland eine Riesenchance im freien Welthandel wettbewerbsfähig zu bleiben und Wohlstand für Gesamtdeutschland zu sichern.

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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