Grüne Europagruppe Grüne EFA

Quelle: https://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Agrarpolitik/Pflanzenschutzmittelzulassungen-sollen-offen-gelegt-werden_article1547991052.html

 

Straßburg, 20.1.2019 - Studien, die der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bei der Risikobewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen dienen, sollen in Zukunft öffentlich einsehbar sein.

Dafür hat sich am vergangenen Mittwoch (16.1.) die Mehrheit der Europaabgeordneten in Straßburg ausgesprochen, in dem sie für den vorgelegten Abschlussbericht des Sonderausschusses zur Pflanzenschutzmittelzulassung und für eine entsprechende Entschließung votierten. Nur so könne die Transparenz im Zulassungsverfahren verbessert werden, lautete die Begründung.

Mit Blick auf die für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln verwendeten Daten empfahl das Europaparlament, auch eine mögliche langfristige Toxizität von Wirkstoffen in die Zulassungsanforderungen aufzunehmen. Darüber hinaus sollte die Vergabe der jeweiligen Prüfaufträge an nationale Einrichtungen, die der EFSA oder der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) in der Regel zuarbeiteten, transparenter gestaltet werden.

Der EU-Agrarpolitiker Norbert Lins von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), der gemeinsam mit dem belgischen Grünen-Politiker Bart Staes den Abschlussbericht zu dem Sonderausschuss verfasst hatte, hob erneut hervor, dass das EU-Genehmigungsverfahren bereits „das sicherste der Welt“ sei. Nichtsdestoweniger könne es weiter verbessert werden.

Nach Ansicht von Lins sollte in Zukunft die EU-Kommission und nicht die Industrie entscheiden, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung eines Wirkstoffs zuständig sei.

 

„Geheimniskrämerei“ beenden

Derweil beklagte Staes in seiner Stellungnahme „tiefgreifende Mängel“, die der Sonderausschuss bei der Zulassung von „Pestiziden“ ans Licht gebracht habe. Jetzt müsse Schluss sein mit der „Geheimniskrämerei“ sowie den „Interessenkonflikten“. Außerdem könne es nicht sein, dass sich Unternehmen wie Monsanto das Zeugnis über die Gefährlichkeit von Pflanzenschutzmitteln selbst ausstellten, so der Grünen-Politiker. Er bekräftigte seine Auffassung, dass der „Plagiatsfall Glyphosat“ eine Lehre für mehr Transparenz bei der Zulassung gefährlicher Stoffe sein müsse.

Überdies pochen die Europaabgeordneten in der von ihnen verabschiedeten Entschließung auf ein Mehr an Innovationen sowie eine bessere Förderung weniger risikoreicher beziehungsweise nachhaltigerer Produkte.

Eine weitere Forderung lautet, dass Pflanzenschutzmittel zukünftig auch nach ihrer Zulassung und Markteinführung im Rahmen eines Überwachungssystems unter die Lupe genommen werden sollten. Mit Blick auf die Zulassung des Herbizidwirkstoffs Glyphosat hatten sich die Parlamentarier bereits zuvor im Sonderausschuss nach langer und zäher Debatte zu der Empfehlung durchgerungen, Studien über eine mögliche Kanzerogenität dieses Wirkstoffes erneut von wissenschaftlichen Experten überprüfen zu lassen. Darüber hatte es in der Vergangenheit kontroverse Auseinandersetzungen zwischen den Kritikern und den Befürwortern einer Neuzulassung von Glyphosat gegeben. Dem Antragsteller Monsanto war vorgeworfen worden, eigene Studien manipuliert zu haben.

 

Gutes Zeugnis für EFSA und BfR

Auch nach Ansicht der SPD-Agrarpolitikerin Maria Noichl liegt beim Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln in der Europäischen Union noch „einiges im Argen“. Ein zentrales Problem sei, dass sich die nationalen Behörden bei der Bewertung von gefährlichen Stoffen auf die Urteile der Industrie verließen und diese ohne Kennzeichnung der Quelle in ihren Prüfberichten übernähmen. Ulrike Müller, Sprecherin der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) im Sonderausschuss sowie für Agrarpolitik, stellte dagegen fest, dass das EU-Zulassungsverfahren besser sei als es die häufige Kritik vermuten lasse. Auch sei das System im internationalen Vergleich führend und von anderen Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) anerkannt.

Der Abgeordneten der Freien Wähler zufolge hat der Sonderausschuss mögliche Verbesserungen bei der Produktzulassung, insbesondere auf nationaler Ebene, identifiziert. Darüber hinaus müssten die europäischen und nationalen Behörden finanziell und personell besser ausgestattet werden. Diesen Behörden wie dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und der EFSA habe das Gremium ein gutes Zeugnis ausgestellt, betonte Müller.

Verbesserungswürdig bleibe jedoch die Kommunikation von Behörden, EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten, gerade auch in Krisen und Risikosituationen, um so das sinkende Vertrauen der Verbraucher in das Zulassungsverfahren zurückzugewinnen.

 

Fonds soll unabhängige Studien finanzieren

Der Agrarsprecher der EU-Grünen, Martin Häusling, sieht in der verabschiedeten Entschließung einen „Hoffnungsschimmer im Kampf für eine gesunde, nachhaltige Landwirtschaft“. Er begrüßte, dass sich die Parlamentarier aller Fraktionen, bis auf wenige Ausnahmen, darauf verständigt hätten, das Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu reformieren. Jetzt komme es darauf an, die Forderungen in konkretes Handeln umzusetzen.

Exzellentes Mittel der Wahl dafür sei die zukünftige EU-Verordnung zur Transparenz und Nachhaltigkeit in der Lebensmittelkette, so Häusling. Als einen „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnete der Bund für Umweltund Naturschutz Deutschland (BUND) die Empfehlungen des Europaparlaments.

Der Verband lobte, dass die Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln transparenter und unabhängiger werden solle. Zugleich bekräftigte die Umweltorganisation ihre Forderung, dass die Prüfungen im Rahmen des Zulassungsverfahrens von Pflanzenschutzmitteln in Zukunft unabhängig von der Industrie erfolgen müssten. In dem Zusammenhang schlägt der BUND einen Fonds vor, über den unabhängige Studien finanziert werden sollten. Dabei solle die Industrie die dafür notwendigen Gelder bereitstellen; die Verwaltung des Fonds müsse allerdings unabhängig von den Unternehmen erfolgen.

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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