Grüne Europagruppe Grüne EFA

Autorinnen: Eva Imrecke, Lea Forster, Sinay Gandenberger (jAbL)

In: Bauernstimme Ausgabe 06 / 2018 (www.bauernstimme.de)

 

Am 23. Juni waren Bäuerinnen und Bauern aus der ganzen EU der Einladung verschiedener Abgeordneter des europäischen Parlaments nach Brüssel gefolgt. Als Delegation der europäischen Koordination von Via Campesina (ECVC) sollten sie die Möglichkeit haben, ihre Vorstellungen zur neuen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorzustellen und zu diskutieren. Die Abgeordneten Lidia Senra (GUE/NGL), Martin Häusling (Greens/EFA) und Eric Andrieu (S&D) hatten zur Konferenz „Eine Gemeinsame Agrarpolitik für Bäuerinnen, Bauern und Bürger_innen“ eingeladen.

In verschiedenen Blöcken wurden drei Themen behandelt: Der erste Block beschäftigte sich mit dem Leben auf dem Lande und der Frage, wie unsere Landwirtschafts- und Ernährungssysteme auf die aktuellen Herausforderungen reagieren können. Im zweiten Teil wurden die Themen Handel, Markt und die Auswirkungen von Freihandelsabkommen sowie die Deregulierung der Märkte diskutiert. Unter dem Überthema der „nachhaltigen Lebensmittelproduktion“ wurde im dritten Teil über die Bedeutung der Direktzahlungen sowie deren Auswirkungen auf ländliche Regionen und junge Bäuerinnen und Bauern diskutiert.

 

Bäuerliche Forderungen

Moderiert von den europäischen Parlamentarier_innen, erläuterten Mitglieder von Via Campesina ihre Forderungen, die von Bäuerinnen und Bauern durch anschauliche Berichte bekräftigt wurden. So kommt bäuerlichen Strukturen eine Schlüsselrolle bei dem Erhalt der Biodiversität sowie der Vielfalt von Nutztieren und -pflanzen zu. Kleiner strukturierte, bäuerliche Landwirtschaft kann auch zum Klimaschutz beitragen, da diese Form der Bewirtschaftung häufig unabhängiger von externen Energiequellen ist. Zusätzlich können Emissionen durch Langstreckentransporte vermieden werden, da die Erzeugnisse überwiegend auf regionalen Märkten verkauft werden. Dadurch, dass Inputs und Outputs aus dem näheren Umfeld kommen, sind bäuerliche Betriebe entscheidende Triebkräfte für die lokale Wirtschaft.

Für diese Leistungen der Erzeugung guter, regionaler Lebensmittel sowie der positiven Effekte durch die Belebung der ländlichen Räume muss die neue GAP bäuerliche Betriebe und besonders junge Bäuerinnen und Bauern unterstützen. Die GAP darf nicht zur weiteren Deregulierung der Märkte und damit zur Zerstörung nachhaltiger, regionaler Landwirtschaft und Ernährungssysteme führen, so die Forderungen der ECVC. Anschließend gaben Akteure der europäischen Kommission einen Einblick in die Ausarbeitung der neuen GAP. Die Widersprüchlichkeit der Aussagen, Ziele und Vorstellungen waren deutlich zu erkennen.

Anfang Juni wird der Entwurf des Agrarkommissars Hogan vorgestellt. Doch die Richtung scheint klar „Diese GAP wird schwerer im Sinne für bäuerlichen Strukturen zu beeinflussen, weil die Kommission anders, neoliberaler besetzt und Kommissar Hogan absolut auf den Weltmarkt fixiert ist.”, so Martin Häusling, EU-Abgeordneter. Die Kommission möchte die ländlichen Räume und bäuerlichen Strukturen unterstützen, aber trotzdem die zweite Säule in massiver Weise kürzen. Ein Vertreter der Kommission schlug als Lösungsansatz gegen schlechte Milchpreise vor, dass Bäuerinnen und Bauern sich doch dafür einsetzen sollten, dass mehr Milch und Milchprodukte konsumiert werden. Generell solle sich die landwirtschaftliche Erzeugung am globalen Markt orientieren. Weiter solle die Neuausrichtung der GAP, die den Nationalstaaten wieder mehr Handlungsspielraum verschafft, laut Kommission keine Renationalisierung darstellen. Im Kontrast zu diesen Vorschlägen steht die bäuerliche Landwirtschaft, die Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft geben kann. Lösungsansätze müssen nicht neu erfunden, sondern lediglich umgesetzt werden.

 

Was könnte die EU sein?

Eine Führung durch das Europäische Parlament am nächsten Tag, ein historischer Überblick und Diskussionszeit mit Martin Häusling gaben den Anstoß, sich mit dem Grundgedanken der EU auseinanderzusetzen. Was soll die EU sein? Was ist sie und was könnte sie sein? Der Zusammenhalt der Mitgliedsstaaten scheint zu wanken. Doch was verbindet die Europäerinnen und Europäer, die europäischen Bäuerinnen und Bauern? Gibt es gemeinsame Werte, und wenn ja, welche sind diese? Falls sich die GAP nach der Reform nicht als zielführende Strategie für eine zukunftsfähige Landwirtschaft herausstellt, ist es spätestens dann an der Zeit, den europäischen Gedanken wieder mit Inhalten wie Gleichheit, Fairness, Gerechtigkeit und Solidarität, auch hinweg über die EUGrenzen unter allen Bäuerinnen und Bauern, zu füllen. Wie groß die Möglichkeiten plötzlich scheinen, wenn europäische Bäuerinnen und Bauern sich treffen, austauschen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern finden und zusammen erkennen, welche riesigen Potentiale in den ländlichen Räumen stecken!

Die Fahrt war eine gute Gelegenheit, Energie zu schöpfen und Kräfte für weitere Projekte und Vorhaben zu bündeln. Der Aufbau resilienter und solidarischer Strukturen ist die wichtigste Strategie und der europäische Austausch tut gut. Das wurde bei diesem Zusammenkommen spürbar. Zukunftsfähig sei eine Landwirtschaft nur, wenn sie gesellschaftlich legitimiert, umweltgerecht und international verträglich ist, wurde auf dem Podium klargestellt. Daran arbeiten wir. Es liegt an uns, das Europa, wie wir es uns wünschen, zu gestalten.

 

www.bauernstimme.de

Am 23. Juni waren Bäuerinnen und
Bauern aus der ganzen EU der Einladung
verschiedener Abgeordneter des europäischen
Parlaments nach Brüssel gefolgt.
Als Delegation der europäischen
Koordination von Via Campesina (ECVC)
sollten sie die Möglichkeit haben, ihre
Vorstellungen zur neuen Reform der Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP) vorzustellen
und zu diskutieren. Die Abgeordneten
Lidia Senra (GUE/NGL), Martin Häusling
(Greens/EFA) und Eric Andrieu (S&D)
hatten zur Konferenz „Eine Gemeinsame
Agrarpolitik für Bäuerinnen, Bauern und
Bürger_innen“ eingeladen. In verschiedenen
Blöcken wurden drei Themen behandelt:
Der erste Block beschäftigte sich
mit dem Leben auf dem Lande und der
Frage, wie unsere Landwirtschafts- und
Ernährungssysteme auf die aktuellen Herausforderungen
reagieren können. Im
zweiten Teil wurden die Themen Handel,
Markt und die Auswirkungen von Freihandelsabkommen
sowie die Deregulierung
der Märkte diskutiert. Unter dem
Überthema der „nachhaltigen Lebensmittelproduktion“
wurde im dritten Teil über
die Bedeutung der Direktzahlungen sowie
deren Auswirkungen auf ländliche Regionen
und junge Bäuerinnen und Bauern
diskutiert.
Bäuerliche Forderungen
Moderiert von den europäischen Parlamentarier_
innen, erläuterten Mitglieder
von Via Campesina ihre Forderungen, die
von Bäuerinnen und Bauern durch anschauliche
Berichte bekräftigt wurden. So
kommt bäuerlichen Strukturen eine
Schlüsselrolle bei dem Erhalt der Biodiversität
sowie der Vielfalt von Nutztieren und
-pflanzen zu. Kleiner strukturierte, bäuerliche
Landwirtschaft kann auch zum Klimaschutz
beitragen, da diese Form der
Bewirtschaftung häufig unabhängiger von
externen Energiequellen ist. Zusätzlich
können Emissionen durch Langstreckentransporte
vermieden werden, da die Erzeugnisse
überwiegend auf regionalen
Märkten verkauft werden. Dadurch, dass
Inputs und Outputs aus dem näheren Umfeld
kommen, sind bäuerliche Betriebe entscheidende
Triebkräfte für die lokale Wirtschaft.
Für diese Leistungen der Erzeugung
guter, regionaler Lebensmittel sowie der
positiven Effekte durch die Belebung der
ländlichen Räume muss die neue GAP
bäuerliche Betriebe und besonders junge
Bäuerinnen und Bauern unterstützen. Die
GAP darf nicht zur weiteren Deregulierung
der Märkte und damit zur Zerstörung
nachhaltiger, regionaler Landwirt-
Die EU ist mehr als die GAP − oder?
Reisebericht aus Brüssel
schaft und Ernährungssysteme führen, so
die Forderungen der ECVC. Anschließend
gaben Akteure der europäischen Kommission
einen Einblick in die Ausarbeitung der
neuen GAP.
Die Widersprüchlichkeit der Aussagen,
Ziele und Vorstellungen waren deutlich zu
erkennen. Anfang Juni wird der Entwurf
des Agrarkommissars Hogan vorgestellt.
Doch die Richtung scheint klar „Diese
GAP wird schwerer im Sinne für bäuerlichen
Strukturen zu beeinflussen, weil die
Kommission anders, neoliberaler besetzt
und Kommissar Hogan absolut auf den
Weltmarkt fixiert ist.”, so Martin Häusling,
EU-Abgeordneter. Die Kommission
möchte die ländlichen Räume und bäuerlichen
Strukturen unterstützen, aber trotzdem
die zweite Säule in massiver Weise
kürzen. Ein Vertreter der Kommission
schlug als Lösungsansatz gegen schlechte
Milchpreise vor, dass Bäuerinnen und
Bauern sich doch dafür einsetzen sollten,
dass mehr Milch und Milchprodukte konsumiert
werden. Generell solle sich die
landwirtschaftliche Erzeugung am globalen
Markt orientieren. Weiter solle die
Neuausrichtung der GAP, die den Nationalstaaten
wieder mehr Handlungsspielraum
verschafft, laut Kommission keine
Renationalisierung darstellen. Im Kontrast
zu diesen Vorschlägen steht die bäuerliche
Landwirtschaft, die Antworten auf die Herausforderungen
der Zukunft geben kann.
Lösungsansätze müssen nicht neu erfunden,
sondern lediglich umgesetzt werden.
Was könnte die EU sein?
Eine Führung durch das Europäische Parlament
am nächsten Tag, ein historischer
Überblick und Diskussionszeit mit Martin
Häusling gaben den Anstoß, sich mit dem
Grundgedanken der EU auseinanderzusetzen.
Was soll die EU sein? Was ist sie und
was könnte sie sein? Der Zusammenhalt
der Mitgliedsstaaten scheint zu wanken.
Doch was verbindet die Europäerinnen
und Europäer, die europäischen Bäuerinnen
und Bauern? Gibt es gemeinsame
Werte, und wenn ja, welche sind diese?
Falls sich die GAP nach der Reform nicht
als zielführende Strategie für eine zukunftsfähige
Landwirtschaft herausstellt,
ist es spätestens dann an der Zeit, den europäischen
Gedanken wieder mit Inhalten
wie Gleichheit, Fairness, Gerechtigkeit und
Solidarität, auch hinweg über die EUGrenzen
unter allen Bäuerinnen und Bauern,
zu füllen. Wie groß die Möglichkeiten
plötzlich scheinen, wenn europäische Bäuerinnen
und Bauern sich treffen, austauschen,
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
zwischen den Ländern finden und zusammen
erkennen, welche riesigen Potentiale
in den ländlichen Räumen stecken! Die
Fahrt war eine gute Gelegenheit, Energie
zu schöpfen und Kräfte für weitere Projekte
und Vorhaben zu bündeln. Der Aufbau
resilienter und solidarischer Strukturen
ist die wichtigste Strategie und der
europäische Austausch tut gut. Das wurde
bei diesem Zusammenkommen spürbar.
Zukunftsfähig sei eine Landwirtschaft nur,
wenn sie gesellschaftlich legitimiert, umweltgerecht
und international verträglich
ist, wurde auf dem Podium klargestellt.
Daran arbeiten wir. Es liegt an uns, das
Europa, wie wir es uns wünschen, zu gestalten.
Eva Imrecke, Lea Forster,
Sinay Gandenberger (jAbL)