Abschaffung der Stoffstrombilanz-Verordnung Fataler Rückschritt beim Grundwasserschutz
Die deutsche Bundesregierung hat letzte Woche die Aufhebung der Stoffstrombilanzverordnung, die der Dokumentation von Nährstoffflüssen auf landwirtschaftlichen Betrieben dient, beschlossen. Damit streicht sie ein wichtiges Instrument zur Erfassung von Umweltbelastungen durch Überdüngung. Martin Häusling, Mitglied im Agrar-, Umwelt- und Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments hat sich deshalb an die EU-Umweltkommissarin gewandt:
„Die Einhaltung des Verursacherprinzips ist das Rückgrat einer glaubwürdigen Umweltpolitik. Wer dieses Prinzip aufgibt, indem er die Stoffstrombilanzverordnung ersatzlos aufhebt, gefährdet nicht nur unser Wasser, sondern auch die Akzeptanz für europäische Umweltstandards insgesamt. Ich habe deshalb die Europäische Umweltkommissarin Jessika Roswall aufgefordert, die Einleitung eines neuen Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland wegen Verstoßes gegen Artikel 5 der Nitratrichtlinie zu prüfen.
Deutschland muss unverzüglich ein gleichwertiges, rechtsverbindliches Instrument zur Kontrolle der Nährstoffflüsse vorlegen. Darüber hinaus brauchen wir endlich EU-weit einheitliche Standards für die betriebliche Nährstoffbilanzierung – ergänzt durch Investitionen in digitale, praxistaugliche Bilanzierungsinstrumente, die Bürokratieabbau und Umweltwirksamkeit miteinander verbinden.
Die ersatzlose Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung ist ein umweltpolitischer Offenbarungseid und ein Geschenk an die Agrarlobby, bei der sich der neue Landwirtschaftsminister vor dem Deutschen Bauerntag wohl kurzfristige Sympathien sichern wollte. Diese Entscheidung erfolgt jedoch auf Kosten unseres Grundwassers, unserer Umweltstandards und des europäischen Rechts.
Die Stoffstrombilanzverordnung wurde 2018 als Reaktion auf ein Vertragsverletzungsverfahren der EU eingeführt. Sie war das zentrale und bislang einzige etablierte Instrument, um betriebliche Nährstoffüberschüsse – vor allem von Stickstoff und Phosphor – systematisch zu erfassen und deren Eintrag in Böden und Gewässer zu begrenzen. Wer sie abschafft, ohne ein gleichwertiges, rechtsverbindliches System vorzulegen, handelt unverantwortlich.
Ohne die Stoffstrombilanz fehlt jede wirksame Kontrolle darüber, wie viel Dünger auf unseren Feldern landet. Die Konsequenzen sind absehbar: mehr Nitrat im Grundwasser, ein Rückfall hinter geltende EU-Vorgaben und ein Schlag ins Gesicht für Betriebe, die ihre Verantwortung für Umwelt und Wasserqualität ernst nehmen. Besonders Biobetriebe in Roten Gebieten sind ungerechtfertigt mitgefangen, obwohl sie eher unter Nährstoffunterversorgung leiden.“
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