Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten stimmt Verhandlungsmandat zu: Radikale Deregulierung der Neuen Gentechnik steht bevor
Heute haben sich die EU-Mitgliedsländer auf eine Position zur Neuen Gentechnik (‚NGTs‘) bei Pflanzen festgelegt. Nun können die finalen Verhandlungen – der Trilog – zwischen den Mitgliedsländern (Rat), der EU-Kommission und dem Europäischem Parlament starten. Martin Häusling, Mitglied im Agrar-, Gesundheits- sowie im Umweltausschuss ist der Verhandlungsführer der Grünen Fraktion im Europäischen Parlament zur Neuen Gentechnik und lehnt die Deregulierung der Neuen Gentechnik ab. Er kommentiert:
„Der polnische Vorschlag im Rat, der heute eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten erhalten hat, ist unbefriedigend. Er enthält keine Verbesserungen zu den zentralen Themen Koexistenz, Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und der Patentierbarkeit von mit Neuer Gentechnik erzeugten Pflanzen. Der Vorschlag ist eine weitreichende Deregulierung und das Einknicken Polens daher fatal.
Die Ratsposition bedeutet einen Affront gegenüber den Verbrauchern, die mit überwältigender Mehrheit eine Kennzeichnung von Gentechnik in Lebensmitteln und eine Risikoprüfung wollen. Auch der Lebensmittelhandel wird von der Ratsposition brüskiert, da er auf den Haftungsrisiken sitzen bleibt, die Biotechnologie-Firmen auf die Lebensmittelwirtschaft abwälzen. Die wirtschaftlichen Schäden für Unternehmen wären immens. Nicht zuletzt tritt die heutige Entscheidung das im EU-Recht verankerte Vorsorgeprinzip mit Füßen, das eine Risikoprüfung erfordert.
Die Deregulierung der Neuen Gentechnik stellt eine existenzielle Bedrohung für die biologische Landwirtschaft und den Sektor der Gentechnik-freien Produktion dar, die zusammen einen Markt von 32 Milliarden Euro umfassen.
Die neuen Gentechnik-Pflanzen werden die vom Klimawandel mitverursachten Probleme nicht aus der Welt schaffen, im Gegenteil. Die vielbeschworene Nachhaltigkeit der NGT-Pflanzen wird sich als Märchen herausstellen und zu mehr Pestizideinsatz und Sortenarmut führen. Eine besondere Sorge ist, dass mit der vorgesehenen Deregulierung auch über 400.000 Wildpflanzen mit Gentechnik manipuliert werden können.
Im Trilog ist es daher nun essenziell, wenigstens Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, die in der Position des EU-Parlaments beschlossen wurden, in den Verhandlungen zu verteidigen und diese in die finale Gesetzgebung zu übernehmen. Die konservative Verhandlungsführerin im Parlament muss den Willen der EU-Bürger respektieren und darf hier in den Verhandlungen mit Rat und Kommission keine Abstriche machen!“
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https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32015R2283