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Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir blieb bei seiner Entscheidung, ökologisch eigentlich dringend erforderliche Vorgaben zu Fruchtwechsel und Nichteinsaat von vier Prozent der Ackerflächen vorübergehend auszusetzen. Vor dem Hintergrund der EU-Vorgaben hat er letztlich gar keine andere Wahl, meint Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischem Parlament und Mitglied im Umweltausschuss.

„Zur Erinnerung: Die bedauerliche Entscheidung der Bundesregierung kam nicht allein auf Druck von Bauernverband und Agrarindustrie zustande. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski hat mit dem Rechtsakt vom 27. Juli im Grunde genommen den Rahmen gesetzt. Er gab mit seiner Entscheidung, Fruchtwechsel und Nichteinsaat für ein Jahr auszusetzen, die Leitlinien vor.

Angesichts der Tatsache, dass alle anderen EU-Mitgliedsländer und die Mehrheit der Agrarminister der Bundesländer in Richtung der Aussetzung gehen, bleibt Cem Özdemir eigentlich keine andere Wahl. Klar bleibt nach den Ankündigungen Özdemirs, dass der Verzicht auf die ökologisch wichtigen Instrumente auf ein Jahr begrenzt bleibt und bisherige ökologische Vorrangflächen davon unberührt sind. Das reduziert die Aussetzung der Stilllegung auf zwei Prozent der Ackerflächen.

Tatsächlich werden in dieser Diskussion um den Anbau zusätzlichen Weizens jede Menge Nebelkerzen geworfen. Denn es geht mitnichten darum, dass die Welt mehr Weizen benötigt, um die Hungerkrise zu bekämpfen. Es geht nicht um eine Versorgungs-, sondern allein um eine Verteilungskrise.

Zugleich versucht die Lobby verzweifelt, unter dem Vorwand der Hungerkrise von einer ganz anderen Wahrheit abzulenken: Bei uns wandern immer noch 60 Prozent des Getreides nicht auf dem Teller, sondern in den Futtertrog. Weitere 20 Prozent gehen in Tank und Industrie, und nur 20 Prozent der Körner dienen direkt der menschlichen Ernährung.

Das eigentliche Ziel, einen Beitrag zur Verringerung des Hungers der Welt, kann die Absage an Fruchtwechsel und Nichteinsaat also gar nicht erreichen. Stattdessen werden die seit Jahrzehnten bekannten, besorgniserregenden Defizite im Artenschutz weiter zunehmen. Der Verzicht auf die ökologischen Vorgaben ist zudem auf Dauer noch nicht einmal im Interesse der Landwirtschaft selbst, da sich die schwindende Artenvielfalt in Form von immer weiter steigenden Ausgaben für Pestizide und Dünger rächt. Auch davon lenken Bauernverband und Agrarindustrie gerne ab.“

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