Mehr Antibiotika helfen nicht bei immer mehr Fehlern in der Tiermast
Die heute vom Bundesverband praktizierender Tierärzte (BpT) gestartete und an Tierhalter gerichtete Unterschriftenkampagne kommentiert Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss:
„Die vom Bundesverband praktizierender Tierärzte (BpT) gestartet Unterschriftenkampagne geht vollständig an dem vorbei, was im Umwelt- und im Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlamentes beschlossen wurde. Tatsächlich wollen die Ausschussmehrheiten den Einsatz von Reserveantibiotika in der Tiermast begrenzen, also in Ställen der Massentierhaltung. Es geht nicht um Tiere in Einzelhaltung, wie dies fälscherweise in einer Presseerklärung des BpT dargestellt wird.
Jährlich sterben 33.000 Menschen in Europa an fehlender Wirksamkeit von Antibiotika. Um der weiteren Verschärfung dieser medizinischen Entwicklung vorzubeugen, sollen Reserveantibiotika (critical important antibiotics/ letzte Behandlungsreserve) dem Menschen vorbehalten bleiben. Der Auftrag des Parlamentes an die Europäische Kommission lautet daher, den seit Jahren auf viel zu hohem Niveau verabreichten Mengen an Reserveantibiotika wirksame Grenzen zu setzen. Gerade in der Geflügelmast, bei der zehntausende Tiere in einem Stall mit Antibiotika vorsorglich behandelt werden, ist in den letzten Jahren auf hohem Niveau verblieben. Trotz diverser Versuche der Begrenzung werden weiterhin auch Reserveantibiotika über Tränken großzügig an alle Tiere verabreicht, auch wenn nur einzelne erkrankt sind. Diese Entwicklung droht die Wirksamkeit von Reserveantibiotika in den nächsten Jahren gefährlich zu senken. Daher ergeht die Forderung an die EU-Kommission, den Einsatz von Reserveantibiotika in der Tiermast zu regulieren. Weder die Einzeltierbehandlung und schon gar nicht sind Haustiere von diesem Beschluss betroffen!
Insgesamt sind die Haltungsbedingungen in der Tiermast endlich zu verbessern und die Verschwendung von medizinisch wertvollen Ressourcen zu beenden. Die Probleme der Tiermast können nicht mit hohen Mengen an Antibiotika geheilt werden. Dieses System der Fleischproduktion ist überholt und muss dringend reformiert werden.
Warum der Bundesverband praktizierender Tierärzte die Anwendung in der Tiermast gutheisst, bleibt offen. Allerdings darf dieses Verwirrspiel keinesfalls dazu führen, diese Missstände und den fahrlässigen Umgang mit lebensrettenden Medikamenten in der Massentierhaltung noch zu verlängern.“
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