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Mehrfach verschoben, soll die EU-Biodiversitätsstrategie nun endlich am morgigen Mittwoch von der Europäischen Kommission präsentiert werden. Die Strategie soll Europa zum Vorreiter im Naturschutz weltweit machen. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied des Umweltausschusses, kommentiert:

„Die Zeit wird knapp - jeden Tag wird die Welt um 150 Arten ärmer. Um das Artensterben zu stoppen, müssen wir handeln, und zwar schnell. Grundsätzlich ist es gut, dass die Kommission den Bericht morgen vorstellt, und auch die Richtung stimmt. Aber letzte Informationen lassen befürchten, dass es zumindest teilweise zu einer Abschwächung gegenüber der Arbeitsversion gekommen ist.
Massiver Druck kommt von der konventionellen Agrarlobby, die Biodiversitätsstrategie zu verwässern. Der europäische Bauernpräsident blendet wider besseres Wissen zwingend nötige Pestizidreduktionen aus und will die überfällige Strategie sogar weiter verschieben. Er verkennt dabei, dass jeder Tag des Wartens den Artenschwund weiter verschlimmert. Es ist extrem wichtig, dass die Kommission die Biodiversitätsstrategie und auch die Farm to Fork-Strategie in die laufenden Verhandlungen zur GAP-Reform einbringt. Ohne eine geänderte Agrarpolitik werden die Ziele nicht zu erreichen sein!
Nur ein Beispiel: Laut der künftigen Biodiversitätsstrategie sollen junge Bäume bezüglich ihrer Umweltleistung alten Bäumen gleichgestellt werden. An dieser Stelle hat sich offenbar die Holzindustrie durchgesetzt, und zwar mit Argumenten, die wissenschaftlich längst widerlegt sind. Solche Vorgaben der Strategie lassen befürchten, dass es wieder einmal der Wirtschaftslobby gelungen sein könnte, ihre Interessen ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl durchzudrücken.
Ich erwarte aber von der Biodiversitätsstrategie, dass sie das Ziel des Artenschutzes ernst nimmt und dieses konsequent angeht. Einem Leak der Biodiversitätsstrategie von Anfang Mai zufolge gingen die Überlegungen zunächst auch in die richtige Richtung: Danach sollte die europäische Artenvielfalt bis 2030 auf den Weg der Erholung gebracht werden, und zwar zum Wohle der Menschen, des Planeten, des Klimas und der Wirtschaft. Um dies zu erreichen, sollten der Verbrauch chemischer Pestizide um 50 Prozent reduziert und die Hälfte der Hoch-Risiko Pestizide sogar ganz aus dem Verkehr gezogen werden. 25 Prozent der EU-Agrarflächen sollten bis 2030 ökologisch bewirtschaftet, Habitat- und Vogelschutzrichtlinie strenger umgesetzt, der Rückgang der Bestäuber aufgehalten worden sein.
Jetzt sind wir gespannt, wieviel von diesen durchaus ehrgeizigen Zielen sich in der finalen Version der Biodiversitätsstrategie noch wiederfinden. Klar ist aber auch: Eine Biodiversitätsstrategie, die allein auf dem Papier steht, kann die Kehrtwende im Artenschutz nicht bringen. Die EU-Mitgliedsländer müssen sich erheblich stärker im Artenschutz engagieren. Die Umsetzung der bestehenden Umweltgesetzgebung wie beispielsweise Wasserrahmenrichtlinie, FFH und Düngeverordnung wären überfällige erste Schritte.“

Weitere Infos:
Studie im Auftrag von Martin Häusling: ‚Wir sind dann mal weg – die (un)heimliche Artenerosion‘, 2018: https://martin-haeusling.eu/images/Biodiversit%C3%A4t_NEUAUFLAGE2018_RZ_web.pdf
Studie im Auftrag von Martin Häusling: ‚Gift auf dem Acker? Innovativ geht anders‘, 2018 : https://martin-haeusling.eu/images/Pestizide_WEB.pdf

 

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