Grüne Europagruppe Grüne EFA

Tierhaltung und Tierschutz

13.03.2018

Solidarität mit den Wanderschäfern - Julia Klöckner muss ein Zeichen setzen für eine naturorientierte Landwirtschaft

Zur heutigen Demonstration der von der Agrarpolitik „vergessenen“ Wanderschäfer vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin kommentiert Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europaparlament und Mitglied im EU-Umweltausschuss:

„Die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) könnte, wenn sie am morgigen Mittwoch ihr neues Amt antritt, ein Zeichen setzen für eine umweltgerechte, naturverträgliche und dem Tierwohl dienende Politik: Sie muss lediglich ein Versäumnis der bisherigen Regierung korrigieren und die Arbeit der wenigen verbliebenen deutschen Berufsschäfer mit der Weideprämie honorieren. Denn obwohl die Wanderschäfer aufgrund der Billigkonkurrenz aus Übersee unter hohem ökonomischen Druck stehen, leisten sie zugleich aber einen unschätzbaren Beitrag für Artenvielfalt, Klimaschutz und Landschaftsbewahrung, wofür sie bislang in Deutschland keine Unterstützung erfahren haben.
Während 22 andere EU-Mitgliedsstaaten mit einer Weideprämie, wie sie das EU-Recht ausdrücklich vorsieht, die Schäferei fördern, gehen sie hierzulande leer aus. Und keiner weiß so recht, warum. Denn der gesamtgesellschaftliche Nutzen ihrer Arbeit macht sie zum Vorbild für eine am Tierwohl und am Schutz der Natur orientierten Landwirtschaft. Diesem Ziel sollte sich auch eine konservative Bundeslandwirtschaftsministerin  verschreiben.“


Im Hintergrund:
Sie haben zugleich eine Petition gestartet, um diesen Traditionsberuf  zu retten: https://www.change.org/p/rettet-die-letzten-sch%C3%A4fer-innen-deutschlands-ein-traditionsberuf-am-ende-sch%C3%A4fereiretten

08.03.2018

EU-Agrarhilfen: Deutschland verweigert Wanderschäfern EU-Gelder

Im Gegensatz zu 22 anderen EU-Mitgliedsstaaten verweigert Deutschland den Wanderschäfern eine Weideprämie. Die aber ist nötig, um sich gegen Billigfleisch aus Neuseeland und anderen Importländern behaupten zu können, meint Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europaparlament und Mitglied im EU-Umweltausschuss:

„Die Wanderschäferei leistet einen hohen Beitrag zu Artenvielfalt, Klimaschutz, Landschaftsbewahrung und Tierwohl, doch honoriert wird das kaum. Zumindest nicht in Deutschland. Obwohl die Wanderschäfer unter hohem ökonomischen Druck stehen,  fallen sie hierzulande durch den Rost.
Zwar könnte Deutschland wie andere Länder auch, eine Weideprämie aus der ersten Säule der Agrarhilfen gewähren. Dies hat die EU den Mitgliedsstaaten mit der letzten Agrarreform 2013 ausdrücklich erlaubt. Danach darf ein Teil der Gelder aus den Direktzahlungen für bedrohte Bereiche der Landwirtschaft  verwendet werden - und zwar ohne Kofinanzierung durch die Bundesländer. 22 Mitgliedsstaaten verfahren so und unterstützen die Wanderschäfer mit jährlich 500 Millionen Euro.  
Natürlich würde der Gesamtkuchen der Direktzahlungen damit etwas kleiner werden, die Flächenprämie würde sinken. Doch der Rückgang wäre derart gering, wenn man beispielsweise 40 Euro je Mutterschaf an Weideprämie zahlen würden, dass dies in Kauf genommen werden kann. Der Effekt der Umverteilung dürfte den Nachteil deutlich übertreffen. Denn die Arbeit der Wanderschäfer, die häufig auf besonders artenreichem Terrain stattfindet, gehört ganz klar zu den gesellschaftlich gewünschten Leistungen, da sie zum Beispiel für den Erhalt der Biodiversität von unschätzbarem Wert ist.
Im Zuge der Verhandlungen für die kommende Reform der Agrarpolitik (GAP) sollte aus meiner Sicht deshalb die Unterstützung der Wanderschäferei einen eigenen Passus erhalten, damit sich Länder wie Deutschland, die ihre agroindustriellen Exportphantasien ausleben wollen, nicht aus der Förderung einer naturgemäßen Landwirtschaft verabschieden können.
Verweigert Deutschland weiterhin die Zahlungen, droht die Wanderschäferei hierzulande Geschichte zu werden. 2016 gab es in Deutschland noch 989 Schäfereien mit jeweils mehr als 320 Mutterschafen. Das waren 13 Prozent weniger als 2010. Da das von ihnen erzeugte Fleisch nicht mit Billigimporten aus Übersee konkurrieren kann, halte ich es auch im Sinne des angewandten Naturschutzes für geradezu zwingend, mit der Weideprämie diesen Zweig der Landwirtschaft zu unterstützen.“

Im Hintergrund:
Die Wanderschäfer wollen am 13.März in Berlin vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium für die Weideprämie demonstrieren. Aufruf hier.
Sie haben zugleich eine Petition gestartet, um diesen Traditionsberuf  zu retten: https://www.change.org/p/rettet-die-letzten-sch%C3%A4fer-innen-deutschlands-ein-traditionsberuf-am-ende-sch%C3%A4fereiretten

07.03.2018

Mercosur-Verhandlungen: Schluss mit der Geheimniskrämerei im Deal Autos gegen Rindfleisch

Glaubt man dem paraguayischen Außenminister, dann stehen die Verhandlungen der EU mit den Mercosur-Staaten unmittelbar vor dem Abschluss. Warum aber schweigt die EU-Kommission? Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europaparlament und Mitglied im EU-Umweltausschuss, verlangt sofortige Transparenz:

„Die nach Art von Geheimverhandlungen zwischen den südamerikanischen Merscosur-Staaten und der EU geführten Gespräche über ein Freihandelsabkommen entwickeln sich immer mehr zu einem skandalösen Mysterium. Wir Abgeordnete und die Öffentlichkeit fühlen uns von der EU-Kommission verschaukelt. Anders lässt es sich nicht interpretieren, wenn der Außenminister Paraquays, Eladio Loizaga, in seiner Hauptstadt Asuncion vor Journalisten darüber plaudert, dass das Abkommen innerhalb von „zwei bis drei Wochen“ unter Dach und Fach kommen werde. In Europa aber weiß niemand offiziell, was genau Inhalt des Pakts sein soll.
Ich verlange von der Kommission, endlich das EU-Parlament über die Verhandlungen mit den Ländern des Mercosur offen zu informieren. Mit der Geheimniskrämerei muss Schluss sein! Es kann nicht sein, dass die Details dieses Freihandelspakts unter Verschluss gehalten werden, nur weil die Öffentlichkeit davon weniger Notiz zu nehmen scheint, als dies bei CETA oder TTIP der Fall war.
Denn das, was hier ausgedealt werden soll, wird nicht ohne fatale Folgen für Teile der europäischen Landwirtschaft und der Natur in Südamerika bleiben. Wenn wahr ist, dass mindestens 99 000 Tonnen Rindfleisch zusätzlich zollfrei auf den Markt kommen sollen, dass die EU möglicherweise sogar 130 000 Tonnen duldet und die Südamerikaner sogar 200 000 Tonnen pro Jahr fordern, dann steht hierzulande die Weidehaltung von Rindern vor dem Aus, während in Südamerika weiterer Urwald gerodet wird. Ein Abkommen mit solchen Inhalten tritt die Natur mit Füßen, missachtet die Rechte der Bauern hierzulande, aber auch die der indigenen, unterdrückten Landwirte in Südamerika. Für Europa bedeutet das Abkommen eine Flutung der Märkte mit Gentech-Soja, mit Agro-Sprit sowie mit Fleisch zweifelhafter Provenienz und zweifelhafter Qualität, da mit Hormonen belastet oder sogar verdorben.
Damit aber werden die bäuerliche Landwirtschaft dies- und jenseits des Atlantiks geopfert, damit deutsche und französische Auto-Konzerne in Südamerika Geschäfte machen können.
Ich fordere die Kommission deshalb ultimativ auf, endlich den Stand der Verhandlungen offenzulegen.“

Mehr Informationen:
Bericht Brasilienreise (Herbst 2017): Soja und Eukalyptus statt Artenvielfalt - Brasilien opfert seine Savannen der Agrarindustrie

22.02.2018

Ekelfleisch aus Übersee: EU-Kommission muss Konsequenzen aus US-Fleischskandal ziehen

Vor dem Hintergrund von Enthüllungen über katastrophale Zustände in der US-amerikanischen Fleischindustrie verlangt Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europaparlament und Mitglied im EU-Umweltausschuss, Konsequenzen für den Import von Fleisch aus den USA in die EU:

„Es sind ekelhafte Zustände in der US-amerikanischen Fleischerzeugung, über die die britische Tageszeitung The Guardian aus bislang unveröffentlichten US-amerikanischen Regierungsdokumenten heute berichtet. Offenbar tragen Schlampereien, sorgloser Umgang mit kranken Tieren, mangelhafte Hygiene und eine Verseuchung mit Fäkalien in der Fleischproduktion dazu bei, dass jeder siebte US-Amerikaner jedes Jahr an einer Lebensmittelinfektion erkrankt. Das ist erheblich mehr als bei uns in Europa und nicht hinnehmbar.
Das kommt dabei heraus, wenn man den Verbraucherschutz nicht ernst nimmt und die Landwirtschaft bis in den letzten Winkel industrialisiert.
Da nicht ausgeschlossen ist, dass derart produziertes Fleisch aus den USA auch nach Europa gelangt, erhebt sich die Frage, welche Konsequenzen die EU nun unternimmt. Besorgniserregend ist vor allem der Umstand, dass diese unhaltbaren Zustände offenbar schon Jahre anhalten und unter Umständen auch den EU-Behörden wenigstens ansatzweise bekannt sein müssten.
Aus meiner Sicht muss die Kommission jetzt ernsthaft über Import-Beschränkungen für Schweine-, Hühner- und Rindfleisch aus den USA nachdenken.
Wenn sich bestätigt, dass die Zustände schon länger bestehen, muss die Kommission in jedem Fall umfassender reagieren, als beim brasilianischen Gammelfleischskandal. Damals verhängte die EU nur für einzelne Betriebe einen Importstopp. Die EU muss die Verbraucher vor Ekelfleisch aus Übersee wirksam schützen!“

01.02.2018

Mercosur-Verhandlungen: Schluss machen mit der Geheimniskrämerei!

Ungeachtet der Kritik aus EU-Parlament und Umwelt- sowie Bauernorganisationen verhandelt die EU-Kommission weiter über das geplante Handelsabkommen der EU mit vier südamerikanischen Staaten (Mercosur), und zwar hinter verschlossenen Türen. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament, kommentiert:

„Was die EU-Kommission im Auftrag der EU-Mitgliedsstaaten verhandelt, ist ein Skandal: Statt 70 000 Tonnen soll den Mercosur-Ländern jetzt ein sogar fast 100 000 Tonnen schweres zollfreies Importkontingent an Rindfleisch zugestanden werden. Ungeachtet der Tatsache, dass die Südamerikaner sogar das Doppelte, also 200 000 Tonnen, fordern: Ein zusätzlicher Import in dieser Größenordnung, der auf die bisherigen Einfuhren oben drauf käme, hätte erhebliche Konsequenzen für Landwirte, Verbraucher und erst recht für die Umwelt – auf beiden Seiten des Atlantiks!
Hierzulande stände die Weidehaltung von Rindern vor dem Aus, während in Südamerika weiterer Urwald gerodet wird. Ein Abkommen mit solchen Inhalten tritt die Natur mit Füßen, missachtet die Rechte der Bauern hierzulande, aber auch die der indigenen Landwirte in Südamerika. Ihre Rechte werden etwa in Brasilien von einer immer korrupteren Regierung ausgeblendet. Kommt das Handelsabkommen zustande, werden gegen den Willen der hiesigen Bevölkerung europäische Märkte für Gentech-Soja und andere mit Pestiziden hochbelastete Rohstoffe, 600 000 Tonnen Agro-Treibstoffe aus zweifelhaften Quellen sowie Tonnagen von Hormon- und Gammelfleisch geöffnet. Eine Kommission, die dies zulässt und sogar noch mit Verve betreibt, ignoriert den Willen der Mehrheit der Menschen in Europa und in Südamerika.
Ich fordere die EU-Kommission auf, die Geheimniskrämerei endlich zu beenden und transparent über die Gespräche zu informieren.“


Hinweis: Vom 26.Oktober bis 4. November 2017 war Martin Häusling im Nord- und Südosten Brasiliens unterwegs, um sich einen eigenen Eindruck über die massive agrarindustrielle Expansion und ihre Folgen für die Menschen und Umwelt vor Ort zu verschaffen.
Mehr Informationen:
https://www.boell.de/de/2017/11/10/europa-muss-massstaebe-menschenrechten-und-umweltstandards-setzen

16.11.2017

Darmstädter Echo: Hochleistung von der Industriekuh

Darmstädter Echo 14.11.2017/  Von Bettina Bergstedt

170920 Filmplakat System Milch„SYSTEM MILCH“ Prominente Gäste bei Veranstaltung im Hofgut Oberfeld / Diskussion und Film

OBERFELD - Die Produktion von Milch ist nur noch für wenige, oftmals Bio-Bauern, eine Herzensangelegenheit, aber auch, wie für fast alle Milchbauern, reiner Überlebenskampf – für die Industrie dagegen ein milliardenschweres globales Geschäft. Grimme-Preisträger Andreas Pichler drehte einen Dokumentarfilm darüber. Zur Filmvorführung („Das System Milch“) und Podiumsdiskussion hatte am Sonntag die Initiative Domäne Oberfeld in Kooperation mit dem Programmkino Rex eingeladen.

Vielleicht war es Galgenhumor, der es den Gesprächsteilnehmern erlaubte, ihren schlagfertigen Witz trotz wenig spaßiger Lage nicht zu verlieren. Immer mehr Höfe geben auf, das Einkommen ist gering. „Die Milchbauern sind das schwächste Glied in der Kette“, sagte Martin Häusling,

26.09.2017

heute - EU will Lehren aus der Fipronil-Krise ziehen

heute- Sondertreffen der EU-Agrarminister: EU will Lehren aus der Fipronil-Krise ziehen

Zwei Monate nach Beginn des Fipronil-Skandals beraten EU-Experten heute über mögliche  Konsequenzen. Betroffen sind laut EU-Kommission mittlerweile 26 Mitgliedstaaten sowie 19 weitere Länder, die teils Einfuhrverbote für die mit Giftstoffen belasteten Eier verhängt haben.

Diese Frage stellen sich mittlerweile acht betroffene Länder. Vor allem belgische und holländische Behörden sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, sie hätten geschlafen. Die zeigen sich nun entschlossen, melden Razzien und Festnahmen.


Das heutige Sondertreffen der Agrarminister wurde im August auf dem Höhepunkt der Fipronil-Krise einberufen. Angekündigt wurde damals: Mit zeitlichen Abstand und mehr Untersuchungsergebnissen wolle man Lehren ziehen.

Trotz Fipronil-Nachweis bleiben Eier im Handel

Rückblick: Anfang Juni meldet ein Geflügelzuchtbetrieb aus dem belgischen St. Niklaas das Insektizid Fipronil in Eiern. Die Agentur für Sicherheit der Lebensmittelkette, FAVV, informiert die Staatsanwaltschaft und man ermittelt erstmal. Belgische Tests ergeben, dass die Konzentration von Fipronil unter den für den Menschen gefährlichen Werten liegt.

Darum werden zunächst keine Eier aus dem Handel genommen, auch keine Betriebe blockiert und die Öffentlichkeit wird schon gar nicht informiert. Dabei hatten die Belgier schnell die niederländische Reinigungsfirma Chickfriend in Verdacht, mit Fipronil hunderte Hühnerställe gereinigt zu haben. Im Juni forderten sie dreimal vergeblich die Kundenliste von den niederländischen Behörden. Am 6. Juli geben sie ihre Anfrage offiziell über die AAC-Informationsplattform ein. Erst am 20. Juli informieren die Belgier über das Schnellwarnsystem ihre europäischen Partner.

Inzwischen ist klar: Die niederländischen Behörden hatten schon im November 2016 einen anonymen Tipp bekommen, dass mit Fipronil Ställe gereinigt wurden. Diese Warnungen wurden aber nicht ernst genug genommen und auch da wurde das Schnellwarnsystem nicht aktiviert.

"Schnellwarnsystem ist nicht das Kernproblem"

Fest steht, dass das Schnellwarnsystem in diesem Fall seinen Namen nicht verdient hat. "Das Schnellwarnsystem ist hier nicht das Kernproblem, sondern was im Vorfeld passierte, ist ein Skandal. Belgien und die Niederlande haben Informationen nicht weitergegeben. Das darf nicht mehr passieren", kritisiert Martin Häusling, der für Bündnis90/Die Grünen im Landwirtschaftsausschuss des EU-Parlaments sitzt, und fordert, die EU-Kommission müsse hier scharf durchgreifen.

Geschaffen wurde das RASFF (Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel) schon 1979 und seitdem immer wieder überarbeitet. Stellt ein Mitgliedsstaat eine Gesundheitsgefahr fest, informiert er die anderen Länder über das betreffende Produkt und alle bereits getroffenen Maßnahmen wie beispielsweise Verbot, Rückruf, Beschlagnahmung, Seriennummern. Die anderen Länder können kontrollieren, ob und wo das Produkt bei ihnen angekommen ist, Rückrufaktionen starten und die Öffentlichkeit informieren.

Besteht der Verdacht auf Betrug und Verstoß gegen geltendes Recht, dann wird das FFN (Food-Fraud-Netzwerk) eingeschaltet. Das wurde 2013 nach dem Pferdefleischskandal eingerichtet. Damit der Informationsaustausch schneller geht, wurde im August 2016 hier eine Datenplattform geschaffen, auf der sich Mitgliedsstaaten bilateral austauschen können. Die Datenplattform trägt den Namen AAC (System für Amtshilfe und Zusammenarbeit). Über eben jene Plattform haben die Belgier ihre erste offizielle Anfrage gestellt. Doch dieses System kann nicht von allen eingesehen werden, sondern nur vom Sender und Empfänger einer Anfrage.

EU-Kommissar Andriukaitis fordert gemeinse Plattform

Schnellwarn- und Informationssystem müssen überarbeitet und besser vernetzt werden, darin sind sich alle einig. Ziel sei "eine gemeinsame Plattform für diese Systeme", versprach der für Lebensmittelsicherheit zuständige EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis unlängst vor dem Europaparlament. Darum sollen nun eindeutige Kriterien regeln, ab wann genau ein Problem gemeldet werden muss. Genau das fordern die Minister aus Deutschland, Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Österreich in einem Brief, den sie im Vorfeld des heutigen Treffens an die EU-Kommission geschrieben haben.

Außerdem wollen sie einen sogenannten "Chief Food Safety Officer" einsetzen, eine fachlich versierte und vertrauensvolle Kontaktperson, als Ansprechpartner für die aktuellen Fragen der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit.

Grünen-Abgeordneter fordert mehr Druck auf EU-Staaten

"Eine neue Stelle zu schaffen, wird das Problem nicht lösen", sagt der Grünen-Europaabgeordnete Häusling. "Die Kommission muss Druck auf die Mitgliedsstaaten machen, Verdachtsfälle zu melden. Wenn in einer Produktionskette Glassplitter vermutet werden, dann wartet man ja auch nicht, bis man die Splitter gefunden hat, sondern ruft die ganze Charge zurück. Darum müssen schärfere Maßstäbe angelegt werden und die Kommission muss sie auch durchsetzen können."

Zu vermuten ist, dass dieser Posten bei der EU-Kommission angesiedelt wird, nicht umsonst hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt immer wieder darauf gedrungen, die Rolle der EU-Kommission in der Lebensmittelsicherheit zu stärken. Bei einem Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen Anfang September forderte er außerdem, dass europaweit bei Risikobewertung und Forschung enger zusammengearbeitet werden müsse.

von     Ina D'hondt, Brüssel

12.09.2017

Fipronil-Skandal - EU-Parlament fordert bessere Kooperation zwischen den Mitgliedsstaaten


Das Europäische Parlament diskutiert heute Vormittag auf Initiative der Grünen/EFA-Fraktion die Konsequenzen aus dem Fipronil-Eier-Skandal. Lebensmittelkontrollen werden erst dann effektiv sein, wenn die EU-Mitgliedstaaten die nötigen Mittel bereitstellen, sagt Martin Häusling, Mitglied im Agrar- und im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments:

"Die Regierungen der EU-Staaten müssen Lebensmittelkontrollen ernst nehmen. Gerade in einem so betrugsanfälligen System der industrialisierten Landwirtschaft wie der Eierproduktion muss es mehr unangekündigte Kontrollen geben. Dafür müssen die Mitgliedstaaten das nötige Geld und die Mittel einsetzen um unsere Nahrungskette zu sichern. Ausserdem müssen im Sinne des vorsorgenden Verbraucherschutzes giftige ‚Hilfsmittel‘ der industrialisierten Landwirtschaft, wie Fipronil, komplett vom Markt genommen werden.
Zudem brauchen wir eine bessere Zusammenarbeit. Niederlande und Belgien haben kostbare Zeit verstreichen lassen, bevor sie die EU-Behörden informiert haben (1). Es ist gut, dass die EU über ein "Schnellwarnsystem" verfügt. Es wird aber nur funktionieren, wenn die Mitgliedstaaten auch schnell und entschlossen handeln."


(1) Weder die Niederlande noch Belgien, wo die meisten Betriebe gesperrt wurden, haben das RASFF schnell benachrichtigt. Wir wissen, dass die belgischen Behörden bereits am 2. Juni 2017 darüber informiert wurden, dass bei einer Laborkontrolle am 15. Mai erhöhte Fipronil-Werte in Eiern festgestellt wurden (die Werte lagen mit 1,2 mg/kg deutlich über dem zulässigen Grenzwert von 0,005 mg/kg). Mitte Juni wussten die belgischen Behörden, dass es wahrscheinlich eine Verbindung zu den Niederlanden gab. Trotzdem haben sie noch bis zum 20. Juli gewartet, bevor sie die entsprechenden Daten in das RASFF-System eingespeist haben. Die zuständigen Minister wurden dann erst am 24. Juli 2017 benachrichtigt.


Livestream der Debatte ab heute ca. 10:45 Uhr
unter http://www.europarl.europa.eu/ep-live/en/plenary/video?date=12-09-2017

14.03.2017

Tierschutz - Schluss mit dem Käfig für Nutzkaninchen

Für bessere Haltungsbedingungen von Nutzkaninchen hat das Europäische Parlament am heutigen Dienstag plädiert. Die Parlamentarier haben die Kommission aufgefordert, mehr für den Schutz dieser oft unter desaströsen Bedingungen gehaltenen Tiere zu unternehmen. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, kommentiert:

„Kaninchen gehören zu einer der am häufigsten gezüchteten Nutztierarten im landwirtschaftlichen Bereich. Ein Großteil der Millionen von Kaninchen, die jedes Jahr in der EU gezüchtet und geschlachtet werden, hatte nur ein sehr kurzes und grausames Leben in winzigen Gitterkäfigen. Ihre natürliche Verhaltensweise können die Kaninchen in den Käfigen nicht ausleben, was häufig zu Verletzungen und gesundheitlichen Problemen führt. Jedes fünfte Kaninchen stirbt einige Zeit vor dem eigentlichen Ende der Mast. Die EU schaut tatenlos zu, eine Regelung der Kaninchenhaltung gibt es bisher nicht. Mit dem heute abgestimmten Bericht fordert das EU-Parlament die EU-Kommission auf, den Schutz von Mast- und Zuchtkaninchen zu verbessern und ein Minimum an Haltungsstandards zu gewährleisten.

Wir Grünen begrüßen den Bericht und fordern die EU-Kommission dazu auf, die Mast- und Zuchtkaninchen in den Schutz für landwirtschaftliche Nutztiere mit aufzunehmen und somit deren Käfigzeitalter zu beenden. Weitergehende gesetzliche Regelungen für Nutzkaninchen sind dringend nötig, um die Probleme der aktuellen Produktionsbedingungen anzugehen und eine artgemäße Haltungsweise zu garantieren.

 

Weitere Informationen:
Bericht über Mindestanforderungen für den Schutz von Nutzkaninchen

Greens/EFA-Blog: Rabbits and animal welfare: No to factory farming!

08.02.2017

Europäische Finanzierungen nur wenn Tierschutzstandards gewahrt werden

Gegen Investitionen in grausame Tierhaltungsformen, die zwar außerhalb der EU stattfinden, aber mit Geldern der Union gefördert werden, haben sich bei der Debatte „Investing in animal suffering“ (Investitionen in Leiden von Tieren) die Europaabgeordneten Martin Häusling (Greens/EFA, Deutschland) und Isabella de Monte (S&D, Italien) ausgesprochen. Bei der am heutigen Mittwoch gemeinsam mit Human Society International HSI arrangierten Podiumsdiskussion stellte die Organisation einen aktualisierten Bericht vor, der auf weiterhin bestehende Defizite in der Investitionsförderung und Anlagenpolitik internationaler Finanzinstitute und Exportkredit-agenturen der EU-Mitgliedstaaten hinweist. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, kommentiert die Veranstaltung:

„Der Folgebericht von Human Society International zeigt deutlich, dass Tierschutznormen als Kriterien für Investitionen in die Tierhaltung außerhalb der EU gelten müssen. Trotz einiger Fortschritte finanzieren immer noch die Steuerzahler landwirtschaftliche Betriebe außerhalb der EU, deren Tierhaltungsanlagen fatale Defizite ausweisen. Es darf nicht sein, dass öffentliche EU-Gelder in Drittländern eine grausame Tierhaltung unterstützen, die in der EU längst strafbar ist. Batteriekäfige für Legehennen und andere Haltungsmethoden, die nicht den Tierschutzstandards entsprechen, dürfen nicht mit EU-Geldern finanziert werden.
Die EU-Kommission und alle EU-Mitgliedstaaten sollten dem Beispiel der österreichischen Regierung folgen. Österreich hat klare Leitlinien verfasst, um die Förderung ausländischer Agrarprojekte an europäische Tierschutzstandards zu koppeln. Aufgabe internationaler Finanzinstitute muss sein, Anreize für Tierschutzstandards im Agrarsektor auch außerhalb der EU zu schaffen. Dabei ist für unsere Landwirte ebenfalls von Bedeutung, dass sie nicht mit Herstellern konkurrieren müssen, die Nutztiere unter unzumutbaren Bedingungen halten. Ein einheitlicher Umgang mit öffentlichen Geldern wäre ein wichtiger Schritt, um der prekären Lage von Nutztieren in Nicht-EU Ländern den Garaus zu machen.“

11.07.2016

ARD - Tierschutz egal: Wie die EU ihre eigenen Regeln torpediert

160710 ARD Europamagazin KäfigeierARD Europamagazin: 10.07.16 | 06:04 Min. - Käfighaltung bei Hühnern ist in der EU so gut wie verboten. Nach und nach haben die Landwirte ihre Betriebe auf Freiland- und Bodenhaltung umgestellt. Eigentlich eine gute Idee.
O-Ton ab 5:00 min.

28.10.2015

FR - EU Emissionsziele: Bauern fürchten um ihre Rinder

Frankfurter Rundschau -  Von Stephan Börnecke

Die geplanten Emissionsziele der EU verärgern die deutschen Landwirte. Für Kritik sorgt vor allem, dass auch Methan Teil der Richtlinie werden soll. Das Gas entsteht in den Mägen von Rindern und anderen Wiederkäuern.

Die Landwirtschaftspresse tobt seit Wochen: „Unrealistische Emissionsvorgaben gefährden Tierhaltung“, „Jedes zweite Rind in Bayern müsste weg“ oder „NEC-Richtlinie stellt Bauern vor unlösbare Aufgaben“. Aber droht aus Brüssel tatsächlich ein Schlag gegen die Fleischerzeugung in Deutschland, weil die EU deutliche Reduktionen von Ammoniak- und Methan-Emissionen verlangt?

Die Richtlinie, um die es geht und über die das Europäische Parlament am Mittwoch berät, regelt die „nationalen Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe“. Im Wesentlichen sind das die Ozon-Vorläufersubstanzen, allen voran die Stickoxide, die wiederum großteils aus dem Straßenverkehr stammen. Für sie gelten Obergrenzen in der EU.

Aber auch für die Stickstoffverbindung Ammoniak, das zu 95 Prozent aus der Landwirtschaft stammt, sieht die Richtlinie Höchstmengen vor. Ammoniak entsteht unter anderem bei der Düngung mit mineralischem Stickstoff, besonders aber dann, wenn der Dünger in Form von Harnstoff verwendet wird. Das ist vor allem in größeren Betrieben der Fall, denn Harnstoff ist zwar billiger als herkömmlicher Mineraldünger, erfordert aber eine teurere Technik beim Ausbringen. Deutschland soll nun den Ausstoß von Ammoniak um 46 Prozent bis zum Jahr 2025 reduzieren. Das wird ohne Veränderungen in der Landtechnik nicht gehen, nötig wären weniger Mineraldünger und stattdessen ein Umschwenken zum Anbau Stickstoff sammelnder Futterpflanzen.

Seltsamerweise aber sorgt nicht die Ammoniak-Reduktion für Aufregung in der Landwirtschaft, sondern das Methan. Denn auch Methan gilt als Vorläuferstoff von Ozon und ist damit ebenfalls an Atemwegreizungen oder gar Asthma beteiligt, war bislang aber nicht Teil der Richtlinie. Doch nun soll auch das Gas, das aus den Mägen der Rinder und anderer Wiederkäuer kommt, reduziert werden, und zwar gleich um 39 Prozent bis 2030.

Der Anteil des Agrarsektors an der Gesamtemission von Methan beträgt laut Umweltbundesamt 53 Prozent. Es ist unbestritten, dass auch die Landwirtschaft ihren Teil zur Reduzierung von Methan beitragen soll. Die Frage ist nur: Wie und mit welchen Methoden?
Weniger Import-Soja

Annette Grass, Luftexpertin bei der Deutschen Umwelthilfe, hat vor allem die industrielle Landwirtschaft im Visier. Betriebe, die weniger als 80 oder 100 Rinder im Stall und auf der Weide haben, sollten aus ihrer Sicht nicht herangezogen werden. Da nach ihrer Rechnung durch technische Veränderungen wie bessere Filtertechnik in der Stallhaltung oder Abdeckung von Gülle und Festmist bereits ein Großteil der avisierten Reduktion erreicht werden könne, bliebe ein Rest von gerade acht Prozent. Diese Lücke könne durch neue Biogasanlagen zur Vergärung von Gülle und durch eine Verringerung der Fleischexporte geschlossen werden.

Martin Häusling, EU-Abgeordneter der Grünen, warnt vor einer überwiegend technischen Lösung des Problems. Statt neue, für viele Bauern unbezahlbare Biogasanlagen und Stallfilter zu fordern, sollte sich die Politik auf die Vorzüge einer extensiveren, ökologischen Wirtschaftsweise besinnen. Weniger Eiweiß etwa aus Import-Soja im Futter helfe, den Methanrülpser zu reduzieren. Mehr extensive Weidewirtschaft und ein Verzicht auf Turbo-Kühe täten ein Übriges. Denn Hochleistungskühe haben oft ein kürzeres Leben, doch die Nachzucht muss erstmal zweieinhalb Jahre gefüttert werden, bevor sie auch nur einen Liter Milch gibt. Langlebige Kühe helfen also ebenfalls, das Methan-Problem zu verringern.

18.09.2015

EU must urgently rethink its farm animal health practices

the parliament magazine - Written by Martin Häusling on 18 September 2015 in Opinion

To better combat antimicrobial resistance, we must change how we medicate animals, writes Martin Häusling.

Far too many antimicrobials are being used in animal farming. In Germany, for example, the number of antimicrobials used in industrial livestock production is twice as high as that used in human medicine.

Especially problematic in this respect is the systematic use of both prophylactic treatment - the treating of all animals to avoid infections due to poor hygiene standards and high densities even before any of them is sick - and the so-called herd-treatment, or metaphylaxis. Metaphylaxis is the mass medication of a group of animals to eliminate or minimise an expected outbreak of disease.

The use of antimicrobials causes antimicrobial resistance - with increasingly deadly consequences. In April this year, a group of leading scientists came forward with a forecast that warns Europe may surpass one million deaths due to ineffective antibiotics by 2025. The review of legislation on veterinary medicinal products provides a good opportunity to change the situation.

However, the legislative proposal is too weak to end the reliance of intensive farming on the use of prophylactic and metaphylactic antimicrobials. The Greens not only call for an end to prophylactic use, but also propose limiting metaphylactic use of antimicrobials, by setting up clear conditions for their use.

The primary focus needs to be on preventative measures. Good, healthy breeding stocks that are allowed to develop naturally, with suitable genetic diversity, are essential in maintaining animal health.

We also need to ensure animals are kept in conditions that respect the behavioural needs of their species as well as keeping stocking densities at such a level that they do not increase the risk of disease transmission.

Sick animals need to be isolated from the rest of the group. For chickens and smaller animals, a subdivision of flocks into smaller, physically separated groups needs to occur when they are threatened with disease.

Only if these measures are adopted, will we see an improvement in the health of our farmed animals.

As for antimicrobials that are critically important to humans, they should not be used on animals under any circumstance, but reserved for human medicine alone.

I also believe that vets should not gain financial advantage from prescribing or selling antimicrobials. Likewise, any conflict of interest needs to be avoided when authorising veterinary medicinal products. This especially concerns members of the Committee for Medicinal Products for Veterinary Use.

The production and use of drugs has a significant impact on the environment as well. Yet, current legislation more or less casts a blind eye on their environmental impact.

Moreover, most of the veterinary drugs have never been assessed for their environmental properties.

To limit the negative environmental effects of veterinary medicinal products it is necessary to reduce environmental pollution at production and to ensure that an environmental risk assessment is made of all of them, preferably via a substance-based review system.

The Greens have succeeded in achieving in bringing many of these issues to the attention of Parliament's agriculture committee.

We will now have to make sure that we also get a majority for these issues in the environment committee, the leading committee for veterinary medicinal products.

 
About the author

Martin Häusling (DE) is Parliament's Greens/EFA group shadow rapporteur on veterinary medicinal products

01.09.2015

FR - Überleben im Überfluss - Die deutschen Milchbauern haben zu lange auf Masse gesetzt

Frankfurter Rundschau - Von Stefan Sauer
Es geht ums Überleben im Überfluss. Für Deutschlands Milchbauern ist Überfluss das eigentliche Problem. Es gibt zu viel Milch, in Deutschland, in Europa, überall auf der Welt. Die Preise sind seit Monaten auf Talfahrt. Im Juni 2014 erhielten hiesige Landwirte für das Kilogramm Rohmilch noch 38,18 Cent. Ein Jahr später waren es nach Angaben des Deutschen Bauernverbands (DBV) nur noch 28,78 Cent. Im August wurden an manchen Tagen nur noch 26 Cent gezahlt. Auf dem Weltmarkt sieht es nicht besser aus. Nach Angaben des Branchendienstes Agrarheute sanken die Erzeugerpreise zwischen Februar 2014 und August 2015 um 60 Prozent. „In Deutschland und anderen EU-Ländern kämpfen die Bäuerinnen und Bauern ums Überleben“, sagt Martin Häusling, Agrarexperte der Grünen im Europaparlament. Viele Landwirte stünden mit dem Rücken zur Wand.
Doch sie wehren sich. Nach Protesten in Frankreich, Polen und Deutschland hat nun der Bund Deutscher Milchviehhalter für diesen Dienstag zu einer Großdemonstration in München aufgerufen. Dabei sind nicht nur die Preise für Milch, Milchfette, Milchpulver und Käse in die Knie gegangen, sondern auch für Schweinefleisch, Eier und einige Obst- und Gemüsesorten. Zuletzt sanken selbst die Erlöse für Weizen. Und das trotz einer dürrebedingt schlechten Ernte. Was läuft da schief?
Was die Milch betrifft, ist der Befund simpel: Die Menge macht’s. Bereits in den 70er Jahren wurde in der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft mehr Milch erzeugt als verbraucht wurde. Schon damals gab es milliardenschwere Subventionen für die Landwirte aus Brüssel, die die Produktion über Bedarf hoch hielten. Um der „Milchseen“ und „Butterberge“ Herr zu werden, wurden 1984 Quoten eingeführt, die jedem Mitgliedsland ein bestimmtes Produktionsvolumen zuwiesen, das die Einzelstaaten dann wiederum auf die Erzeugerbetriebe (oder, wie Frankreich, auf die Molkereien) verteilten. Landwirte, die mehr als erlaubt produzierten, mussten eine sogenannte „Superabgabe“ an Brüssel entrichten, die zuletzt 22 Cent pro Kilo betrug.
Dabei wurde die erlaubte Gesamtmenge mehrfach angehoben, zwischen 2009 und 2013 um jeweils ein Prozent pro Jahr. Trotz dieser erheblichen Ausweitung wurde stets mehr erzeugt, als die Quoten vorsahen, mit entsprechend hohen Superabgaben für die Überproduktion. Im zurückliegenden Wirtschaftsjahr zahlten die Bauern in der EU 800 Millionen Euro für zu viel erzeugte Milch, allein aus Deutschland kamen 309 Millionen. Ein Rekord für die Ewigkeit, denn zum 1. April dieses Jahres wurden die Milchquoten im Zuge der EU-Marktliberalisierung vollends abgeschafft. Seither gibt es keinerlei Mengenbegrenzung mehr.
Den Milchpreisverfall in kurzer Zeit umzukehren, ist aus mehreren Gründen kaum möglich. Ein Autobauer, dessen Absatz in China stockt, kann vielleicht auf anderen Absatzmärkten den Rückgang in Fernost kompensieren. Oder er lässt auf Halde produzieren, verlängert die Betriebsferien, meldet Kurzarbeit an oder legt Produktionskapazitäten still. Das alles geht in der Milchwirtschaft nicht, jedenfalls nicht so schnell. Je nach Rasse und Haltungsbedingungen geben die Tiere zwischen 15 und 25 Litern pro Tag, die wegen der begrenzten Haltbarkeit – auch zu niedrigen Preisen – verkauft werden muss. „Man kann die Kuh nicht einfach abschalten“, sagt Grünenpolitiker Häusling, der selbst einen Biomilchbetrieb mit 80 Kühen in Nordhessen unterhält.
Dabei wäre ein vorübergehendes Stilllegen für konventionelle Betriebe durchaus sinnvoll. Häusling schätzt, dass jede konventionell gehaltene Milchkuh bei den derzeitigen Preisen im Schnitt einen Verlust von rund 1000 Euro pro Jahr verursacht. Laut Häusling müssten die Erlöse bei mindestens 35 Cent pro Liter liegen, um die Produktionskosten zu decken und einschließlich der EU-Subventionen einen zumindest kleinen Gewinn einzufahren.
Davon sind die allermeisten weit entfernt, auch weil sich viele Milchbauern hoch verschuldet haben und ihre Kredite bedienen müssen. Für eine Hochleistungskuh werden bis zu 1800 Euro verlangt, ein moderner Stall schlägt mit rund 10 000 Euro pro Stellplatz zu Buche. Hinzu kommen rasant gestiegene Pachtpreise für die benötigten Futtermittel-Flächen. Da summiert sich der Finanzbedarf leicht auf sechs- bis siebenstellige Beträge, die sich viele Landwirte in Erwartung auskömmlicher Erlöse bei den Banken geliehen haben.
Mit schuld daran sind EU und Bundesregierung, die den Bauern steigende Absatzchancen im Ausland verhießen und so die Ausweitung der Erzeuger-Kapazitäten beförderten. Tatsächlich entwickelten sich die Ausfuhren aber enttäuschend. Der russische Boykott von Lebensmitteln aus der EU trug wesentlich dazu bei, und auch der Export nach China, auf den die hiesige Milchwirtschaft besonders gesetzt hatte, blieb hinter den Erwartungen zurück.
„Die von Bundesregierung und Bauernverband immer wieder bemühten Exportchancen bis nach China haben sich als gravierende Fehleinschätzung erwiesen“, befand der Bauernbund Brandenburg am Freitag. Enorme Investitionen, hohe Schulden, niedrige Preise – die Landwirte stecken in der Klemme. „Den Kollegen geht jetzt wirklich der Hintern auf Grundeis“, sagt Häusling, der nach 30 Jahren im Geschäft schon manche Krise erlebt hat.
Die Botschaft ist inzwischen in der Bundesregierung angekommen. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) traf am Montag mit seinen Amtskollegen aus Polen und Frankreich zusammen, um für den Sondergipfel der EU-Agrarminister am 7. September gemeinsame Positionen abzustecken. Mehr als zeitlich begrenzte Nothilfe-Maßnahmen werden dabei kaum herauskommen.
Wohin die Reise gehen könnte, deutete DBV-Präsident Joachim Rukwied am vergangenen Mittwoch an. Bei einem Treffen mit Minister Schmidt forderte er höhere Bundeszuschüsse für die landwirtschaftliche Unfallversicherung, Staats-Bürgschaften für Betriebe, die Stundung von Steuerschulden und vorgezogene Auszahlungen der EU-Subventionen. Zudem müsse die Politik der deutschen Landwirtschaft neue Exportmärkte erschließen, etwa durch den Abbau von Handelshemmnissen. In diesem Zusammenhang sei auch das umstrittene TTIP-Abkommen zu begrüßen, heißt es beim DBV.
Ob dieser Weg erfolgversprechend ist, scheint zweifelhaft. Schließlich gibt es auch auf dem globalen Milchmarkt ein Überangebot. Der weltweit größte Erzeuger, der neuseeländische Milchexporteur Fonterra mit mehr als 15 000 Beschäftigten, gab vor zwei Wochen die Kündigung von 523 Mitarbeitern bekannt, um die Jahresproduktion um 63 000 Tonnen Rohmilch zu reduzieren. Dabei liegen die Erzeugerpreise am anderen Ende der Welt nur rund halb so hoch wie in Europa. International ist die europäische Landwirtschaft nur wegen der noch immer gigantischen Agrar-Subventionen aus Brüssel in Höhe von 45 Milliarden Euro pro Jahr wettbewerbsfähig.
Anstatt weiter auf Masse, Export und Staatshilfen zu setzen, plädiert Grünen-Politiker Häusling dafür, sich langfristig auf den EU-Markt mit seinen mehr als 400 Millionen Menschen zu konzentrieren. Für qualitativ hochwertige Erzeugnisse seien Erlöse zu erzielen, die sogar die EU-Subventionen eines Tages überflüssig machen könnten. „Der Erzeugerpreis für Bio-Milch liegt derzeit bei gut 47 Cent. Vor einigen Jahren, als der Unterschied zu konventioneller Milch nur fünf Cent ausmachte, haben viel Kollegen über uns gelacht. Heute lacht niemand mehr.“ Seite 11
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KOMMENTARE
Mit Vollmilch ins Verderben
Von Daniel Baumann
Der Milchpreis im Keller, die Bauern auf den Barrikaden, die Politiker auf der Suche nach einer Lösung: Was tun, angesichts der existenzgefährdenden Lage vieler Milchbauern? Die Antwort ist einfach und schwierig zugleich: Milchpolitik muss völlig neu gedacht werden, nicht nur in Deutschland oder der EU, sondern auf der ganzen Welt.
Nur auf Menge zu setzen, ist kein Konzept. Nicht für die Bauern, nicht für die Gesellschaft. Diese Strategie führt nur zu unerwünschten Ergebnissen. Dazu gehören Überproduktion und völlig überzüchtete Kühe mit geringer Lebenserwartung. Dazu gehört, dass die Tiere mit massenhaft importiertem Getreide statt Gras gefüttert werden, was nicht nur Monokulturen in Südamerika zur Folge hat, sondern auch, dass die Kühe bei der Verdauung klimaschädliche Gase entwickeln. Und dazu gehört auch, dass die billige Massenproduktion die Kleinbauern verdrängt, wodurch Arbeitsplätze verloren gehen und der Landschafts- und Umweltschutz leidet. Das alles ist für die Bauern und die Gesellschaft teuer.
Da wäre die gerade abgeschaffte Produktionsquote alleweil besser. Oder man verpflichtet die Bauern dazu, dass sie das Futter für ihre Kühe auf dem eigenen Land anbauen müssen. Ohne Veränderung geht es jedenfalls nicht. Sonst geht es mit Vollmilch ins Verderben. Seiten 2/3
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Aus Feinden werden Genossen
Frankreichs Bauern entdecken ihre Solidarität
Von Stefan Brändle
Paris. Natürlich, die Proteste der deutschen Milchbauern sind weniger rabiat, ihre Sternfahrt ist bedeutend zivilisierter als die gewalttätigen Grenzblockaden französischer Landwirte im Sommer. Trotzdem staunen die Franzosen, dass die deutschen Milchproduzenten überhaupt auf die Straße gehen. Und zwar mit demselben Anliegen: Nach dem Ende der Milchquoten in der EU zerfallen die Preise, und dies- und jenseits des Rheins können die Hersteller mit Litertarifen von 36 Cent schlicht nicht mehr leben.
Das Staunen französischerseits hat aber einen weiteren Grund. In Paris galten die deutschen Milchproduzenten als Großfabrikanten, die in riesigen Tierfabriken billige Massenware produzieren und den Markt damit bis nach Frankreich überschwemmen. Auch die deutschen Schlachthöfe wurden kritisiert, weil sie osteuropäische Billigarbeiter beschäftigen, was indirekt auch auf die Fleischpreise drückt. Sogar elsässische Bauern, die die Verhältnisse in Deutschland eigentlich besser kennen sollten, blockierten mit diesem Argument deutsche Lieferwagen bei Straßburg.
Kleinere Höfe im Vorteil
Die Bauernproteste in Deutschland öffnen den Franzosen aber langsam die Augen. Immer mehr macht sich die Erkenntnis breit, dass da nicht nur schwerreiche Besitzer riesiger Milchfabriken mit tausend Kühen am Werk sind. Die deutschen Milchbauern bewirtschaften zwar größere Höfe als ihre französischen Berufskollegen; doch stellen Pariser Agrarexperten fest, dass Größe gar nicht das einzige Kriterium sei.
Unter den gut 20 000 Höfen, die in Frankreich wegen des Preisverfalls vom Konkurs bedroht sind, befinden sich keineswegs nur kleine Betriebe. Diese halten sich oft sogar besser als Großbetriebe. Die Erklärung sei ganz einfach, meint die linke Bauerngewerkschaft Confédération Paysanne: „Gras ist gratis.“
Gemeint ist, dass ein einfacher Milchbauer seine übersichtliche Herde noch auf die eigene Wiese zum Weiden führen kann – was ihm keine Kosten verursacht. Großbetriebe müssen hingegen Futter kaufen. Das kommt sie doppelt so teuer zu stehen wie einen Kleinbetrieb, rechnet das französische „Netzwerk dauerhafter Landwirtschaft“ (RAD) vor. Demnach geben Großbetriebe pro Kuh mehr Geld aus für Energie, Dünger und Veterinäre; unter dem Strich bleibt ihnen ein kleineres Einkommen pro Rindvieh als einem Biobauern.
„Wir kämpfen zusammen“
Auch diese Einsicht bewirkt in Frankreich ein Umdenken gegenüber den vermeintlich „großen“ deutschen Konkurrenten. Unabhängige französische Verbände haben zusammen mit dem „Bundesverband deutscher Milchviehhalter“ (BDM) sowie der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“ (AbL) kürzlich einen Aufruf erlassen, in dem sie festhalten, dass die Landwirtschaft beider Länder letztlich unter den „gleichen Schwierigkeiten“ leide. Sie verurteilen die „Versuche von außen, die einzelnen europäischen Produzenten gegeneinander aufzuhetzen, um die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Problem abzulenken“. Nötig seien gemeinsame und solidarische Aktionen gegen die Misere, für einen stabilen Milchpreis und vorbeugende Krisenmaßnahmen.
„Wir werden zusammen kämpfen und uns gegenseitig unterstützen“, endet der Appell. Die großen Bauernverbände haben sich ihm nicht angeschlossen. Die Sternfahrt hilft aber vielleicht auch den offiziellen Bauernvertretern zu der Einsicht, dass die Milchkrise kein rein nationales Problem ist.

01.09.2015

Deutsche Welle - Immer Ärger mit der Milch

Deutsche Welle - Landwirtschaft
Tausende Milchbauern in Deutschland protestieren gegen gesunkene Milchpreise. Aber die EU-Kommission will nicht zurück zum alten System der Marktregulierung.

"Die Milchquote ist verschwunden, und sie wird für immer verschwunden bleiben", stellte EU-Agrarkommissar Phil Hogan Ende August klar, als neue Proteste von Milchbauern angekündigt wurden. Gerade in diesem Frühjahr war die Quote abgeschafft worden, und jetzt sagt der aus Irland stammende Kommissar, er zögere, gleich wieder neue Interventionsmechanismen einzurichten. Lieber sollten die Erzeuger auf dem globalen Milchmarkt nach Export- und Expansionsmöglichkeiten suchen.

Über 30 Jahre lang hatte die EU mit der Milchquote festgelegt, welches Mitgliedsland wie viel produzieren durfte. Gerade deutsche Milchbauern rannten dagegen an und wollten Freiheit, um ihre Chancen auf dem Weltmarkt zu nutzen. Soll es jetzt eine agrarpolitische Rolle rückwärts geben? Die Vertreter der Milchbauern sprechen von einer Krise, aber Hogan fragt zurück."Was ist eine Krise? Wenn der Preis unter 30 Cent pro Liter rutscht?" So pauschal könne man das Problem nicht sehen, denn die Produktionskosten seien etwa in Osteuropa viel niedriger als in westeuropäischen Ländern, man könne also nicht ein Niveau für alle festlegen.

In der kommenden Woche treffen sich in Brüssel die Landwirtschaftsminister, und viele fordern, den klagenden Milchbauern wieder mit europäischem Geld unter die Arme zu greifen. Erwartet werden zumindest Ausgleichszahlungen aus EU-Mitteln, gespeist von der sogenannten Überschussabgabe. Abgesehen davon, betont der Kommissar, habe Brüssel bereits 350 Millionen Euro bereitgestellt, um Verluste durch die Russland-Sanktionen auszugleichen. Auch darüber klagen nämlich viele Milchhersteller: Sie seien schwer von den Importverboten gegen europäische Agrarprodukte betroffen, die Präsident Putin als Antwort auf die EU-Sanktionen verhängt hat. Unlängst ließ er einen kleinen Berg von französischem Käse unterbaggern: "Die Probleme mit Putin werden so bald nicht enden", sagt Phil Hogan dazu lapidar.

Es gibt einen Schweinezyklus auf dem Milchmarkt

Warum aber sind innerhalb kurzer Zeit die Milchpreise von rund 40 Cent pro Liter – eine Marge, die für die Bauern profitabel war – auf weit unter 30 Cent gesunken? Tatsächlich fluktuiert der Milchpreis schon seit Jahren. Auch auf diesem Markt gibt es, was Konjunkturforscher den "Schweinezyklus" nennen: 2009 wurden in Deutschland z.B. 22 Cent pro Liter gezahlt, also noch weniger, als die Bauern derzeit bekommen. 2011 stieg der Preis auf 35 Cent, dann ging es wieder bergab, und danach bis 2015 steil bergauf. Die Hersteller sind also durchaus an Schwankungen gewöhnt.

Verantwortlich sei diesmal sowohl der Weltmarkt als auch eine gewisse Überproduktion, sagt die EU-Kommission: Die Krise in China habe zu einem deutlichen Rückgang der Milchexporte dorthin geführt. "Auf dem globalen Markt gibt es 2 Prozent Überschuss bei Milchprodukten", schätzt Kommissar Hogan. Und er fordert die Bauern und die Molkereien auf, statt nach der EU zu rufen, lieber nach neuen Absatzmärkten Ausschau zu halten. Der Milchabsatz in Asien und Südamerika werde weiter wachsen, trotz der gegenwärtigen Probleme mit China.

Die ganze Strategie ist falsch

Martin Häusling ist selbst Bauer und kennt das Geschäft. Der Europaabgeordnete der Grünen hält die neue Milchmarkt-Strategie der EU-Kommission für falsch. "Die absolute Liberalisierung funktioniert auch nicht", das müsse man in Brüssel einsehen. Wenn es so weitergehe, würden immer mehr kleine Betriebe verschwinden. Am Ende werde es wieder Marktinterventionen geben, man erinnert sich an die berühmt-berüchtigten Butterberge und Milchseen der europäischen Vergangenheit.

Häusling glaubt, es sei falsch gewesen, die Milchproduktion am Weltmarkt auszurichten. "Es gibt einen Markt für fair produzierte Milch in Europa", und darauf sollten sich die Bauern in der EU konzentrieren. Hier sei nicht nur der neue Agrarkommissar in Brüssel in die falsche Richtung marschiert, weil er und seine Vorgänger die Milchbauern zu globalen Exporteuren hätten machen wollen. Was aber China angeht – da hätten sich viele Experten einfach geirrt. Inzwischen setze Peking auf eigene Milchproduktion und sei dabei, Stallanlagen für 100.000 Kühe zu bauen. Und zu Russland sagt der Europaabgeordnete nur: "Auf einen Freund wie Putin konnte man sich noch nie verlassen."

Unser Markt ist in Europa

Die Preise werden durch den Weltmarkt kaputtgemacht, erklärt Martin Häusling. Wir sollten uns lieber auf den Absatz in Europa konzentrieren, hier gebe es einen Markt für fair produzierte Milch, und die Verbraucher hätten Interesse an der bäuerlichen Erzeugung und der Herkunft. Dabei könnten dann auch kostendeckende Preise erzielt werden. Der Europaabgeordnete fordert eine Art "runden Tisch der Milchhersteller", wo sich die großen Molkereien mit den Vertretern der Erzeuger zusammensetzen müssten, um je nach Bedarf eine Produktionsobergrenze für Milch festzulegen. Wenn es dann zu Preiseinbrüchen komme wie derzeit, plädiert auch er für Ausgleichszahlungen, aber die sollten auf jeden Fall nur vorübergehend gezahlt werden.

09.07.2015

Rede zur Umsetzung des Milchpakets

06.07.15 Umsetzung des Milchpakets (Aussprache)      
Video des Beitrags   

"Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich war eben ein klein wenig entsetzt, weil Sie immer noch nicht von einer Krise reden, sondern von Preisschwankungen auf dem Markt. Was sollen denn die 650 000 Milchbauern davon halten, wenn ihre Preise um 30 % zurückgehen? Preisschwankungen? Ich glaube, Sie sind fern von jeder Realität. Wir sind in einer richtigen Krise, und die hat mit der Liberalisierungspolitik der letzten Jahre zu tun. Das müssten Sie endlich einmal anerkennen.

Sie haben nicht den Mut oder Sie wollen es auch nicht, dass man wieder darüber nachdenkt, auch Marktregeln einzuführen. Was am Ende bleibt in dieser Politik, ist, dass wir wieder Exporterstattungen zahlen – der Steuerzahler finanziert den Export. Warum scheuen Sie eigentlich eine Diskussion, doch mal wieder darüber nachzudenken, wirklich eine Angebotsregulierung vorzunehmen?

Ich glaube, die Stärkung der Milcherzeuger gegenüber Molkereien und gegenüber dem Handel ist wirklich ein Instrument, das noch nicht gelungen ist. Da gibt es immer noch viel zu wenig Rechte für die Milchbauern, und wir haben eine kritische Situation von allen Milchbauern in den Bergregionen. Da müssen Sie endlich auch Nothilfen ins Auge fassen, da können wir nicht noch abwarten."

17.06.2015

EU-Parlamentarier wollen umfassendes Klonfleisch-Verbot

epd - Gesetz soll auch für Klontier-Nachkommen gelten
Brüssel (epd). Zwei Fachausschüsse des Europaparlaments haben sich dafür ausgesprochen, in der Lebensmittelproduktion grundsätzlich keine geklonten Tiere einzusetzen. Weder das Klonen von Nutztieren noch der Verkauf von Klonfleisch oder -milch sollten künftig in Europa zulässig sein, verlangten der Gesundheits- und der Agrarausschuss des Parlaments am Mittwoch in Brüssel. Auch Lebensmittel von Nachfahren geklonter Tiere sollten verboten werden, ebenso wie der Import entsprechender Samenzellen und Embryonen, meinen die Abgeordneten.

Mit dieser Position gehen die Fachausschüsse weit über die von der EU-Kommission 2013 vorgelegten Gesetzesvorschläge hinaus. Die Kommission hatte sich dafür ausgesprochen, Lebensmittel aus geklonten Tieren nicht auf die Teller der europäischen Verbraucher zu lassen. Ein Verbot oder eine Kennzeichnung für Produkte aus Klon-Nachfahren lehnte sie jedoch ab. Damit bahnt sich Streit zwischen den drei großen EU-Institutionen an - auch einige EU-Regierungen im Ministerrat wollen keine sehr strengen Klon-Vorschriften.

Im Moment klonen hauptsächlich Firmen in den USA, Kanada und Argentinien Tiere für die Nahrungsmittelherstellung. Es geht darum, Tiere zu schaffen, die beispielsweise besonders viel Milch geben oder besonders kräftig sind. Die Klontiere selbst dienen allein der Zucht, während ihre Nachfahren und ihre Samenzellen für die weltweite Vermarktung interessant sind. Experten vermuten daher, dass die Europäer derzeit Lebensmittel auf den Tellern haben, die beispielsweise mit Hilfe international gehandeltem Klontier-Spermas hergestellt wurden.

Die Kritik an der Klon-Praxis ist hauptsächlich ethischer Natur. "Klontiere leiden sehr häufig an Missbildungen, Fehlfunktionen der Organe und Defiziten des Immunsystems", sagte die Berichterstatterin des Gesundheitsausschusses, Renate Sommer (CDU). "Die Erfolgsrate bei der Klontechnik liegt nur bei etwa zehn Prozent." Es wäre daher inkonsequent, bei einem Verbot die Nachkommen außer Acht zu lassen, unterstrich Sommer. "Die EU-Kommission hat wohl Angst vor Handelsproblemen, auch vor der Welthandelsorganisation. Das Parlament hatte dieses Problem aber noch nie", sagte sie.

Um ganz sicher zu sein, dass künftig keine Klon-Produkte mehr über die europäischen Grenzen kommen, wollen die Parlamentarier ein System der Rückverfolgbarkeit in der Importkette einrichten. Das Plenum des Parlaments stimmt voraussichtlich im Herbst ab, anschließend muss ein Kompromiss mit dem EU-Ministerrat und der EU-Kommission gefunden werden. "Von der deutschen Bundesregierung erwarten wir, dass sie sich nun mindestens für eine Kennzeichnung von Produkten aus Nachkommen geklonter Tiere ausspricht, wie im Koalitionsvertrag versprochen", sagte der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling.

12.06.2015

NZZ - Umstrittene EU-Ferntransporte von Nutztieren: Von Krakau nach Beirut ins Schlachthaus

Neue Züricher Zeitung - Der Export von lebendem Vieh aus der EU boomt. Die Folge davon sind immer längere Routen, bei denen die Tiere tagelang auf Lastwagen und Schiffen ausharren müssen. Die Kritik an den Zuständen wächst.

[...] Für Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, sind diese Erkenntnisse nicht neu. Seit Jahren setzt sich der Deutsche mit dem Thema als Politiker und Bio-Landwirt auseinander. Mit Sorge betrachtet er deshalb den Trend innerhalb der EU, die Landwirtschaft zunehmend exportorientiert auszurichten und auf subventionierte Spezialisierungen zu setzen. Bei den Ferntransporten von Nutztieren zu Schlachtzwecken führt dies zu immer längeren Routen (siehe Karte), was die Kontrolle der Einhaltung der Tierschutzbestimmungen erschwert oder gar verunmöglicht. Letzteres trifft insbesondere auf die Schiffstransporte zu. «Im Frachtraum wird kein Platz verschenkt, die Tiere verfügen nicht über einen einzigen Zentimeter Bewegungsfreiheit», sagt Häusling. Die Zustände an Bord seien katastrophal, oft vegetierten die Tiere tagelang ohne Zugang zu Wasser vor sich hin. Eine Kontrolle an Bord durch die Behörden gibt es nicht, die Tiere sind der Willkür der Schiffsbesatzung ausgesetzt. Dass es sich dabei nicht um wenige Transporte handelt, geht aus EU-Statistiken zum Export lebender Tiere in Drittländer hervor: Allein nach Libanon werden pro Woche rund 3100 Rinder verschifft. «Bei diesem Massengeschäft geht der Verlust von Tieren, die während des Transportes sterben, unter», sagt Häusling. Einzig die Masse mache die Gewinnmarge aus. Dass es sich lohnt, lebende Tiere überhaupt derart weit zu befördern, hat mehrere Gründe: der steigende Fleischkonsum in Ländern, die aus wirtschaftlichen Überlegungen keine Nutztiere züchten, das rituelle Schlachten wie das Schächten, das in mehreren EU-Ländern verboten ist, die hohen Kosten für die Kühltechnik, die beim Transport von Gefrierfleisch anfallen würden.

Der steigende Export von Nutztieren sorgt auch innerhalb der EU für Kontroversen und fand als Thema Ende März Eingang in die von der EU herausgegebene Zeitschrift «The Parliament Magazine». In einem Meinungsbeitrag wird die Missachtung der EU-Gesetze bei Ferntransporten in Drittstaaten angeprangert. Die Bedingungen in diesen Ländern würden sich stark von den Vorschriften der EU unterscheiden, die Tiere litten nicht nur unter den langen Transporten, auch auf ihr Wohl und ihre Bedürfnisse werde keine Rücksicht genommen. Nicht zuletzt seien die Schlachtmethoden grausam. Der EU-Kommission werden kurzsichtige wirtschaftliche Interessen vorgeworfen, diesen Handel weiter zu gewähren.

Urteil «ein riesiger Schritt»
Die wachsende Kritik an den unhaltbaren Zuständen ist inzwischen nicht ohne Folge geblieben, zumindest auf juristischer Ebene. Am 23. April hat der Europäische Gerichtshof entschieden , dass der Tierschutz nicht an den Aussengrenzen der EU endet. In einem Verfahren gegen einen deutschen Zuchtviehexporteur wurde das Urteil gefällt, dass auch nach der Grenzüberquerung den EU-Tierschutzauflagen wie Transportzeiten oder Versorgungsintervallen mit Futter und Wasser nachzukommen sei.

«Dies ist ein riesiger Schritt in die richtige Richtung», gibt sich TSB-Präsident Ditfurth erleichtert. Nach diesem Entscheid könne künftig bei Verstössen eine Anzeige mit Erfolgsaussicht gegen die Verantwortlichen der Transporte in Drittstaaten erstattet werden. Einen grundlegenden Wandel bei den Exporten in Drittstaaten kann laut EU-Parlamentarier Häusling allerdings nur der Druck durch die Öffentlichkeit bewirken. Bis zur Abschaffung der Käfighaltung für Hühner habe es schliesslich auch 30 Jahre gedauert, sagt der Bio-Landwirt lakonisch.

28.05.2015

HNA - Preis fällt weiter: Milch ist oft billiger als Mineralwasser

HNA- Schwalm-Eder. Acht Wochen nach dem Fall der Milchquote herrscht Enttäuschung bei den Bauern, während die Verbraucher in den Märkten sich freuen können. Schon für 55 Cent pro Liter gibt es Milch im Handel zu kaufen.

Marktführer Aldi hat die Preise für Milch, Schlagsahne, Kondensmilch, Crème fraîche und Butter teilweise um mehr als zehn Prozent gesenkt.

Günther Koch, Biobauer aus Homberg, ist klar, warum das so kam: „Die Kollegen haben neue Stallkapazitäten geschaffen, geben Gas, produzieren Milch ohne Ende.“

Nur noch 30 Cent pro Kilo Milch zahlen die meisten Molkereien laut Koch, dabei koste die Erzeugung hierzulande mindestens 40 Cent. Die Preisspirale werde sich sogar noch weiter abwärts drehen auf demnächst nur noch 25 Cent, Koch: „Die Talsohle ist noch nicht erreicht“.

„Davon kann hier keiner leben“, sagte auf HNA-Anfrage Martin Häusling. Der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Europaparlament geht ebenfalls davon aus, dass sich die Bedingungen für die Milchbauern noch verschlechtern, „denn die Milchmenge wird weiter ansteigen“, ein ruinöser Wettbewerb sei die Folge. In diesem könnten bald nur noch Höfe bestehen, die zwischen 150 und 300 Stück Milchvieh haben, wie es in Norddeutschland bereits oft der Fall sei.

Die Milchquote will trotzdem keiner zurück, meint der Europaabgeordnete (Bad Zwesten), ein freiwilliger Produktionsverzicht könnte hilfreicher sein, so Häusling. Es sei notwendig, sich an einem runden Tisch zusammenzufinden, wenn sich „der Markt nicht kannibalisieren soll“.

Der Handel nutze die Situation derzeit einfach aus, „Milch ist Ramschware geworden, wesentlich billiger als Mineralwasser“. Gegensteuern könne man mit „freiwilliger Marktsteuerung“.

Während Politiker und Landwirt Martin Häusling von einer Kannibalisierung des deutschen und des europäischen Milchmarktes spricht, winkt Hans-Richard Schneeweiß ab. Laut des Vorstandssprechers der Edeka Hessenring Gruppe (Melsungen) „gibt es immer ein Auf und Ab“. Der Ruf nach staatlicher Regulierung sei immer bedenklich, es gelte „intelligentere Lösungen zu finden“. Die Russlandkrise und das Vorhandensein riesiger Milchbestände in China seien nicht zu unterschätzende Faktoren für die Entwicklung des Milchpreises.

Dass man allerdings Übermengen zum Beispiel als Milchpulvern einlagern sollte, wie es der Bauernverband in Brüssel propagiere, hält Landwirt Günther Koch für eine schlechte Lösung. Er fordert „eine Anpassung der Produktion an den Verbrauch“. Auf den Export nach Fernost zu setzen, ist für Koch Unsinn, solange etwa die Neuseeländer aufgrund ihrer klimatischen Bedingungen und den Verzicht auf Stallungen das Kilo Milch für 23 Cent erzeugen können. Da könne man für die Berufskollegen in Hessen und in Deutschland einfach nur schwarzsehen.

„Die kleineren Betriebe in den benachteiligten Regionen kommen als erste unter Druck“, argumentiert Martin Häusling (Grünen-Europaabgeordneter). Auch er ist deshalb dafür, die Milchmenge zu begrenzen: „Die Erzeuger müssen selbst versuchen, Milchmengen zu drosseln.“

Am normalen Wettbewerbsverhalten im Handel lasse sich jedenfalls nicht drehen, sagt Hans-Richard Schneeweiß. Alle Ketten würden sich bei den Grundpreisen an Aldi orientieren. Er wünscht sich einfach mehr Achtung für die Landwirtschaft, ohne die es gar keine ursprünglichen Lebensmittel gebe. Bei Edeka finde der Kunde auch fair gehandelte Milch, „wir bieten viel mehr als die Discounter, rund 60 Milchprodukte verschiedener Molkereien“. Hinzu kämen laktosefreie und Milchersatzprodukte.

Von der konventionellen Produktion hat sich so Bauer Koch verabschiedet. Die 95 Kühe auf seinem 1888 gegründeten Betrieb werden seit 2012 nach Bio-Richtlinien gehalten, seine Bio-Milch wird direkt vermarktet - für derzeit 47 Cent pro Kilo für den Erzeuger.

13.05.2015

Wider jede Vernunft - Auswirkungen des Antibiotika-Verbrauchs in der Tierhaltung

pig 11245 1280Einladung

Wider jede Vernunft - Auswirkungen des Antibiotika-Verbrauchs in der Tierhaltung

Podiumsdebatte mit anschließender Publikumsdiskussion und Vorstellung der Studie „Masse statt Klasse – Eine Haltung, die krank macht“

Mittwoch, 13. Mai 2015, 18.00 bis 21.00 Uhr
Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstraße 8, 10117 Berlin