Grüne Europagruppe Grüne EFA

Agrarpolitik

10.05.2023

EVP-Fraktion im Europaparlament blockiert nachhaltige Ernährungspolitik: „Rolle rückwärts und Generalangriff auf die Natur“

Die konservative EVP-Fraktion versucht, in der heutigen Plenardebatte des Europäischen Parlaments die Transformation zu einer nachhaltigen Ernährungspolitik auszuhebeln und wendet sich gegen die im Green Deal vorgesehene Reduktion von Pestiziden und die Absicht, mehr Naturschutz durchzusetzen. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, sagte:

„Die Kampagne der EVP-Fraktion gegen eine nachhaltige EU-Ernährungspolitik ist eine komplette Rolle rückwärts, sie kommt einem Generalangriff auf die Natur und den Green Deal gleich. Trotz anders lautender positiver Rhetorik hat die EVP fast von Anfang an auf Generalkonfrontation gegen Farm to Fork geschaltet. Mit der jetzigen Kehrtwende will sie zentrale Bausteine des Green Deal kippen und auch Farm to Fork aus dem Weg räumen. Damit entlarven sich die Christdemokraten als ewig-gestrige Katastrophentreiber: Sie sichern die Profite der Agrarindustrie, aber gefährden die Gesundheit der Verbraucher*innen, ruinieren die Ökosysteme und belasten die öffentlichen Kassen. Die EVP stellt sich damit gegen Natur, gegen Landwirte und leugnet die Wissenschaft.

Die Verteidigung des Status quo schadet den Landwirten und der Ernährungssicherheit, statt ihnen zu nützen. Agrarökologie und die Wiederherstellung von Lebensräumen sind die angesagten Lösungen gleichermaßen für die Ernährungssicherheit, als auch um den Zusammenbruch der Ökosysteme aufzufangen.

Solange wir fast ein Drittel unserer Lebensmittel wegwerfen und nur ein Fünftel direkt in unsere Ernährung geht, ist es Panikmache, so zu tun, als ob die Menschen nicht satt werden. Wir haben genug Möglichkeiten, daran etwas zu ändern. Was es braucht, sind zukunftsweisende agrarökologische Lösungen.

Die EVP gibt sich als Freund der Bauern aus, dabei ist das Gegenteil der Fall. In ihre politische Verantwortung der letzten 15 Jahre fällt ein gigantisches Höfesterben von täglich eintausend Betrieben in Europa. Auch den Klimawandel haben die Christdemokraten bis vor ein paar Jahren regelmäßig geleugnet und verweigern den Landwirten auch jetzt noch das Recht auf Zugang zu öffentlichen EU-Mitteln, um ihr System widerstandsfähiger gegen klimabedingte Schocks zu machen und sich an den Klimawandel anzupassen.“

Weitere Informationen:

Resolution der EVP: https://www.epp.eu/files/uploads/2023/05/Paper_Agriculture_Munich.pdf

04.10.2022

Brasilien vor der Wahl - Hintergrundinformationen zu einigen der demokratischen und ökologischen Herausforderungen

Logo kleinAm 2. Oktober 2022 fand in Brasilien die erste Runde der Präsidentschaftswahl statt. Die Wahl läuft im Wesentlichen auf eine Entscheidung zwischen dem Rechten Jair Bolsonaro und dem Linken Lula da Silva hinaus.

Es ist zu befürchten, dass der rechte Jair Bolsonaro, käme es zu einer Wiederwahl, die Demokratie endgültig aushebeln könnte. In den letzten Jahren hat er sich immer öfter verächtlich zur Demokratie, außerdem rassistisch und homophob geäußert. Auch die Abholzung im Amazonasgebiet, der „Lunge” der Welt, erreichte in den letzten Jahren unter Bolsonaro Rekordwerte. Bolsonaro will gemeinsam mit Agrar- und Rohstoffindustrie das Gebiet nutzbar machen. Unterstützung erhält er von evangelikalen Konservativen. Die Leidtragenden sind die Natur und die indigene Bevölkerung, die diskriminiert wird und ihren gesetzlich zugesicherten Lebensraum verliert. Bolsonaro hat, wie sein Vorbild Trump in den USA 2020, verkündet, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen, sollte es zu einem Sieg Lulas kommen.
Bolsonars Kontrahent, der Linke Lula da Silva, setzte sich während seines Wahlkampfes vor allem gegen Erwerbslosigkeit, Armut und soziale Ungerechtigkeit ein. Außerdem sprach er sich gegen die Abholzung des Regenwaldes aus und erarbeitete einen 26-Punkte-Plan zur Reduzierung von Treibhausgasen und der erneuten Einrichtung von Indigenen- und Naturschutzzonen.

Was in Brasilien passiert, betrifft auch uns. Um die Wahlen in Brasilien ins öffentliche Bewusstsein zu holen, hat Martin Häusling auf seinen Social-Media-Kanälen einen Countdown zur Wahl veröffentlicht: Unter dem Titel „Natur und Demokratie schützen“ hat er jeden Tag ein Thema in den Fokus genommen, an dem deutlich wird, vor welchen ökologischen und sozialen Herausforderungen Brasilien steht und warum ein Kurswechsel überlebenswichtig ist.

07.08.2022

Votum zu Fruchtwechsel und Nichteinsaat: Wir haben eine Verteilungs-, keine Versorgungskrise

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir blieb bei seiner Entscheidung, ökologisch eigentlich dringend erforderliche Vorgaben zu Fruchtwechsel und Nichteinsaat von vier Prozent der Ackerflächen vorübergehend auszusetzen. Vor dem Hintergrund der EU-Vorgaben hat er letztlich gar keine andere Wahl, meint Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischem Parlament und Mitglied im Umweltausschuss.

„Zur Erinnerung: Die bedauerliche Entscheidung der Bundesregierung kam nicht allein auf Druck von Bauernverband und Agrarindustrie zustande. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski hat mit dem Rechtsakt vom 27. Juli im Grunde genommen den Rahmen gesetzt. Er gab mit seiner Entscheidung, Fruchtwechsel und Nichteinsaat für ein Jahr auszusetzen, die Leitlinien vor.

Angesichts der Tatsache, dass alle anderen EU-Mitgliedsländer und die Mehrheit der Agrarminister der Bundesländer in Richtung der Aussetzung gehen, bleibt Cem Özdemir eigentlich keine andere Wahl. Klar bleibt nach den Ankündigungen Özdemirs, dass der Verzicht auf die ökologisch wichtigen Instrumente auf ein Jahr begrenzt bleibt und bisherige ökologische Vorrangflächen davon unberührt sind. Das reduziert die Aussetzung der Stilllegung auf zwei Prozent der Ackerflächen.

Tatsächlich werden in dieser Diskussion um den Anbau zusätzlichen Weizens jede Menge Nebelkerzen geworfen. Denn es geht mitnichten darum, dass die Welt mehr Weizen benötigt, um die Hungerkrise zu bekämpfen. Es geht nicht um eine Versorgungs-, sondern allein um eine Verteilungskrise.

Zugleich versucht die Lobby verzweifelt, unter dem Vorwand der Hungerkrise von einer ganz anderen Wahrheit abzulenken: Bei uns wandern immer noch 60 Prozent des Getreides nicht auf dem Teller, sondern in den Futtertrog. Weitere 20 Prozent gehen in Tank und Industrie, und nur 20 Prozent der Körner dienen direkt der menschlichen Ernährung.

Das eigentliche Ziel, einen Beitrag zur Verringerung des Hungers der Welt, kann die Absage an Fruchtwechsel und Nichteinsaat also gar nicht erreichen. Stattdessen werden die seit Jahrzehnten bekannten, besorgniserregenden Defizite im Artenschutz weiter zunehmen. Der Verzicht auf die ökologischen Vorgaben ist zudem auf Dauer noch nicht einmal im Interesse der Landwirtschaft selbst, da sich die schwindende Artenvielfalt in Form von immer weiter steigenden Ausgaben für Pestizide und Dünger rächt. Auch davon lenken Bauernverband und Agrarindustrie gerne ab.“

14.07.2022

Zum Start der parlamentarischen Sommerpause in Brüssel: Immer noch keine Klarheit zu den Regelungen für ökologische Maßnahmen und Fruchtfolge ab 2023

Diese Woche startet in Brüssel die parlamentarische Sommerpause. Bezüglich der Presseverlautbarungen, die Kommission wolle verpflichtende Umweltauflagen der Agrarzahlungen ab 2023 weiter lockern, gibt es weiterhin nicht die dringend notwendige Klarheit. Dazu kommentiert Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischem Parlament und Mitglied im Umweltausschuss:

„Es wäre wichtig gewesen, dass vor dem heutigen Start der parlamentarischen Sommerpause Klarheit herrscht bezüglich der Pläne der EU-Kommission für die Auflagen zur verpflichtenden Fruchtfolge (Glöz 7) sowie zur Einrichtung nicht-produktiver Flächen zum Biodiversitätsschutz (Glöz 8). Seit mehreren Wochen geistert die Information durch die Medien, der Agrarkommissar habe beim letzten EU-Agrarrat verlauten lassen, diese für das kommende Jahr aussetzen zu wollen. Grundlage soll eine so genannte Notfallermächtigung sein, die das Europäische Parlament als Ko-Gesetzgeber umgehen würde.

Wir Grüne stellen uns einem weiteren Aufweichen der Regelungen entgegen, denn es wäre nicht zweckdienlich und sogar fachlich kontraproduktiv. Statt ein Aufweichen der wenigen ökologisch sinnvollen und für die langfristige Sicherung der Ernährung wichtigen Aspekte der GAP ab 2023 zu forcieren, erwarte ich von der EU-Kommission mehr Engagement, um ukrainisches Getreide aus dem Land zu bringen und so die Versorgung mit Getreide zu sichern. Auch müssen wir endlich ernsthaft darüber reden, für was wir unsere Getreideernten verwenden wollen. Ich sage deutlich: Wir können nicht weitermachen wie bisher; 60 % des Getreides in den Trog, 20 % in den Tank und nur etwa 20% für die menschliche Ernährung. Das ist kein zukunftsfähiges Agrarmodell und die eigentliche Bedrohung der Ernährungssicherheit der Welt.

Die Chance, vor der Sommerpause mit konkreten Vorschlägen für die angekündigten Änderungen an der GAP an den Agrarausschuss heranzutreten, wurde nun vertan. Genauer wurde das Europäische Parlament noch überhaupt nicht bezüglich dieses Vorhabens kontaktiert. Wir mussten durch die Presse oder Vertreter der Mitgliedstaaten von den Plänen der EU-Kommission erfahren.

Vor zwei Wochen habe ich daher, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen der Grünen Fraktion im Agrarausschuss sowie von S&D, RENEW und der Linken, die EU-Kommission aufgefordert, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Stabilisierung der Agrarsysteme durch die Förderung der Biodiversität ernst zu nehmen und den Willen des Ko-Gesetzgebers zu respektieren. Ein einseitiges Aufknüpfen politischer Einigungen zur Agrarpolitik wäre ein fatales Zeichen. Politische Einigungen sind dann das Papier nicht mehr wert, auf dem sie geschrieben stehen.“

Weitere Informationen:

Den offenen Brief an die EU-Kommission finden Sie hier.

PM vom 1.7.22: Umweltauflagen sind kein Spielball, sie dienen der Ernährungssicherung!

15.06.2022

Ukraine-Krieg und globale Lebensmittelversorgung: Auswirkungen und agrarpolitische Handlungsoptionen

Onlinevorstellung der politischen Studie im Auftrag von Martin Häusling, MdEP & Sarah Wiener, MdEP

Am Mittwoch, 15. Juni von 16.00 - 17.30 Uhr

Anmeldungen hier.

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen die Ukraine ist für die Menschen in der Ukraine eine humanitäre Katastrophe. Neben zahlreichen menschlichen Opfern wurden auch Industrie, Land-wirtschaft sowie die Infrastruktur in erheblichem Umfang zerstört. Der Krieg wirkt sich auch auf die internationalen Agrarmärkte und die globale Versorgungssicherheit aus. Die Ukraine hat sich in den letzten 30 Jahren zu einem wichtigen Lieferanten für bestimmte Agrar-rohstoffe entwickelt und ist damit von großer Bedeutung für die globale Versorgung. Gepaart mit der ohnehin angespannten Versorgungslage auf-grund der fortschreitenden Klima-krise und der COVID-19-Pandemie, sieht sich die Weltwirtschaft nun Versorgungsengpässen und massiven Preissteigerungen bei Agrarrohstoffen gegenüber.

Aktuell leiden weltweit 873 Millionen Menschen an Hunger. Die Ukraine ist für Länder, die sich in einer akuten Ernährungskrise befinden, ein wichtiger Lieferant von Weizen und Mais. Im Jahr 2020 haben 38 dieser Ländern 34 % dieser Getreide aus der Ukraine bezogen. Prof. Dr. Sebastian Lakner, Professor für Agrarökonomie an der Universität Rostock, hat gemeinsam mit Dr. Wilhelm Klümper und Kristina Mensah in einer Studie im Auftrag von Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher (Grüne/EFA) im Europäischen Parlament und Sarah Wiener, Europaabgeordnete und Schattenberichterstatterin für die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, genauer hingeschaut. Diese Studie möchten wir Ihnen am 15.06.2022 in einer Online-Veranstaltung vorstellen und anschließend mit Ihnen und weiteren Expert*innen darüber diskutieren:

Was sind die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die globale Lebensmittelversorgung und welche agrarpolitischen Handlungsoptionen ergeben sich nun?

Programm:

13.05.2022

Studie zum Strukturwandel: Höfesterben ist kein Naturgesetz, sondern Folge verfehlter Politik

Eine aktuelle Studie für den EU-Agrarausschuss belegt erneut, dass der Strukturwandel Millionen von Arbeitsplätzen auf dem Land gekostet hat – und weitere Millionen kosten wird, wenn die Politik nicht eingreift. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, mahnt eine radikal veränderte Subventionspolitik an.

„Führende Vertreter der europäischen Bauernverbände nehmen den eklatanten, nicht enden wollenden Rückgang der Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe schulterzuckend und als eine Art Naturgesetz gedankenlos hin. Das ist schon deshalb irritierend, weil allein zwischen 2003 und 2016 fast ein Drittel der Höfe verschwand. Doch von den verbliebenen rund zehn Millionen Höfen drohen bis 2040 weitere zwei Drittel aufzugeben. So dass nicht einmal mehr vier Millionen übrigbleiben – ein Viertel des heutigen Stands.
Dieser Rückgang wird natürlich gerade in Regionen, die seit jeher schwerer zu bewirtschaften sind, drastische Folgen zeigen. Landwirtschaft wird dort verschwinden. Damit verlieren ganze Regionen weitere Arbeitsmöglichkeiten und die Chance auf regionale Wertschöpfung. Doch die Konsequenzen werden nicht nur in Randlagen zu spüren sein: Die wachsende Konzentration in Gunstlagen wird es dort immer schwieriger machen, Ziele des Arten-, Wasser- und Klimaschutzes adäquat umzusetzen, zumal mit der schrumpfenden Zahl der Unternehmen die Flächengröße erheblich in aller Regel zunimmt.
In der Tat scheint auch die im Auftrag des EU-Agrarausschusses erstellte Studie zur Zukunft des europäischen Agrarmodells diesen Prozess als nur schwer steuerbar darzustellen. Das aber bezieht sich vorwiegend auf die bisherige Gemeinsame Agrarpolitik, legt die Untersuchung nahe.
Denn die in der Studie benannten wesentlichen Gründe für die Begünstigung der Großbetriebe und der intensiven Produktion können durch die Politik korrigiert werden. Wenn die Verfasser meinen, dass magere Gewinnspannen und eine schwache Verhandlungsposition am Markt vielen Betrieben auf Dauer ein Durchhalten vereiteln, dann muss die GAP an dieser Stelle ansetzen. Das bedeutet unter anderem: Wenn die Flächenprämien weiter das zentrale Instrument der EU-Politik bleiben, dann wird die unheilvolle Spirale in Gang gesetzt bleiben, und sie wird weiter angeheizt. Dann kassieren Großbetriebe weiter ungeniert ab – und die Kleinen bekommen Almosen, mit denen sie auf Dauer nicht konkurrenzfähig bleiben.
Statt dem ignorierend weiter zuzusehen, muss die GAP über Instrumente aus der 2.Säule individuellere Zuschnitte in der Förderung erlauben. Es muss möglich sein, kleineren Betrieben effektiver zu helfen, damit sie am Markt bleiben können. Denn es gibt in Europa und auch in Deutschland mannigfach kleinere Höfe, die durchaus existenzfähig sind und dies jeden Tag auch demonstrieren. Auch die Studie verlangt an diesem Punkt, in der GAP „den strategischen Schwerpunkt verstärkt zu verlagern“.

Weitere Informationen:
Link zur Studie “The Future of the European Farming Model: Socio-economic and territorial implications of the decline in the number of farms and farmers in the EU”: https://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document/IPOL_STU(2022)699620

 

 

20.10.2021

Parlament beschließt Farm-to-Fork-Strategie: Kampf gegen Klimawandel und Artenschwund wird Leitfaden für eine andere Agrar- und Ernährungspolitik

Das Europäische Parlament stimmt der Farm-to-Fork-Strategie der EU-Kommission mit deutlicher Mehrheit (452 Dafür-Stimmen, 170 Gegenstimmen und 76 Enthaltungen) zu. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, kommentiert:

„Die erfolgreiche Abstimmung am Dienstagabend markiert einen bedeutsamen Schritt für die Wende in der Landwirtschaft und den Beitrag der Landwirte im Kampf gegen Klimawandel und Artenschwund. Die Kernelemente der Strategie, dem landwirtschaftlichen Teil des europäischen Green Deals, werden nun zum Maßstab: 50 Prozent weniger Pestizide, 25 Prozent weniger Dünger, 50 Prozent weniger Antibiotika und ein Anteil des Öko-Landbaus von 25 Prozent, und das alles bis 2030. Dieser Leitfaden ist so ehrgeizig wie unabweisbar notwendig.
Die klare Botschaft wird von nun an unser politisches und praktisches Handeln begleiten. Der Schritt zu einer umweltverträglichen Landwirtschaft, die Luft, Wasser, Boden schont, die dem fatalen Artenschwund ein Ende bereitet und unsere Gesundheit schützt, wird Standard. Das ist ein gewaltiges Zeichen. Versuche der Agrarindustrie und der mit ihr gemeinsame Sache machenden Bauernverbände, sind damit gescheitert. Ihr Lobbyeinsatz für ein unbeirrtes, gedanken- und respektloses Weiter-so löst sich in Luft auf.
Der Zustimmung des Parlaments muss nun rasch ein konsequentes Handeln der Kommission folgen. Damit ihre eigene Strategie ein Erfolg wird, muss die Kommission so schnell wie möglich ein Gesetz vorlegen, um die Vorgaben umzusetzen. Ich appelliere an die Kommission, den „Turbo“ einzulegen und keine Zeit bei der Realisierung zu verplempern. Denn das Ziel, das Paket bis 2030 umzusetzen, ist ehrgeizig. Es gibt zu ihm aber angesichts der akuten Probleme keine Alternative. Es dürfen also keinesfalls die üblichen zwei Jahre vergehen, bis ein entsprechendes Gesetz auf dem Tisch liegt.
Die Landwirtschaft muss ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Und sie ist nach wie vor einer der Hauptverursacher für Artenschwund und Gewässerverschmutzung, und zwar zuhause in Bächen und Grundwasser und draußen auf See, denn dort landen überschüssige Nitrate und Phosphate und führen zu enormen Umweltproblemen. Wer sich angesichts dieser Lage gegen Veränderung sperrt, der trägt nicht nur Mitschuld an unablässig steigenden Temperaturen, sondern blendet aus, dass ihn als Landwirt diese Folgen höchst selbst treffen werden.“

Das namentliche Abstimmungsergebnis finden Sie hier.

13.10.2021

Farm-to-Fork-Strategie: Agrarindustrie blendet Klimawandel aus und will ein Weiter-so

Als gebe es weder den Klimawandel noch ein Problem mit dem Schutz von Wasser oder Artenvielfalt versucht der europäischer Bauern- und Genossenschaftsverband Copa-Cogeca die Farm-to-Fork-Strategie der EU-Kommission zu torpedieren. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, kommentiert die unverfrorene und rückwärtsgewandte Lobbypolitik des Verbands:

„Copa-Cogeca und die mit der Organisation verstrickte Agrarindustrie wie der deutsche Industrieverband Agrar IVA wollen die Herausforderungen der Zeit einfach nicht verstehen. Wenn diese Lobby nach Monaten des Schweigens nun über gezielte Öffentlichkeitsarbeit und in den Hinterzimmern versucht, in letzter Minute die Farm-to-Fork-Strategie der EU-Kommission zu kippen, dann bedeutet das: Die angebliche Vertretung landwirtschaftlicher Interessen begeht eine Verweigerungshaltung gegenüber der Realität.

Zur Farm-to-Fork-Strategie, dem landwirtschaftlichen Teil des „Green Deals“, gibt es aus meiner Sicht derzeit keine Alternative. Der Klimawandel, der Gesundheits- und der Artenschutz verlangen durchgreifende Veränderungen. Die Strategie der EU liefert dazu erstmals erfolgversprechende Ansätze: 50 Prozent weniger Pestizide, 50 Prozent weniger Dünger, eine radikale Verringerung des Antibiotika-Einsatzes um ebenfalls 50 Prozent - daran führt kein Weg vorbei, wenn wir auch morgen noch in dieser Welt bei gutem Auskommen leben wollen. Deshalb muss das EU-Parlament diese Initiative kommende Woche verabschieden.

Wenn Copa-Cogeca gegen die Ziele der EU opponiert, wie ein Bericht der französischen Tageszeitung Le Monde offenlegt, dann zeigt das nur eines: Man will seine Geschäfte ungestört weiterbetreiben, nach altem Muster, ohne Rücksicht auf die aktuelle Lage. Ignoranter geht es nicht.

Natürlich wird die Ernte etwas geringer ausfallen. Aber im Gegenzug, das hat die Kommission ausrechnen lassen, steigen die Preise. Am Einkommen der Landwirte wird sich also praktisch nichts ändern. Und trotzdem werden alle satt.

Die Landwirtschaft muss ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Und sie ist nach wie vor einer der Hauptverursacher für Artenschwund und Gewässerverschmutzung, und zwar zuhause in Bächen und Grundwasser und draußen auf See, denn dort landen überschüssige Nitrate und Phosphate und führen zu enormen Umweltproblemen. Wer sich angesichts dieser Lage gegen Veränderung sperrt, der trägt nicht nur Mitschuld an unablässig steigenden Temperaturen, sondern blendet aus, dass ihn als Landwirt diese Folgen höchst selbst treffen werden.“

 

Le Monde 12.10.2021: L’intense lobbying de l’agro-industrie contre « Farm to Fork », le volet agricole du Pacte vert européen

CEO: Leak - industrial farm lobbies’ coordinated attack on Farm to Fork targets

ARC2000 07.10.2021: The EU finally has the makings of a sustainable food policy – why is it under attack?

11.10.2021

Rede zur JRC-Studie zur Farm to Fork Strategie im EU-Agrarausschuss 11.10.21

211011 pic AGRI JRC study

Die Studie es JRC zur Farm to Fork Strategie ist deutlich differenzierter als von vielen ökonomisch fixierten Untergangsprofeten herausgelesen. Bei Berücksichtigung möglicher positiver Auswirkungen, wie der Reduktion von Lebensmittelabfällen, der Änderung des Fleischkonsums und dem Erhalt von Ökosystemdienstleistungen sieht die Gesamtbilanz durchaus positiv aus. Allerdings vielleicht nicht für die Düngemittel- und Pestizidindustrie.....
10.07.2020

Zur Zukunftskommission Landwirtschaft: Wir brauchen Taten gegen den Artenschwund JETZT– und kein weiteres Verzögern und Zerreden

In der Einrichtung der Zukunftskommission Landwirtschaft durch das Bundeslandwirtschaftsministerium sieht Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, ein überflüssiges Instrument und eine gefährliche Verzögerung der Lösung akuter Probleme:

„Die Fakten zum Zustand der Natur in der Agrarlandschaft, zu der Krise auf den Höfen und zum wirtschaftlichen Druck, unter dem Landwirte stehen, zu den drängenden Fragen beim Tierwohl – all das liegt seit langem auf dem Tisch. Selbst die Lösungen zum Beenden dieses Desasters sind gefunden und werden, und darauf verweise ich gerne, im Ökolandbau in zentralen Feldern vorgelebt. Alles ist bekannt. Auch bundeseigene Institute und von der Bundesregierung berufene Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren immer wieder mehr als deutlich und plausibel genug die Unzulänglichkeiten und Lücken der deutschen sowie der europäischen Agrarpolitik offengelegt. Wozu dann noch eine weitere Kommission?
Die Zukunftskommission Landwirtschaft wird die unverzüglich einzuleitenden Gegenmaßnahmen um mindestens ein weiteres Jahr verzögern. Ob Farm to Fork oder die EU-Biodiversitätsstrategie: Wir brauchen sofort wirksame Instrumente, um den verheerenden Artenschwund sowie die Verschmutzung des Wassers und der Luft zu stoppen.
In diesem Sinne erwarte ich gerade von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, wenn sie im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der kommenden Woche ins Europäische Parlament kommt, klare Antworten – und keinen Verweis auf die Ergebnisse einer wie auch immer gearteten Arbeit einer Landwirtschaftskommission. Denn das hieße nur eine weitere Verschleppung der sattsam bekannten Probleme.
Als geradezu irritierend wirkt zudem, dass ausgerechnet der Industrieverband Agrar (IVA) ebenfalls Mitglied der Kommission werden soll. Dieser Verband, dessen Mitglieder aus der Chemieindustrie zu den Hauptverantwortlichen des Desasters auf den Feldern gehören, verbreitet mit seiner Feld-Kampagne „Schau ins Feld“ kompletten Unsinn und verunglimpft Ökobauern. Wer mit Tafeln wie „Ernte in Gefahr“ und so genannten „Nullparzellen“ Zerrbilder und Halbwahrheiten verbreitet, kann nicht ernsthaft Mitglied einer Arbeitsgruppe werden, die Fragen der Landwirtschaft der Zukunft beantworten soll. Er hat sich selbst diskreditiert und bewiesen, dass er zu einem Umdenken nicht fähig hat.“

 

05.06.2020

Biodiversitätsbericht des Europäischen Rechnungshofs demontiert EU-Agrarpolitik: Schallende Ohrfeige für das bestehende Agrarmodell!

Die von der EU finanzierte Agrarpolitik stoppt den Artenschwund nicht, sondern verschärft ihn weiter, bilanziert der Europäische Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Biodiversität und Landwirtschaft“. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied des Umweltausschusses, kommentiert:

„Desaströser hätte der Zustandsbericht des Europäischen Rechnungshofes kaum ausfallen können. Die intensive Landwirtschaft zerstört Biodiversität auf den Feldern und Wiesen. Sie ist zugleich die Hauptgefahrenquelle für den Artenschwund auch in Natura-2000-Gebieten, in denen ebenfalls die Biodiversität zurückgeht.
Der Rechnungshof kritisiert vor allem, dass die Biodiversitätsstrategie der EU unzureichend mit der Agrarpolitik abgestimmt ist und dass die dafür eingeplanten Gelder ihr Ziel verfehlen. Damit ist klar, dass Lobbyinteressen die seit Jahrzehnten versprochene, aber nie verwirklichte Umkehr beim Artenschwund verhinderten. Denn wenn, wie vom Hof kritisiert, die Länder im Zweifel zu den weniger Artenschutz-wirksamen Programmen greifen, dann belegt auch dies den Kniefall vor der Agrarindustrie.
Die zugleich beobachtete Stagnation der Vogelpopulationen in Wäldern zeigt, dass die aktuellen Methoden der Landwirtschaft Hauptfaktor für diesen katastrophalen Rückgang der Artenvielfalt sind. Diese Beobachtung zeigt ebenfalls, dass ein sorgsamerer Umgang mit der Natur wenigstens den Rückgang aufhalten kann. Für eine Umkehr freilich bedarf es weit größerer Anstrengungen.
Ich verlange daher, dass die Kommission endlich in die Verhandlungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eingreift. Sie muss nach der Vorlage der eigenen Biodiversitätsstrategie und der Farm-to-Fork-Strategie bekennen, ob ihre Ideen mehr wert sind, als das Papier auf dem die Strategien geschrieben stehen.
Es darf nicht sein, dass durch die Verhandlungen zur kommenden GAP das Grünland noch stärker zurückgehen darf als in der jetzigen GAP.
Wir sehen in den Vorschlängen der Kommission und erst recht wenn es nach der Mehrheit der Konservativen und Liberalen im EP geht, dass die Biodiversität ins Belieben der Mitgliedstaaten gestellt wird. Die Anforderungen an jeden einzelnen Landwirt werden nach den konkreten Ideen der Mehrheit der Parteien im EU-Parlament nur minimal ausfallen.
Den Angaben der Kommission zufolge beliefen sich die Mittelzuweisungen für den Schutz der biologischen Vielfalt im Zeitraum 2014-2020 auf 8,1 Prozent des EU-Haushalts (86 Milliarden Euro), davon kommen 68 Milliarden Euro aus der GAP: In der Förderperiode 2014-2020 werden aber alleine 300 Milliarden Euro für die Direktbeihilfen an die Landwirte einkalkuliert. Wir Grüne fordern, dass die EU-Förderungen nur noch dann gezahlt werden darf, wenn die Zahlungen an Nachhaltigkeitskriterien im Sinne der Biodiversität und Umwelt sowie des Klima- und Tierschutzes gebunden werden.“

Sonderbericht und die Pressemitteilung des Europäischen Rechnungshofes in 23 EU-Sprachen: https://www.eca.europa.eu/de/Pages/DocItem.aspx?did=53892

28.05.2020

Zum EU-Kommissionsvorschlag zum neuen Agrarbudget: Die Umsetzung von Farm to Fork und der Biodiversitätsstrategie braucht eine stärkere Finanzierung

Mit dem gestern präsentierten Finanzrahmen und Corona-Aufbaufond der EU, wird ein große Menge Geld in die Hand genommen – zu wenig aber für die Green-Deal Ambitionen der EU, meint Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss:

„Dass mit diesem Vorschlag der EU-Kommission kräftig in Europa investiert wird, ist zunächst einmal positiv zu bewerten. Im Gegensatz zum ursprünglichen Kommissionvorschlag wurden die Mittel der ländlichen Entwicklung und Agrar- und Umweltmaßnahmen mit weiteren 15 Milliarden zur Umsetzung der Farm to Fork und Biodiversitätsstrategie ausgestattet, fallen damit jedoch trotzdem geringer aus als in der Periode 2014-2020. Angesichts des Ambitionsniveaus von Farm to Fork &Co. ist diese Finanzierung also eher enttäuschend. Denn der Löwenanteil wird weiterhin für die Hektar-basierten Zahlungen ausgegeben, die sich ja nachweislich als kontraproduktiv für die Zielvorgaben des Green Deals erwiesen haben. Getreu dem Prinzip öffentliches Geld für öffentliche Leistungen müssen alle Agrarsubventionen an ökologische Kriterien gebunden werden, denn ansonsten werden die Mittel für Ökolandbau, Umweltmaßnahmen und ländlichen Raum lange Zeit nicht mehr, als nur eine Schadensbegrenzung für die anderen fehlgeleiteten Mittel darstellen. Die langfristigen Ziele wie der Ausbau des Ökolandbaus auf 25% und die Erreichung der Biodiversitätsziele, sind mit diesem mageren Finanzierungmodell jedenfalls nicht zu erreichen.
Im Rahmen der Agrarministerkonferenz am heutigen Donnerstag appelliere ich auch noch einmal an die Verantwortung Deutschlands, sich in der Ratspräsidentschaft für eine Umwelt- und Agrarpolitik im Sinne der Farm to Fork- und Biodiversitätsstrategie einzusetzen.“

 

03.02.2020

Supermarktgipfel: Endlich intervenieren, statt ewig fruchtlos zu appellieren!

Bundesregierung und Bundeskartellamt offenbaren gegenüber den Lebensmittelkonzernen eine komplette Handlungsunfähigkeit: Den jahrelangen fruchtlosen Appellen müssen jetzt endlich Taten gegen die marktbeherrschenden Supermarktketten folgen, verlangt Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, zum heutigen Supermarktgipfel im Kanzleramt:

„Was ist das für eine Bundesregierung, die seit Jahren nichts weiter tut, als an Supermarktketten zu appellieren, statt angesichts erpresserischer Methoden zu intervenieren? Was soll die Warnung des Präsidenten des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, wenn er brav die Handelskonzerne bittet, die Lebensmittelerzeuger nicht zu sehr unter Druck zu setzen? Mit seinen Äußerungen, die Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels dürften „ihre Macht nicht dazu missbrauchen, die Konditionen einseitig zulasten der Erzeuger und Produzenten festzusetzen“, wiederholt Mundt doch nur, was gerade ihm seit Jahren sattsam bekannt ist. Warum intervenierte seine Behörde nicht längst und schaut seit Jahr und Tag tatenlos zu?
Eine Handhabe hätte das Kartellamt allemal: Es ist gesetzlich verboten, Lebensmittel unter Gestehungspreis zu verkaufen. Das aber geschieht mit wertvollen Lebensmitteln täglich! Und zwar ohne, dass das Kartellamt eingreift! Schauen die Kartellwächter einfach nur zu, wie Landwirten das Wasser bis zum Hals steht, statt mal den Gründen nachzugehen? Hier versagt die Aufsichtsbehörde. Zudem haben die vier großen Konzerne Edeka, Aldi, Lidl und Rewe angesichts einer Marktmacht von 85 Prozent längst die Schwelle des Erträglichen und Hinnehmbaren überschritten. Auch das kann doch den Kartellbehörden nicht verborgen bleiben. Wo bleibt die Aktion des Amts – und der Regierung?
An anderer Stelle war das Kartellamt sehr eilfertig und sofort bereit, Bußgelder zu verhängen: Ich erinnere an 2008, als die Milchbauern zum Milchstreik aufriefen. Damals schritt das Kartellamt prompt ein und verlangte, wegen Aufrufs gegen das Boykottverbot den Streik zu stoppen. Zudem ist es Milchbauern europaweit verboten, mehr als 15 Prozent ihrer Milchmenge zu bündeln und gemeinsam zu vermarkten. Ich aber frage: Was sind 15 Prozent gegen die Übermacht von 85 Prozent der dominierenden Supermärkte?“

05.11.2019

Weitere Mahnung der Naturwissenschaft: Nur eine ernsthafte Agrarwende kann den Artenschwund stoppen!

Die Forderung einer Gruppe renommierter europäischer Wissenschaftsorganisationen mit einem offenen Briefnach einer grundlegenden und zugleich raschen EU-Agrarreform findet bei Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, ungeteilte Unterstützung:

„Ich appelliere an Parlament, Mitgliedsstaaten und Kommission, die dramatischen Erkenntnisse nicht länger zu ignorieren. Es darf kein Weiterso mehr geben, wir dürfen uns nicht vor diesem riesigen Problem, das gleichrangig neben dem Klimawandel steht, wegducken.
Die Forderung der wissenschaftlich agierenden Organisationen unter anderem aus Vogel- und Insektenkunde nach einer fundamentalen Agrarreform ist völlig berechtigt und entspricht dem, wonach wir Grünen seit langem streben und daher fordern: eine europäische Agrarpolitik, die den Artenschwund bei Vögeln, Insekten, Reptilien, Amphibien und Säugetieren aufhält und den natürlichen Populationen wieder mehr Raum gibt. Es ist leider unstrittig, dass durch die industriellen Agrarpraktiken verschiedene Populationen an einen kritischen Punkt angelangt sind, an dem es schnell zum Aussterben verschiedener, an die Agrarlandschaft angepasster Arten kommen kann.
Die Wissenschaftler beklagen zu Recht, dass die bisherige Agrarpolitik der EU maßgeblich zum Verlust der Biodiversität beitrug und nicht verhinderte, dass durch eine wachsende Intensivierung die Erzeugung der Lebensmittel mehr und mehr mit agrarindustriellen Methoden erfolgt.
Diesen unheilvollen Prozess müssen wir stoppen, in dem es Subventionen aus der EU-Kasse nur noch für solche Landbaupraktiken gibt, die unsere Artenvielfalt nicht weiter dezimiert, sondern im Gegenteil, sie schützt und wieder aufbaut. Dazu erwarten wir Grüne, dass mit der zur Zeit debattierten Reform Eckpfähle für eine Agrarwende geschaffen werden.“

Link zum open letter

 

23.10.2019

EU-Mercosur-Abkommen: „Kuh-Handel“ zu Lasten der Umwelt und der bäuerlichen Landwirtschaft

2019 10 22 ila EU Mercosur FreihandelDr. Andrea Beste und Martin Häusling (2019),

Wenn Ideologie die Frage nach dem Sinn verstellt

 

in: ila - Das Lateinamerika Magazin, Ausgabe 429 (Okt 2019), Seite 21ff.
- Hrsg. Informationsstelle Lateinamerikavom, Bonn.

 

"Dinge um die Welt zu schippern – oder gar zu fliegen –, die auch am Zielort produziert werden können, widerspricht sämtlichen Erkenntnissen von Effizienz, Kreislaufdenken und Nachhaltigkeit."

02.04.2019

Abstimmung der GAP: Totalschaden dank „unheiliger Allianz“ zugunsten der Agrarindustrie

Bei der Abstimmung zur Reform der Europäischen Agrarpolitik (GAP) haben sich im Agrarausschuss des Europaparlaments (EP) die ewig Gestrigen mit einer rückwärtsgewandten Haltung der reinen Besitzstandswahrung durchgesetzt. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umwelt- und Gesundheitsausschuss, kommentiert empört:

190403 votes CAP  Wir Grüne im EP lehnen nicht nur diese rückständige und völlig ignorante Positionierung ab, sondern sind auch schockiert darüber, dass sich im Agrarausschuss kein Widerstand dagegen regt!
Wir Grüne haben uns bemüht, zusammen mit den Linken im Parlament, alternative Kompromisse vorzulegen, doch die Konservativen waren in einer unheiligen Allianz mit den Liberalen entgegen dem üblichen Verhalten im Parlament, nicht zu Kompromissen bereit. Die S&D zündete, wie so oft, ein paar Fortschrittsnebelkerzen und machte dann ebenfalls gute Miene zu diesem hässlichen Spiel. In Deutschland die Umweltfahne hissen und auf EU-Ebene bis unter die Grasnarbe einsinken - zukunftsfähige Politik

20.03.2019

Agrarreform als Trauerspiel: Konservative blenden Klima- und Naturschutz komplett aus

Die konservative Mehrheit im Europäischen Parlament blockiert nach Kräften eine zeitgemäße, auf Klimawandel und Erhalt der Artenvielfalt fokussierte Agrarreform. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umwelt- und Gesundheitsausschuss, kommentiert den Abschluss der erfolglosen Gespräche der Fraktionen über die Vorschläge der EU-Kommission:

„Wir sind entsetzt, dass eine konservative Mehrheit im Parlament eine derart rückwärts gewandt Agrarpolitik zu betreiben versucht. Die Konservativen blenden die Notwendigkeiten, wie sie durch den Klimawandel und die schwindende Artenvielfalt unübersehbar gesetzt sind, völlig aus. Statt Zeichen zu setzen, um die akuten Umweltprobleme zu lösen, gilt für sie das Motto: Viel Geld für Landwirte, ohne nennenswerte Gegenleistung für die Gesellschaft erbringen zu müssen.
Eine solche Politik missbraucht Boden, Wasser und Natur für eine agrarindustrielle Produktion, die nur wenigen Großagrariern und Konzernen zugute kommt und die auf eine Billigerzeugung für den Weltmarkt abstellt.
Wer behauptet, wie in den Gesprächen geschehen, Landwirtschaft sei per se Klimaschutz, der muss sich vorwerfen lassen, weder von Landwirtschaft noch von Klimaschutz den Hauch eine Ahnung zu haben. Der noch im Kommissionsentwurf vorgesehene Anteil von 40 Prozent der Zahlungen, die an Klimaschutz gebunden sein sollten, wurde von den Konservativen sogar ersatzlos gestrichen.
Während wir Grüne verlangt haben, 50 Prozent der Ausgaben an die Einhaltung von Umweltleistungen („eco-schemes“) zu binden, haben die Konservativen diesen Anteil auf 20 Prozent gekappt. Und die sollen obendrein freiwillig sein, dass heißt, kein Landwirt muss diese Bindung akzeptieren.
Wer so Politik betreibt, blamiert sich, denn er fällt in alte Zeiten zurück und ignoriert die Herausforderung der heutigen Zeit. Es ist traurig, was wir hier in den Gesprächen erleben mussten.“

14.02.2019

GAP-Reform: Umweltausschuss will grünere Landwirtschaftspolitik

Die Abgeordneten des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments stimmten heute über die Reform der Europäischen Landwirtschaftspolitik ab und fordern eine deutlich grünere Politik, als die Europäische Kommission sie vorschlägt
Martin Häusling, Schattenberichterstatter der Grünen/EFA-Fraktion im Landwirtschaftsausschuss für den Verordnungsvorschlag zu den so genannten „strategischen Plänen" der EU-Mitgliedstaaten und stellvertretendes Mitglied im Umweltausschuss, kommentiert:

„Die Abgeordneten des Umweltausschusses wollen eine deutlich grünere Gemeinsame Europäische Landwirtschaftspolitik. Eine nachhaltige europäische Landwirtschaftspolitik muss die Landwirte belohnen, die Artenvielfalt, Klima und Böden schützen. Der Umweltausschuss sagt nein zu einer Landwirtschaftspolitik, die blind nach Größe bezahlt, die Ausbeutung der Böden fördert und die Umwelt zerstört. Die Abgeordneten des Landwirtschaftsausschusses sind aufgefordert, bei ihrer Abstimmung über die Reform der Europäischen Landwirtschaftspolitik nicht vor den Wünschen der Agroindustrie einzuknicken.“

Die Stellungnahme des Umweltausschusses zur GAP-Reform:

Die Ziele, die die EU-Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ihrer strategischen Pläne für die Gemeinsame Europäische Landwirtschaftspolitik erreichen müssen, wurden erheblich verstärkt:

  • Die Erzeugung von Biokraftstoffen wurde als Ziel gestrichen
  • Schwerpunkt Bodenqualität
  • Reduzierung von Pestiziden
  • Eindämmung des Verlusts der Artenvielfalt

Verbesserte und zusätzliche Indikatoren zur Messung der Zielerreichung:

  • Schutz der Böden, mehr lokale Produktion, weniger Pestizide, Bindung von Tierhaltung Fläche

Strengere und verbesserte Konditionalität, die für alle Landwirte gilt:

  • Schutz von Dauergrünland
  • Vorgeschriebene Brache von sieben Prozent
  • Mindestens vierjährige Fruchtfolge einschließlich Leguminosen

Geld für Umwelt und Klima:

  • Umweltausschuss will Bindung von mindestens 40 Prozent an Umweltzwecke im Rahmen der ländlichen Entwicklung, mindestens 30 Prozent für Ökosysteme
06.02.2019

Martin zur Gemeinsamen Agrarpolitk

2019 02 05 Martin zur GAP Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) vor der Re-Nationalisierung? Statt gemeinsam Klima- und Umweltschutz voranzutreiben, setzt die EU-Kommission auf Geschwindigkeit und drückt bei der GAP auf die fast leere Tube. Denn viel Neues kommt da nicht. Stattdessen dürfen die 27 Mitgliedstaaten sich einen Unterbietungswettbewerb in Sachen Klima-, Umwelt- und Tierschutz bieten. Wir sollten die Europa-Wahlen ernstnehmen und die Menschen in Europa auch über die gemeinsame Agrar-, Umwelt und Klimapolitik entscheiden lassen – am 26. Mai 2019

06.02.2019

Klöckners Tierwohllabel: Wir brauchen EU-weite Vorgaben statt Pseudo-Kennzeichnung

Die Vorstellung der Kriterien des staatlichen Tierwohllabels durch Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner kommentiert Martin Häusling, Agrarkoordinator der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss:

„Was Frau Klöckner heute vorgestellt hat, ist weniger als ein halbherziger Versuch in Deutschland endlich auf einheitliche Standards beim Tierwohl zu setzen. Mit der Freiwilligkeit des Labels und der Beschränkung auf Schweinehaltung wird nichts Ganzes und nichts Halbes umgesetzt. Der Marktanteil der gekennzeichneten Produkte wird sich voraussichtlich auf lediglich 20-30% der Schweinehaltung beschränken. Außerdem bringt die erste Stufe des Labels kaum Verbesserungen mit sich: Schwänze werden weiterhin kupiert, der Platz im Stall wird um lächerliche 0,2 Quadratmeter vergrößert und der Kastenstand wird ebenfalls nicht abgeschafft. Es stellt sich einem die Frage, was hiermit überhaupt erreicht werden soll.
Wenn man ein bisschen mehr Weitsicht walten lässt, würde man erkennen, dass die einzig wirksame Lösung für Tierwohl im Sinne des Verbrauchers eine einheitliche europäische gesetzliche Regelung zum Tierwohl darstellt. Die Abschaffung der Käfighaltung auf EU-Ebene gibt hier ein gutes Beispiel dafür, dass ein eng vernetzter europäischer Binnenmarkt auch europäische Lösungen verlangt.
Mit einem freiwilligen Tierwohllabel wälzt die Regierung mal wieder das auf den Verbraucher ab, was eigentlich Verantwortung des Staates wäre: Tiergerecht und verantwortungsvoll produzierte Lebensmittel für die Bürgerinnen und Bürger zu sichern.“

Mehr Info zu den Kriterien: https://www.bmel.de/DE/Tier/Tierwohl/_texte/Einfuehrung-Tierwohllabel.html