Grüne Europagruppe Grüne EFA

Über den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung und die Zunahme von resistenten Bakterien

Juni 2013 - Eine Studie im Auftrag von Martin Häusling, MEP
Autor: Kathrin Birkel

„In den letzten Jahren ist es in Europa zu einem explosionsartigen Anstieg resistenter Mikroorganismen gekommen, die in der Humanmedizin nicht mehr durch eine Antibiotika-Therapie behandelbar sind. Eine der Hauptursachen ist der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Tiermast. Dieser Entwicklung muss dringend und konsequent etwas entgegengesetzt werden. In der Tierhaltung werden in Deutschland mehr als doppelt so viel Antibiotika eingesetzt – nämlich über 1700 Tonnen, wie im gesamten Humanbereich (hier sind es 800 Tonnen). Das fördert massiv die Entwicklung von Resistenzen. Wer sich nicht für einen deutlich stärkeren Rückgang des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung einsetzt, nimmt fahrlässig eine Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung in Kauf.
Unabhängig von der Ausgestaltung der Antibiotika-Politik in den einzelnen Mitgliedstaaten brauchen wir hier ein gesamteuropäisches Vorgehen. Die von mir in Auftrag gegebene Studie zeigt: Wenn eine Mehrzahl der Mitgliedstaaten das Antibiotika-Problem weiterhin negiert, gelangen durch den ausgeprägten europaweiten Nutztierhandel multiresistente Keime auch in Länder, die den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung restriktiv handhaben. Ein koordiniertes Vorgehen ist also nötig, um eine Aussicht darauf zu haben, den Kampf gegen resistente Bakterien gewinnen zu können."

Bei der Bekämpfung des zu hohen Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung hinkt Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hinterher – trotz der gravierenden Risiken, die resistente Bakterien für VerbraucherInnen und vor allem PatientInnen haben können. Wie die Autorin der Studie, Dr. Kathrin Birkel, erläutert, haben Fleisch produzierende Länder wie Dänemark oder die Niederlande in den letzten Jahren mit teils ehrgeizigen Maßnahmen auf die Gefahren reagiert, die der leichtfertige Umgang mit Antibiotika mit sich bringt:

„Die Niederlande haben die Verkaufszahlen für Antibiotika im Tierbereich innerhalb von drei Jahren um 50 Prozent reduziert. Dänemark hat ein strenges Kontrollsystem eingeführt, bei dem Betriebe mit auffälligem Antibiotika-Gebrauch die gelbe oder rote Karte erhalten und dementsprechend bestraft werden. In diesen Ländern hat Verbraucherschutz anscheinend  Vorrang vor Wirtschaftsinteressen - anders als in Deutschland.“

In Deutschland soll seit mehr als einem Jahr das Arzneimittelgesetz geändert werden. Eine zahnlose Vorlage von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner lehnte der Bundesrat ab, eine Einigung im Vermittlungsausschuss steht noch aus. Das Zögern und Zaudern der Bundesregierung sei der Lage völlig unangemessen, sagt Birkel: „Der übermäßige Antibiotika-Einsatz in den Zucht- und Mastbetrieben trägt zur Entwicklung resistenter Keime bei. Die Weltgesundheitsorganisation warnt vor einem Zeitalter, in dem Antibiotika gegen Bakterien nichts mehr ausrichten können. Die Regierung steht hier in der Verantwortung. Sie muss den Antibiotika-Verbrauch in der Landwirtschaft so eindämmen, dass die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen nicht aufs Spiel gesetzt wird.“ Die Förderung einer besonders tiergerechten Haltung sei dabei Grundvoraussetzung, so die Autorin.

Martin Häusling stellt daher folgende Forderungen auf:
1 Beschluss einer europaweiten, für alle Mitgliedstaaten verbindlichen Strategie und eines Maßnahmenpakets zur Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung.
2 Reduktion des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung bis zum Jahr 2018 um 50 Prozent gegenüber dem Niveau von 2012.
3 Neudefinition europaweiter, eindeutiger und umfassender Standards einer tiergerechten Haltung. EU-Subventionen werden zukünftig an deren Einhaltung und eine verpflichtende Betriebsberatung für tierhaltende Betriebe gebunden.
4 Neudefinition von Züchtungszielen - weg von anfälligen „Hochleistungstieren“ und Rückbesinnung auf widerstandsfähige Tierrassen.
5 Verbot des Einsatzes von der WHO als für den Menschen besonders wichtig eingestufter „Notfall-Antibiotika“ (Reserve-Antibiotika) in der Tiermedizin.
6 Überprüfung der Trennung von Verschreibung und Verkauf von Antibiotika durch den Tierarzt (Dispensierrecht) in der Nutztierhaltung. Kein Mengenrabatt auf verschriebene Antibiotika.
7 Verbot der systematischen Prophylaxe, Metaphylaxe (Vorbeugung in Gruppenhaltungen) sowie des Einsatzes von Antibiotika in unter therapeutischen Dosen liegenden Mengen.
8 Erfassung aller Antibiotika-Einsätze in der Tierhaltung in einer zentralen Datenbank: Eine EU-weiten elektronische Datenbank muss Behörden einen Überblick über alle verkauften und verabreichten Antibiotika (aufgeschlüsselt nach Betrieb, Präparat, Tier, Tagesdosis und Behandlungsdauer) verschaffen, um einen Abgleich von verkauften und eingesetzten Mitteln und frühzeitige Reaktion auf Fehlentwicklungen und neue Antibiotika-Resistenzen zu ermöglichen.
9 Öffentliche Bekanntgabe von Betrieben und Personen, die wiederholt gegen Auflagen verstoßen.
10 Rote Karte für Antibiotika-Missbrauch: Einführung des „Yellow-(Red-)Card“-Prinzips, mit dem Behörden unverhältnismäßige Antibiotika-Gaben kontrollieren und sanktionieren können.
11 Hinreichende EU-weite gleiche Sanktionsmöglichkeiten, die das Risiko weitere Resistenzen wirksam verhindern können. Im Extremfall müssen Behörden Betriebslizenzen entziehen können.
12 Verbreitung von Resistenzen senken: Systematische Erfassung und Markierung von Betrieben und Regionen mit ähnlichen Resistenzen, verbunden mit der Möglichkeit zur Einschränkung des Austausches von Tierbeständen zwischen Betrieben.

Studie zum Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung, 2015
Birkel K. 2013: Masse statt Klasse. Eine Haltung, die krank macht. Über den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung und die Zunahme von resistenten Bakterien.
Aktualisierte Auflage 2015
http://www.martin-haeusling.eu/images/BroschuereAntibiotika_Neu2015_WEB.pdf

Studie zum Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung, 2013
Birkel K. 2013: Masse statt Klasse. Eine Haltung, die krank macht. Über den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung und die Zunahme von resistenten Bakterien.
http://www.martin-haeusling.eu/images/publikationen/130622_BroschuereAntibiotika_END.pdf

Diese Studie entstand anlässlich des Berichtes des Europäischen Parlaments zum Kampf gegen Antibiotikaresistenzen für den Martin Häusling Berichterstatter einer Stellungnahme (Opinion) im COMAGRI war.



Publikation

Studienvorstellung und Diskussion fand am 10. März statt Titel wasser

Studie finden Sie hier und zum Video der aufgezeichneten Podiumsdiskussion finden sie hier

Wasser ist Leben.


Durch unseren leichtfertigen Umgang mit Schadstoffen, die in unser Wasser gelangen, setzen wir zunehmend unsere Lebensgrundlagen aufs Spiel - hervorragenden Instrumenten wie der Wasserrahmenrichtlinie zum Trotz.

In der Studienvorstellung und Diskussion richten wir den Fokus auf stoffliche Einträge ins Wasser und erörtern, woran es liegt, dass sich die Mehrzahl der Oberflächengewässer Europas in einem schlechten Zustand befinden.  Und wir wollen konstruktiv anregen, wie es besser gehen kann – ja, besser gehen muss, denn: ohne Wasser kein Leben.

Impulse von:

Martin Häusling Mitglied des Europäischen Parlaments: ‚Trinkwasser opfern für Ertragsmaximierung – das geht anders!‘

Sebastian Schönauer Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND: ‚Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf‘

Ilka Dege Agrar- und Naturschutzexpertin: ‚Warum Deutschland Gefahr läuft, die Einhaltung der EU-Nitratrichtlinie weiterhin zu verfehlen‘

Dr. Arnt Baer und Ulrich PeterwiSharePic Wasser03tz Gelsenwasser: ‚Perspektive der Wasserwirtschaft‘

Moderation: Dr. Andrea Beste Büro für Bodenschutz und Ökologische Agrarkultur

181019 Titel Klima

Nominiert für den Salus Medienpreis 2019!

Vom Mythos der klimasmarten Landwirtschaft – oder warum weniger vom Schlechten nicht gut ist

--> Download der Studie

--> English Version available

 

Die Studie wurde am 19. Oktober 2018 in Berlin präsentiert.

Inhalt: In Zeiten, wo Niederschläge ausbleiben und Ernteerträge einbrechen, ist nicht nur die Frage nach einer klimaverträglichen Landwirtschaft sondern auch die nach einer Klimaanpassung der Landwirtschaft aktueller denn je. Die Studie "Vom Mythos der klimasmarten Landwirtschaft -  oder warum weniger vom Schlechten nicht gut ist" zeigt auf, warum das System der sogenannten „modernem“ Intensivlandwirtschaft eher Klimaschädlich als klimasmart ist und warum ein paar Korrekturen mittels Big Data, Präzisionslandwirtschaft und Leistungssteigerung per Hektar oder Kuh daran nicht viel ändern werden.

Wie Ackerbau und Tierhaltung wirklich „klimasmart“ gestaltet werden können, warum man dafür Rinder nicht verteufeln darf und wie man landwirtschaftliche Systeme „resilient“ macht, damit sie Extremwetterlagen möglichst lange  ausgleichen können, das zeigen Dr. Andrea Beste und Dr. Anita Idel in dieser Studie.

 

Studien-Autorinnen

Dr. Andrea Beste, Diplomgeografin und Agrarwissenschaftlerin. Co-Autorin des von BUND und Böll-Stiftung publizierten „Bodenatlas“.

Dr. Anita Idel, Mediatorin (MAB) und Tierärztin, Projektmanagement Tiergesundheit & Agrobiodiversität. Co-Autorin des Weltagrarberichtes.

180918 biodiv3 Am 18. September fand im Museum Wiesbaden die Präsentation der aktualisierten und überarbeiteten Studie (3. Auflage) statt. 

Im Fokus der Präsentation der erneut aktualisierten und überarbeiteten Studie (3. Auflage) am 18. September im Museum Wiesbaden stellte Autor Stephan Börnecke die neusten Erkenntnisse zum anhaltenden Schwund der Agrarvögel, die weiter unzureichende nationale wie europäische Biodiversitätspolitik sowie die Lage nach dem EU-Verbot für drei der fünf zugelassenen Insektizide aus der Stoffklasse der Neonikotinoide vor. So unterlaufen verschiedene EU-Staaten das Verbot mit Notfallgenehmigungen. Zudem kommen nach und nach andere Gifte auf die Äcker, die ebenfalls systemisch,

Güllehänger

Die neue Düngeverordnung reicht nicht aus
Die Nitratwerte im Grundwasser übersteigen die Grenzwerte und Deutschland verstößt gegen gültiges Unions-Recht.

Mein Gastkommentar zeigt auf, warum auch die neue Düngeverordnung nicht ausreicht.

Weiterlesen im Weserkurier vom 16.07.2018

180119 VA PestizideDie Studie untermauert, dass wir einen klaren Ausstiegsplan, raus aus der Pestizid-getriebenen Landwirtschaft brauchen. Dabei muss der erste Schritt das Verbot von Glyphosat und der Neonikotinoide sein, gefolgt von einem konsequenten Ausstieg aus dieser artenzerstörenden und gesundheitsgefährdenden Produktion. Begleitet werden muss dieser Prozess von der Änderung der Genehmigungspraxis in der EU, der Unterstützung der wirtschaftsunabhängigen Forschung für eine pestizidfreie Landwirtschaft und indem die EU langfristig mit Fördergeldern nur noch eine chemiefreie Produktion unterstützt.

Download der Studie

170707 Biodiv editDie moderne Landwirtschaft provoziert eine unheimliche Artenerosion – und die Politik schaut weg. Dabei ist die Frage, ob die Erde vor einem massenhaften Aussterben von Tier- und Pflanzenarten steht, keineswegs absurd. Fünf Mal gab es das in der Erdgeschichte bisher. Droht nun die sechste Katastrophe? Doch anders als früher sind es keine natürlichen Faktoren, die den erwarteten Schub auslösen, sondern der Mensch wird für diesen Kollaps verantwortlich sein.
In fast allen Fällen, wenn es um Verluste von Lebensräumen, von Arten, vor allem von Artendichte und Individuenzahlen, um Artenerosion geht, hat die konventionelle Landwirtschaft etwas damit zu tun. „Moderne“ Techniken,

Positionspapier

Titelbild Artenvielfalt statt Sojowahn

DER EIWEISSMANGEL IN DER EU: Wie lässt sich das seit langem bestehende Problem lösen?

Autorinnen: Andrea Beste & Runa Boeddinghaus
September 2011 - Eine Studie Im Auftrag Von Martin Häusling, MDEP

Deutsche Version / English Version

 

WENN AUS VEREDELUNG NAHRUNGSMITTELVERNICHTUNG WIRD…

Die Fähigkeit von Wiederkäuern, Rindern, Schafen und Ziegen, gesundheitlich wertvolle und schmackhafte Lebensmittel wie Rindfleisch und Milch aus für die menschliche Ernährung wenig nutzbarem Weideland zu erzeugen, ist ein wesentlicher Grund für die Nutzung dieser Tiere und ihrer Produkte in der Geschichte der Menschheit gewesen. Sie erhöhen das Lebensmittelangebot und leisten einen wichtigen Beitrag zur Produktion: Sie liefern Dünger, tragen zur Bodenbearbeitung bei, arbeiten als Zug- und Transporttiere, verwerten Abfälle und stabilisieren als Rücklage die Ernährungssicherheit ihrer Besitzer. Viele Flächen – vor allem im subtropischen Klima – sind anders kaum für die menschliche Ernährung nutzbar. Hier macht der Begriff „Veredelung“ durchaus Sinn.

Video Klima-,Umwelt-,Natur-,Bodenschutz.

211011 pic AGRI JRC study

Die Studie es JRC zur Farm to Fork Strategie ist deutlich differenzierter als von vielen ökonomisch fixierten Untergangsprofeten herausgelesen. Bei Berücksichtigung möglicher positiver Auswirkungen, wie der Reduktion von Lebensmittelabfällen, der Änderung des Fleischkonsums und dem Erhalt von Ökosystemdienstleistungen sieht die Gesamtbilanz durchaus positiv aus. Allerdings vielleicht nicht für die Düngemittel- und Pestizidindustrie.....

Holzmafia Rumänien ntv

NTV 4.7.2020 Illegaler Kahlschlag Holzmafia rodet skrupellos Rumäniens Urwälder
In den Natura-2000-Schutzgebieten in Rumänien leben Braunbären, Luchse und seltene Insektenarten. Jedenfalls noch. Denn die Urwälder sind in Gefahr: Die Holzmafia droht die unberührte Natur zu zerstören und zu Geld zu machen. Und die rumänische Regierung? Bleibt tatenlos. 

vlcsnap 2019 10 04 19h53m28s239Martin bei NTV zu Glyphosat, die strittige Zulassung und die notwendige Berücksichtigung des Vorsorgeprinzip.

N-TV vom 2. Okt 2019