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180119 VA Pestizide podium

Am 19. Januar 2018 habe ich zum Auftakt der Internationalen Grünen Woche in Berlin eine neue Studie „GIFT AUF DEM ACKER? INNOVATIV GEHT ANDERS!EIN PLÄDOYER FÜR EINE GIFTFREIE LANDWIRTSCHAFT" vorgestellt. Die Studienvorstellung und Podiumsdiskussion in der Heinrich-Böll-Stiftung zog trotz erschwerter Umstände durch Sturm Friederike etwa 100 Teilnehmer an.

(Foto v.l.n.r. Klaus Berend, Martin Häusling, Barbara Unmüßig, Silvia Bender, Felix Prinz zu Löwenstein)

Susanne Neubert, Uni Berlin, gab einen Überblick über die wenig glorreiche Entwicklungsgeschichte chemischer Pflanzenschutzmittel und erläuterte, warum Integrierter Pflanzenschutz nicht funktioniert. In den letzten Jahrzehnten seien weltweit immer mehr Pestizide eingesetzt worden, deren Wirkung aber jeweils nur von kurzer Dauer gewesen sei. Die Pestizid-Pipeline sei jetzt aber so gut wie leer, innerhalb von 70 Jahren sind alle Wirkstoffklassen verschwendet worden. Präzisionslandwirtschaft sei keine Zukunftslösung, da sehr kapitalintensiv und nur einsetzbar auf riesigen Schlägen. Ein Systemwechsel hin zum Ökologischen Landbau sei angebracht.

Silvia Bender, BUND, sprach über die Bienenkiller Neonikotinoide. Von den rund 560 Wildtierbienen-Arten stehen mehr als 50% auf der Roten Liste, sind also vom Aussterben bedroht. Ursache dafür ist die intensive Landwirtschaft. Aktuell gibt es ein Teilverbot für drei Neonikotinoide, die EFSA wird in den nächsten Wochen einen Bericht vorstellen, auf dessen Grundlage die EU-Mitgliedsländer dann entscheiden sollen, ob das Teilverbot ausgedehnt werden soll. Vorschlag der Europäischen Kommission ist es, die drei Neonikotinoide im Freiland zu verbieten. Deutschland hat sich noch nicht positioniert.180119 VA Pestizide

Klaus Berend von der Generaldirektion Landwirtschaft der Europäischen Kommission gab einen Überblick über REFIT und die Überprüfung der EU-Pestizidgesetzgebung. Er forderte alle Anwesenden auf, sich über das Portal der EU-Kommission „Ihre Stimme in Europa“ in den Prozess einzubringen  und bei der Verbesserung politischer Verfahrensabläufe einzubringen. Er  verwies zudem auf die aktuelle öffentliche Konsultation zu Transparenz und Nachhaltigkeit in der EU-Lebensmittelkette, die als  Reaktion auf die Bürgerinitiative gegen Glyphosat gestartet. Er betonte, dass Wirkstoffe zwar EU-weit genehmigt werden müssen, die Zulassung derselben aber auf nationaler Ebene erfolge.

Die Podiumsdiskussion, moderiert von Barbara Unmüßig, drehte sich darum, wie das Gift vom Acker zu bekommen sei. Von der Bundesregierung forderten die Panelisten ein Pestizid-Reduktionsprogamm vorzulegen und über eine Pestizidabgabe ein Umsteuern zu bewirken.

Felix Prinz zu Löwenstein machte deutlich, dass es wichtig sei, die bestehenden Systeme weiterzuentwickeln und die Ausbildung von Bäuerinnen und Bauern zu verbessern. Wer während seiner Ausbildung nicht mit den Methoden des ökologischen Landbaus in Kontakt gekommen sei, werde diese auch kaum anwenden. Bäuerinnen und Bauern müssten aber auch pro-aktiver sagen, wo sie hinwollten, welche Art von Landwirtschaft sie wollten.


FAZIT: Die am 19.01.2018 vorgestellte Studie untermauert, dass wir einen klaren Ausstiegsplan, raus aus der Pestizid-getriebenen Landwirtschaft für die nächsten 20 Jahre brauchen. Dabei muss der erste Schritt das Verbot von Glyphosat und der Neonikotinoide sein, gefolgt von einem konsequenten Ausstieg aus dieser artenzerstörenden und nicht gesundheitsgefährdenden Produktion.  Begleitet werden muss dieser Prozess von Änderung der Genehmigungspraxis in der EU, Unterstützung der wirtschaftsunabhängigen Forschung für eine pestizidfreie Landwirtschaft und dass die EU langfristig mit Fördergelder nur eine chemiefreie Produktion unterstützt.
Die Debatte um Glyphosat hat gezeigt: der selbstverständliche und steigende Einsatz aggressiver Ackergifte wird auf Dauer keine gesellschaftliche Akzeptanz mehr finden. Mit der Studie möchte ich, auch im Namen aller fünf Autor*innen einen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte leisten , wie der Wandel zu einer giftfreien Landwirtschaft in Politik und Praxis gelingen kann.

Mehr Informationen:
•    Studie „Gift auf dem Acker? Innovation geht anders!
•    Programm der Diskussionsveranstaltung vom 19.1.18 zur Studienvorstellung
•    Vorträge von Klaus Berend (EU-Kommission) und Susanne Neubert (Humboldt-Universität)

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