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Neue Züricher Zeitung - Der Export von lebendem Vieh aus der EU boomt. Die Folge davon sind immer längere Routen, bei denen die Tiere tagelang auf Lastwagen und Schiffen ausharren müssen. Die Kritik an den Zuständen wächst.

[...] Für Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, sind diese Erkenntnisse nicht neu. Seit Jahren setzt sich der Deutsche mit dem Thema als Politiker und Bio-Landwirt auseinander. Mit Sorge betrachtet er deshalb den Trend innerhalb der EU, die Landwirtschaft zunehmend exportorientiert auszurichten und auf subventionierte Spezialisierungen zu setzen. Bei den Ferntransporten von Nutztieren zu Schlachtzwecken führt dies zu immer längeren Routen (siehe Karte), was die Kontrolle der Einhaltung der Tierschutzbestimmungen erschwert oder gar verunmöglicht. Letzteres trifft insbesondere auf die Schiffstransporte zu. «Im Frachtraum wird kein Platz verschenkt, die Tiere verfügen nicht über einen einzigen Zentimeter Bewegungsfreiheit», sagt Häusling. Die Zustände an Bord seien katastrophal, oft vegetierten die Tiere tagelang ohne Zugang zu Wasser vor sich hin. Eine Kontrolle an Bord durch die Behörden gibt es nicht, die Tiere sind der Willkür der Schiffsbesatzung ausgesetzt. Dass es sich dabei nicht um wenige Transporte handelt, geht aus EU-Statistiken zum Export lebender Tiere in Drittländer hervor: Allein nach Libanon werden pro Woche rund 3100 Rinder verschifft. «Bei diesem Massengeschäft geht der Verlust von Tieren, die während des Transportes sterben, unter», sagt Häusling. Einzig die Masse mache die Gewinnmarge aus. Dass es sich lohnt, lebende Tiere überhaupt derart weit zu befördern, hat mehrere Gründe: der steigende Fleischkonsum in Ländern, die aus wirtschaftlichen Überlegungen keine Nutztiere züchten, das rituelle Schlachten wie das Schächten, das in mehreren EU-Ländern verboten ist, die hohen Kosten für die Kühltechnik, die beim Transport von Gefrierfleisch anfallen würden.

Der steigende Export von Nutztieren sorgt auch innerhalb der EU für Kontroversen und fand als Thema Ende März Eingang in die von der EU herausgegebene Zeitschrift «The Parliament Magazine». In einem Meinungsbeitrag wird die Missachtung der EU-Gesetze bei Ferntransporten in Drittstaaten angeprangert. Die Bedingungen in diesen Ländern würden sich stark von den Vorschriften der EU unterscheiden, die Tiere litten nicht nur unter den langen Transporten, auch auf ihr Wohl und ihre Bedürfnisse werde keine Rücksicht genommen. Nicht zuletzt seien die Schlachtmethoden grausam. Der EU-Kommission werden kurzsichtige wirtschaftliche Interessen vorgeworfen, diesen Handel weiter zu gewähren.

Urteil «ein riesiger Schritt»
Die wachsende Kritik an den unhaltbaren Zuständen ist inzwischen nicht ohne Folge geblieben, zumindest auf juristischer Ebene. Am 23. April hat der Europäische Gerichtshof entschieden , dass der Tierschutz nicht an den Aussengrenzen der EU endet. In einem Verfahren gegen einen deutschen Zuchtviehexporteur wurde das Urteil gefällt, dass auch nach der Grenzüberquerung den EU-Tierschutzauflagen wie Transportzeiten oder Versorgungsintervallen mit Futter und Wasser nachzukommen sei.

«Dies ist ein riesiger Schritt in die richtige Richtung», gibt sich TSB-Präsident Ditfurth erleichtert. Nach diesem Entscheid könne künftig bei Verstössen eine Anzeige mit Erfolgsaussicht gegen die Verantwortlichen der Transporte in Drittstaaten erstattet werden. Einen grundlegenden Wandel bei den Exporten in Drittstaaten kann laut EU-Parlamentarier Häusling allerdings nur der Druck durch die Öffentlichkeit bewirken. Bis zur Abschaffung der Käfighaltung für Hühner habe es schliesslich auch 30 Jahre gedauert, sagt der Bio-Landwirt lakonisch.

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Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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