Entscheidung über GV-Mais 1507: am 11. Februar
Außen- und Europaminister müssen sich zu Wort melden - Griechische Ratspräsidentschaft reizt Fristen aus - Am Freitag keine Diskussion unter den Chefdiplomaten - Bundesregierung bewegt sich auf Enthaltung zu - Gabriel gegen Zulassung - Patt beim Roundup-Ready-Raps GT73 - Grüne bekräftigen Kritik und stellen neue Studie zu Risiken der Gentechnik vor - Häusling: Aufrüsten auf dem Acker beenden
BRÜSSEL. Der Rat wird erst am 11. Februar darüber abstimmen, ob er den Zulassungsantrag für die gentechnisch veränderte Maislinie 1507 unterstützt, ablehnt oder in Ermangelung einer eindeutigen Mehrheit an die Europäische Kommission zurückverweist. Wie am vergangenen Freitag
(24.1.) in Brüssel bekannt wurde, legt die griechische EU-Ratspräsidentschaft das umstrittene Thema den europäischen Außen- und Europaministern zur Aussprache vor. Entgegen der bisherigen Planung wurde das Thema kurzfristig von der Tagesordnung eines Treffens der EU-Chefdiplomaten genommen. Bislang gingen Beobachter davon aus, die Würfel würden bis zum Wirtschafts- und Finanzrat am 28.
Januar fallen. Damit reizt Athen den Zeitraum, bis zu dem eine Entscheidung getroffen sein muss, fast bis zum Äußersten aus: Stichtag ist der 12. Februar. Während Frankreich bereits angekündigt hat, mit Nein zu stimmen, erhält die Bundesregierung damit mehr Zeit, ihr eigenes Abstimmungsverhalten festzulegen.
Kabinett gespalten
Dem Vernehmen nach sind die CSU- und SPD-Minister im Kabinett gegen die Zulassung der transgenen Maislinie, ihre Amtskollegen von der CDU hingegen dafür. Bleibt es dabei, würde sich Deutschland bei einer Abfrage der Position im Rat enthalten - wie auch am vergangenen Mittwoch (22.1.) beim Votum über die Erneuerung der Zulassung der Roundup-Ready-Rapslinie GT73 zur Einfuhr als Futter- und Lebensmittel.
Die Abstimmung im zuständigen Brüsseler Ausschuss endete wie üblich im Patt. Für dieses Dossier gilt im Gegensatz zum Mais 1507 bereits der Lissabonvertrag. Deswegen wird die Abstimmung nicht auf Ministerebene, sondern lediglich in einem Berufungsausschuss wiederholt. Im Verlauf der vergangenen Woche riefen Gentechnikgegner die Bundesregierung erneut auf, den Zulassungsantrag für die Maislinie 1507 abzulehnen.
Aus dem Umfeld von Bundeswirtschaftsminister Sigmar G a b r i e l wurde in Reaktion auf einen offenen Brief der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen klargestellt, dass der ehemalige Umweltminister gegen die Einführung dieser Sorte ist. Die Grünen hatten „ernstzunehmende Hinweise darauf erhalten“, Gabriels neues Ressort spreche sich für die Zulassung aus.
Tatenlosigkeit in Berlin
Nach Bekanntwerden der Verschiebung nahmen Bündnis 90/Die Grünen vorrangig die CDU unter Beschuss. Die grünen Landwirtschaftsminister der sechs Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein bekräftigten ihren Nein-Appell in einem Schreiben an Bundeskanzlerin Dr. Angela M e r k e l . Sie erinnern daran, dass die Anbaugenehmigung für die Maislinie MON810 im Jahr 2009 durch die damalige Bundesministerin Ilse A i g n e r unter Verweis auf mögliche Gefahren für die Umwelt ausgesetzt worden sei. Das dort enthaltene Insektengift werde in der Maissorte 1507 sogar noch in verstärkter Weise produziert. Verschiedene Seiten bewerteten den Stoff sehr kritisch und sähen erhebliche Risiken für Nichtzielorganismen wie Schmetterlinge.
Die Bundestagsabgeordneten Renate K ü n a s t und Harald E b n e r warfen der Bundesregierung Tatenlosigkeit vor. Dabei forderten Verbraucher, die deutsche Ernährungswirtschaft und der Lebensmitteleinzelhandel, die Gentechnikfreiheit auf den Äckern in Deutschland zu erhalten. „Nur den französischen Aktivitäten ist es zu verdanken, dass der Punkt nicht einfach durchgewunken wurde“, so Künast und Ebner. Sie riefen die Bundesregierung abermals auf, eine klare Haltung einzunehmen und bei anderen Mitgliedstaaten in den nächsten Wochen aktiv für ein Nein zur Zulassung zu werben. Darüber hinaus forderten sie eine Beteiligung des Bundestags an der Debatte.
Immer mehr Rückstände
Der Grünen-Europaabgeordnete Martin H ä u s l i n g stellte unterdessen gemeinsam mit dem Institut Testbiotech eine neue Studie zu den Risiken gentechnisch veränderter Organismen (GVO) vor.
Testbiotech-Geschäftsführer Dr. Christoph T h e n , früher für Greenpeace tätig, kritisiert darin unter anderem eine zunehmende Häufung von Kombinationen gentechnischer Eigenschaften in sogenannten „Stacked Events“ - und dadurch bedingt eine Zunahme von Rückständen von Komplementär-herbiziden sowie die Einfügung weiterer Insektengifte in GV-Pflanzen. Then plädiert für eine Stärkung des Vorsorgeprinzips, beispielsweise durch eine Anhebung der Prüfkriterien vor der Zulassung. Häusling sprach vom „Cyberkrieg auf dem Acker“. „Die aktuellen alamierenden Meldungen aus den USA über Superunkräuter durch GVO-Anbau zeigen deutlich, dass das Aufrüsten auf dem Acker gegen die Natur nicht zu gewinnen ist“, so der hessische Biolandwirt anlässlich der Vorstellung der Studie in Berlin. Sowohl Unkräuter als auch Insekten hätten sich längst den GV-Pflanzen angepasst. Um dem zu begegnen, rüste man mit einer neuen Dimension von GVO weiter auf und versprühe noch mehr Gift kritisierte Häusling. Es sei höchste Zeit für Innovationsstrategien, die auf Synergien und Fortschritte mit und nicht gegen die Natur setzten. Durch den „Irrweg Gentechnik“ sei bereits viel Zeit verloren worden. AgE
Jahrgang: 55 Nummer: 5 Erscheinungsdatum: 27. Januar 2014
Rubrik: Europa-Nachrichten