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06.11.13 EurActiv zur Einigung der Bundesagrarminister

Die deutschen Agrarminister haben sich auf die Verteilung der 6,2 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen pro Jahr geeinigt: Profitieren werden kleine und mittlere Betriebe, den Gürtel engerschnallen müssen dagegen die Großbetriebe. Ein bisschen Öko gibt es auch.


Die Agrarminister der 16 Bundesländer haben sich auf die Verteilung der Agrarsubventionen aus Brüssel geeinigt. Profitieren werden die kleinen und mittleren Bauernbetriebe, die Großbetriebe bekommen zukünftig weniger Geld. "Die deutschen Bauern erhalten Planungssicherheit bis zum Jahr 2020 und können Entscheidungen für ihre Zukunft treffen", freut sich Staatssekretär Peter Bleser vom Bundeslandwirtschaftsministerium nach der Einigung am Montagabend (4. November).

Da die Zuschüsse für deutsche Bauern um 10 Prozent gekürzt wurden, war die Verteilung der Mittel stark umstritten. Doch am Ende stimmten alle Länder einstimmig für den Kompromiss. Pro Jahr erhalten die deutschen Landwirte demnach 6,2 Milliarden Euro. Das Geld wird auf zwei Säulen verteilt: die Direktzahlungen an die Bauern und die Förderprogramme für die ländliche Infrastruktur und den Öko-Anbau. 220 Millionen Euro (4,5 Prozent) werden neu von der ersten in die zweite Säule umverteilt. Die Grünen Minister hatten ursprünglich 15 Prozent gefordert.


Grüne: "Totalblockade" abgewehrt
"Der Beschluss [...] folgt einem grünen Kompass, nur leider im schwarz-roten Schneckentempo", lautet das durchzogene Fazit des grünen Bundestagsabgeordneten Friedrich Ostendorff. Union und SPD fehlten Wille und Mut zur einer wirkungsvollen Umsetzung der Reform. Er bezweifle, dass Schwarz-Rot in einer Großen Koalition neue Akzente setzen werde. Trotzdem: "Der Deutsche Bauernverband hat sich mit seiner Totalblockade der Reform erneut nicht durchsetzen können", so Ostendorff.

"Die harten Verhandlungen haben sich gelohnt", sagte Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck nach der Sonder-Agrarministerkonferenz in München. "Mit der heutigen Agrarministerkonferenz ist der nationale Einstieg in eine andere Förderpolitik für die Landwirtschaft gelungen. Wir werden die zusätzlichen Mittel vor allem für eine ressourcenschonende, fortschrittliche Landwirtschaft einsetzen, die mehr für Tierwohl, Naturschutz und Nachhaltigkeit tut."

Bislang waren die Großbetriebe insbesondere in Ostdeutschland die Haupt-Nutznießer der EU-Subventionen. Darüber hinaus erhalten sie immer noch Kompensationen, um ihren von der deutschen Wiedervereinigung herrührenden Rückstand aufzuholen. Bis 2020 soll dieser "Wende-Bonus" auslaufen.

Durch den jüngsten Beschluss werden nun Kleinbauern zusätzlich unterstützt, indem sie für die ersten 30 Hektar Fläche je 50 Euro mehr Prämie erhalten. Für die nächsten 16 Hektar gibt es immerhin noch 30 Euro zusätzlich.


Mehr als "der bloße Tropfen auf den heißen Stein"
"Der Zuschlag für die ersten Hektare ist ein kleiner Ausgleich dafür, dass Bundesregierung, Bauernverband und ostdeutsche Agrarminister sich vehement gegen jede Form von Kappung gestemmt haben", so der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling. "Nach EU-Recht muss der Zuschlag gezahlt werden, um die Kappung vermeiden zu können. Dank der Grünen Minister ist es jetzt mehr geworden, als der bloße Tropfen auf den heißen Stein."

Auch Jungbauern bis 40 dürfen sich über mehr Förderung freuen: Sie sollen zusätzliche 50 Euro pro Hektar erhalten – jedoch nur für die ersten 90 Hektar pro Betrieb und limitiert auf maximal fünf Jahre.

Die zuständigen EU-Minister hatten sich im September auf eine Reform der europäischen Agrarpolitik (GAP) von 2014 bis 2020 geeinigt. Die formelle Zustimmung von Rat und Parlament erfolgt aller Voraussicht nach noch in diesem Jahr. Derzeit erarbeitet die EU-Kommission die für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten erforderlichen Rechtsakte.

 [Wir dokumentieren den Artikel im Wortlaut]

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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