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Als Gewinner des Monsanto Deals entpuppt sich BASF-Agrarsparte

Autor: Thomas A. Friedrich, top agrar-Korrespondent Brüssel/Straßburg     Stand: 23.03.2018

Als “bedeutender Meilenstein” bezeichnete Bayer-Vorstandschef Baumann die Genehmigungserteilung der EU-Kommission zur Übernahme von Monsanto durch Bayer unter Auflagen. Jetzt muss noch das US-Justizministerium dem Deal zustimmen, um den NRW-Chemiekonzern zum gobal player in der Agrochemie aufsteigen zu lassen.

Die seit Juli 2017 bei der Brüsseler Generaldirektion Wettbewerb zur Prüfung angemeldete Übernahme des US-Multis Monsanto durch den Chemieriesen Bayer am Rhein mit Stammsitz in Leverkusen war nach eingehender Prüfung mit zweifacher Verlängerungsfrist “kein business as usual” gewesen, wie EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bei der Bekanntgabe am Mittwoch vor der Presse den langwierigen Genehmigungsprozess umschrieb.

In der Tat zogen sich die Verhandlungen in der EU-Hauptstadt länger hin als von allen Seiten eingeschätzt. Die EU-Wettbewerbshüter verlangten von Bayer mehr Zugeständnisse beim Abstoßen von Geschäftssparten, als die Leverkusener zunächst bereit waren, im Gegenzug für einen Brüsseler Positivbescheid in die Waagschale zu werfen.

Bauernpräsident Rukwied nimmt Stellung zu Monsanto-Übernahme durch Bayer

An die von der EU-Kommission erteilte Freigabe einer Übernahme von Monsanto durch die Bayer AG unter Auflagen knüpft der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, die Hoffnung, dass ein echter Wettbewerb bei Saatguten und Pflanzenschutzmitteln für den Landwirt auch in Zukunft aufrecht erhalten bleibt. Für den Bauernverbands-Präsidenten Joachim Rukwied ist es für die Zukunft wichtig, dass weiterhin am Markt ein Wettbewerb vorherrscht und der Landwirt beim Einkauf von Betriebsmitteln auch künftig eine wirkliche Auswahl zwischen unterschiedlichen Produkten habe.

„Landwirte müssen die Möglichkeit haben auch nach einer Fusion im Markt entscheiden zu können, bei welchem Unternehmen sie Betriebsmittel einkaufen. Wir dürfen keine oligopolistischen Strukturen bekommen, die Wettbewerb reduzieren. Es muss auch in Zukunft sichergestellt sein, dass Wettbewerb gegeben ist und das heißt auch, dass ein Preiswettbewerb existiert“, sagte Rukwied in einer Stellungnahme am Mittwochabend gegenüber top agrar.

Der Bayer-Konzern will für die Übernahme von Monsanto 62,5 Milliarden Euro für den US-Saatgutspezialisten und Glyphosat-Hersteller bezahlen. Für einen Betrag von 5,9 Milliarden Euro trennt sich Bayer AG von Feldsaaten bei Raps und Soja sowie der Pflanzenschutzlizenz Liberty. Für die Gemüsesaatgutsparte legt die Monheimer BASF noch einmal rund 500 Millionen Euro drauf und bekommt auf Drängen der Brüsseler Wettbewerbshüter auch noch die lukrative IT-Platform für digitale Landwirtschaft zu einem noch nicht ausgehandelten Preis.

In der ursprünglichen Kalkulation war Bayer im Fusionsvertrag von einer Abgabe des bisherigen Konzernumsatzes von 1,6 Milliarden Dollar ausgegangen. Die EU-Kommission knüpfte ihre Fusionsfreigabe letzlich heute an eine Abgabe von insgesamt 2,2 Milliarden Dollar Jahresumsatzvolumen. Der Nutznießer dieser Brüsseler Auflage ist ganz klar die rheinland-pfälzische BASF, die mit dem Zuschlag des Bayer-Premium Geschäftes ebenfalls in die Oberliga der weltweiten Agrochemie aufsteigt, wozu neben dem künftigen Platzhirsch Bayer-Monanto noch der US-Konzern Dow-Dupont sowie den europäischen Anbietern Syngenta und BASF zählen werden.

Grüne: Landwirte müssen mit höheren Saatgutpreisen rechnen in Zukunft

Sozialdemokraten und Grüne im EU-Parlament sowie Naturschutzverbände sehen durch die sich abzeichnende US-EU-Fusion Nachteile auf die Landwirtschaft durch höhere Preise und verstärkte Marktkonzentration zukommen. „Der Zusammenschluss würde zur Entstehung des weltweit größten Anbieters von Pflanzenschutzmitteln und einer weiteren Konzentration des Saatgutmarktes führen. Der Markt für Agrarchemie käme so in eine gefährliche Schieflage. In einem derart sensiblen Bereich braucht es transparenten Wettbewerb, um Ernährungssicherheit und einen fairen Zugang für die weltweite Landwirtschaft sicherzustellen“, erklärte die agrarpolitische Sprecherin der SPD, Maria Noichl. Die europäische Fusionskontrollverordnung müsste daher Zusammenschlüsse solchen Ausmaßes eigentlich verhindern.
 
„Der Verkauf des Saatgutgeschäfts an den sechstgrößten Agrochemie-Hersteller BASF trägt kaum zur Entschärfung der Konzentration bei“, so Noichl. Aktuelle Studien zeigten, dass der Preisanstieg im Saatgutmarkt mit der Konzentration der Anbieter in diesem Bereich zusammenhängt. „Auch vor diesem Hintergrund müssten bei den Wettbewerbshütern der EU-Kommission an sich alle Alarmglocken schrillen“, sagte die SPD-Agrarpolitikerin.

Auch für den agrarpolitischen Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Martin Häusling, gibt die EU-Kommission ein schlechtes Signal für mehr Marktmacht der Monopole zulasten der Landwirte. „Die Fusion lässt die Landwirte im Regen stehen, die sich gegen die Marktmacht der Monopole wehren“. Saatgut und Pestizide in der Hand dreier Großunternehmen sei eine schlechte Nachricht für die europäischen Bauern, die Verbraucher und die Artenvielfalt. „Die EU-Kommission gibt Baysanto mit dieser Entscheidung die Kontrolle über unsere Lebensmittel, unsere Landwirtschaft und unsere Biodiversität ab“, erklärte Häusling.

Der wettbewerbspolitische Sprecher der Grünen im EP, Michel Reimon, sieht die Fusion ebenso höchst kritisch: „Der Zusammenschluss der Agrochemiekonzerne bringt den Wettbewerb nahezu zum Nullpunkt. Die Zeche zahlen die europäischen Landwirte und die Verbraucher. Der EU-Kommission fehlten die Werkzeuge, um eine derartige Fusion zu verhindern. „Die Wettbewerbsregeln müssen geändert werden, damit die EU- Kommission die Konzentration von Monopolisten künftig verhindern kann.“

Unverständnis für die Brüsseler Entscheidung kommt auch vom Umweltinstitut München. „Wie die EU-Kommission der Entstehung eines solchen Mega-Konzerns zustimmen konnte, ist völlig schleierhaft. Angesichts der ohnehin schon enormen Konzentration auf dem Agrarmarkt kann diese Übernahme nur negative Auswirkungen auf die Umwelt, die Landwirtschaft und die Gesellschaft haben, kommentierte Christine Vogt, Referentin für Landwirtschaft beim Umweltinstitut München die Entscheidung.

WWF: Der Konzentrationsprozess der Chemiegiganten geht weiter

Nur noch sechs Konzerne teilten den weltweiten Saatgutmarkt nun unter sich auf, der Wettbewerb werde durch die Übernahme noch weiter eingeschränkt. Die Auswirkungen auf Saatgut-Preise sieht das Münchner Institut als bedenklich an: „Diese Übernahme wird zu steigenden Preisen für Bäuerinnen und Bauern führen – und letztlich auch im Einzelhandel zu spüren sein”. Die Vielfalt landwirtschaftlicher Nutzpflanzenarten und -sorten werde sinken und die Abhängigkeit der Bäuerinnen und Bauern von wenigen Konzernen sich vergrößern, so Vogt.

Auch der WWF warnt vor den Folgen des Bayer-Monsanto-Deals. WWF-Geschäftsführungsmitglied  Jörg-Andreas Krüger mahnt eine Neuausrichtung der europäischen Landwirtschaft an: „Die Auflagen für den Bayer-Monsanto-Deal ändern nichts am eigentlichen Problem. Der Konzentrationsprozess der Chemiegiganten wird damit nicht gestoppt und Landwirte haben im Zweifel keine echten Wahlmöglichkeiten mehr“. Mit der Großfusion Bayer-Monsanto werde nach Dow und Dupont im März 2017 sowie die Übernahme von Syngenta durch Chem China im April 2017 die dritte Elefantenhochzeit innerhalb von zwölf Monaten genehmigt. Das führe insgesamt zu einer besorgniserregenden Machtkonzentration. Die EU-Kommission habe mit dieser Entscheidung das Signal für eine neue Landwirtschaftspolitik in Europa zu setzen, verpasst.

Die neue Bundesregierung müsse sich auf EU-Ebene nun umso dringender stark machen für ein Ende der giftigen Geldspritzen im EU-Agrarhaushalt. Die EU-Ziele bei Klimaschutz, Erhalt von Biodiversität und Schutz von Wasser und Boden müssten die ökologische Messlatte sein für die gemeinsame Agrarpolitik nach 2020.  Außerdem müssten verantwortungsbewusste Bauern endlich für ihre Leistungen gerecht entlohnt werden. „Mindestens 50 Prozent der Agrar-Subventionen gehören in die Hand von Landwirten, die nachweislich zum Erreichen der EU-Klima- und Umweltschutzziele beitragen, indem sie zum Beispiel den Einsatz von Pestiziden und synthetischen Düngern senken, auf vielfältige Fruchtfolgen setzen oder Grünflächen erhalten“, forderte Krüger.

NABU sieht Artenvielfalt durch Mega-Fusion bedroht

„Die agrarpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Dr. Kirsten Tackmann wertet das eropäische Kartellrecht als zahnlosen Tiger: "Monsanto ist längst zum Inbegriff einer völlig verfehlten Agrarpolitik geworden. Sollte der US-Konzern tatsächlich von Bayer übernommen werden, entsteht ein Baysanto-Megakonzern, der Landwirtinnen und Landwirte weltweit einem Preisregime vom Saatgut bis zu den passenden Pestiziden ausliefert“, erklärte Tackmann. Ihre Fraktion wende sich entschieden gegen jede weitere Marktkonzentration im vorgelagerten Bereich. „Wir fordern stattdessen eine Unterstützung für vielfältige landwirtschaftliche Anbausysteme, die Förderung von Alternativen wie zum Beispiel dem biologischen Pflanzenschutz, einen deutlichen Aufwuchs der öffentlichen Agrarforschung sowie den Erhalt der konzernunabhängigen Pflanzenzüchtung in Deutschland.“

Der Naturschutzbund Umwelt (NABU) sieht durch die Groß-Fusion ein Preisdiktat bei Saaatguten und Pflanzenschutzmittel auf die europäische Landwirtschaft zukommen: „Mit dem grünen Licht für den Milliarden-Deal wird die industrielle Landwirtschaft mit ihren schädlichen Folgen für Mensch und Natur weltweit zementiert. Profiteure sind Agrarkonzerne, die die Preise diktieren und Milliarden mit dem Pestizid-Geschäft verdienen. Damit werden bestehende Strukturen befördert, die Artenvielfalt bleibt auf der Strecke. Die Entscheidung steht im Gegensatz zu den Forderungen von Umweltschützern und Verbrauchern auf der ganzen Welt, die sich eine umweltverträglichere, gift- und gentechnikfreie Landwirtschaft wünschen“, erklärte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
 
Als fatal sieht auch die Bürgerplattform Avaaz die Brüsseler Entscheidung an: "Die Fusion ist eine Ehe aus der Hölle. Die EU-Kommission ignoriert eine Million Menschen, die ein Verbot gefordert haben. Vestager ist vor der Industrie-Lobby eingeknickt und hat eine 62-Milliarden Dollar Monster-Firma geschaffen, die unsere Nahrungsversorgung beherrscht”, erklärte die Avaaz-Justiziarin Nick Flynn. Der Kampf gehe jetzt in den USA weiter, wo die Regulierungsbehörde die Fusion noch aufhalten könne.
Auch in Brüssel unterliegen die Übergabe-Angebote von Bayer an die BASF noch einer detaillierten kartellrechtlichen Überprüfung. Mit einer etwaigen Genehmigung wird formal im Laufe des Monats April gerechnet.  

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