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EurActiv.de - Es ist ein Dauerthema in Europa. Ist das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat gesundheitlich schädigend oder nicht? Rund 3.780 Tonnen werden davon jährlich in Deutschland eingesetzt. Am Mittwoch (25.10) sollten die EU-Mitgliedstaaten darüber abstimmen, ob der Einsatz weiterhin erlaubt bleibt.
Bereits am Dienstag (24.10) hatte sich das EU-Parlament in einer Resolution für ein endgültiges Verbot des Herbizids bis spätestens 15. Dezember 2022 ausgesprochen. Dem Vorschlag des für Lebensmittelsicherheit zuständigen EU-Kommissars Vytenis Andriukaitis, die Glyphosat-Zulassung um zehn Jahre zu  verlängern, erteilte das Parlament mit diesem hart errungenen Konsens eine eindeutige Absage.

Ein kurzfristiger Etappensieg. Denn das Votum des Parlaments ist für die EU-Mitgliedstaaten nicht bindend. Schon vor der Abstimmung  im zuständigen EU-Fachausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel war klar, eine Einigung mit qualifizierter Mehrheit wird schwer zu erreichen sein. “Es wäre ein Skandal, wenn die Regierungen die Zulassung von Glyphosat trotzdem für zehn Jahre verlängern würden”, erklärte der grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold im Vorfeld der Abstimmung.
Dennoch konnten die Experten aller 28 EU-Mitgliedstaaten auch an diesem Mittwoch keine endgültige Entscheidung darüber treffen, ob die Glyphosat-Zulassung in die Verlängerung geht oder nicht. Stattdessen wurde ein weiteres Abstimmungstreffen des Fachausschusses geplant. Bringt dieses ebenfalls kein Ergebnis, liegt der Ball wieder bei der Kommission. Die war bereits 2016 in der Situation, die Zulassung bis zum 15.12.2017 zu verlängern, weil sich die EU-Staaten nicht einigen konnten.


Hitzige Debatten und fehlende Transparenz
Neben den negativen Auswirkungen für die Umwelt und intransparenten Genehmigungsverfahren für Pestizide kritisieren Glyphosat-Gegner, dass das Unkrautvernichtungsmittel krebserregend ist. Dem folgt die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC), die Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hat. Dieser Einschätzung widersprechen Analysen des in der EU zuständigen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Allerdings soll sich das Institut bei seiner Bewertung auf entscheidende Teile des Gutachtens vom Glyphosat-Hersteller Monsanto berufen haben.

Diese gegensätzlichen Auffassungen spiegeln sich auch unter den EU-Mitgliedstaaten wider. Während einige Länder hinter dem Vorschlag Andriukaitis’ stehen, die Zulassung von Glyphosat um weitere zehn Jahre zu verlängern, haben sich Frankreich, Italien und Österreich eindeutig dagegen ausgesprochen.
Ein wichtiges Zünglein an der Waage für das uneindeutige Votum dürfte Deutschlands Stimmenthaltung gewesen sein. Wie bei früheren Abstimmungen konnten sich die Bundesministerien für Umwelt und Landwirtschaft nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Das Umweltministerium lehnt eine Verlängerung ab. Das Bundesagrarministerium ist grundsätzlich nicht gegen einen weiteren Einsatz von Glyphosat.
Deutscher Landwirtschaftsminister fordert weitere Genehmigung von Glyphosat
„Es ist vertretbar, Glyphosat anzuwenden“, sagte Christian Schmidt (CSU) der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Das sagen alle wissenschaftlichen Untersuchungen der zuständigen deutschen und europäischen Behörden und das sollte Maßgabe für die Entscheidung sein.“ Er sehe rechtlich keine Grundlage, die Genehmigung zu verweigern, sagte Schmidt.
Das Herbizid ist hoch umstritten. Nach einer monatelangen Hängepartie hatte die EU-Kommission Ende Juni vergangenen Jahres mangels einer Mehrheit der Mitgliedstaaten für oder gegen Glyphosat die Zulassung vorerst um anderthalb Jahre verlängert. Zum Jahresende läuft die Übergangslösung aus. Im Gespräch ist nun eine Verlängerung um zehn Jahre.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt drängt die EU-Kommission zur Verlängerung der Genehmigung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat.


Die neue Bundesregierung in der Pflicht
Laut einer repräsentativen Umfrage des NABU sind 74 Prozent der in Deutschland Befragten für ein sofortiges Verbot von Glyphosat und eine an die Bundesregierung gerichtete Petition der grünen EU-Abgeordneten Sven Giegold und Martin Häusling gegen die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat, hat in wenigen Tagen 250.000 Unterschriften gesammelt.
“Bei einer erneuten Abstimmung sollte auch die neue Bundesregierung zeigen, dass sie die Meinung der deutschen Bevölkerung würdig vertritt”, fordert NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Sollte die Kommission keinen neuen Vorschlag vorlegen, der sich an den Forderungen der im EU-Parlament verabschiedeten Resolution orientiert, hätte die neue Bundesregierung dennoch die Möglichkeit, den Einsatz von Glyphosat in Deutschland zu verbieten. Im Jahr 2014 hatte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Nutzung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel bereits eingeschränkt. Derzeit dürfen nicht mehr als 3,6 Kilogramm Glyphosat pro Hektar eingesetzt werden und das höchstens zwei Mal pro Jahr auf derselben Nutzfläche.
Die Grünen wollen ein Verbot von Glyphosat. Damit könnte der Umgang mit Pflanzengiften durchaus zum Thema der neuen Regierungskoalition werden.
EurActiv PLC

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