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Stuttgarter Nachrichten -  Nach dem Abgas-Skandal in den USA gerät Volkswagen nun auch in Deutschland unter Druck. Mehrere Bürger stellten Strafanzeige. Derweil ist noch nicht bekannt, ob auch Fahrzeuge in Europa davon betroffen sind. Der Sturzflug der VW-Akte wurde indes durch Schnäppchenjäger beendet.


Braunschweig/Wolfsburg/Brüssel - Der VW-Konzern gerät wegen der Abgas-Affäre nun auch in Deutschland ins Visier der Justiz. Mehrere Bürger hätten aufgrund der manipulierten Messungen bei Dieselfahrzeugen Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig erstattet, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Justizministeriums am Mittwoch in Hannover. Derzeit laufe die strafrechtliche Bewertung noch. Zum genauen Umfang und zu den in den Anzeigen formulierten Vorwürfen äußerte er sich nicht.

Seit dem Wochenende ist bekannt, dass VW in den USA mit einer speziellen Software die Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen manipuliert hat. Nach Konzernangaben sind weltweit rund elf Millionen Wagen betroffen. In Wolfsburg setzte am Mittwoch das Präsidium des Aufsichtsrats seine Beratungen über Konsequenzen der Affäre fort. Dabei geht es auch um die berufliche Zukunft von VW-Chef Martin Winterkorn.

In den Vereinigten Staaten könnten sowohl wegen möglicher Straftaten wie Betrug als auch wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Umweltgesetze empfindliche Strafen und Bußgelder gegen VW verhängt werden. Mehrere US-Bundesstaaten sind dabei, ein Bündnis zu formen, um Ermittlungen gegen den deutschen Autobauer einzuleiten, hieß es am Dienstag aus dem Büro des New Yorker Staatsanwalts Eric Schneiderman.

Die EU-Kommission kann indes noch nicht sagen, ob auch Messwerte von Wagen in Europa manipuliert worden sind. „Es ist heute zu früh um zu sagen, ob Volkswagen-Fahrzeuge in Europa betroffen sind“, erklärte eine Vertreterin der Brüsseler Behörde am Mittwoch bei einer Anhörung vor dem Umweltausschuss des Europaparlaments.

Es gelte jetzt vor allem zu klären, ob nur VW und nur der amerikanische Markt betroffen seien.

„Es gibt keinerlei Zweideutigkeit darüber, dass diese Art von Manipulation illegal ist“, sagte die Mitarbeiterin der EU-Kommission. Die Schärfe der europäischen Abgas-Grenzwerte bereite ihrer Behörde keine Sorgen. Die Behörden der EU-Staaten müssten aber sicherstellen, dass neue Automodelle nur im Einklang mit den Vorschriften zugelassen würden.

In den kommenden Tagen wolle die EU-Kommission ein Treffen der nationalen Aufsichtsbehörden einberufen, um über das aktuelle System zu beraten. Dies könnte nach Angaben einer Sprecherin Anfang Oktober stattfinden.

Die Abgeordneten im Umweltausschuss forderten, eine ähnliche Affäre müsse in Zukunft verhindert werden. „Wir müssen unser ganzes Testsystem überprüfen, das kann doch so nicht bleiben“, sagte der deutsche Grünen-Abgeordnete Martin Häusling.

Schnäppchenjäger greifen bei VW-Aktien zu

Derweil hat der heftige Kursrutsch der VW-Aktie am Mittwoch zumindest vorerst ein Ende gefunden. Die Vorzugspapiere, die am Vormittag noch bis auf 95,51 Euro und damit auf den tiefsten Stand seit vier Jahren gefallen waren, erholten sich leicht. Es sind vor allem risikofreudige Anleger, die wieder zugreifen - in der Hoffnung, mit den angeschlagenen Volkswagen-Vorzügen nun ein Schnäppchen zu machen.

Am frühen Nachmittag stiegen die Anteilsscheine um 3,44 Prozent auf 109,65 Euro. Seit Wochenbeginn allerdings haben sie immer noch rund ein Drittel an Wert verloren. Anders ausgedrückt: In nicht einmal drei Tagen wurden etwa 23 Milliarden Euro vernichtet. Das entspricht fast dem Marktwert des Industriegase-Produzenten und Anlagenbauers Linde.

Auch am Mittwoch stuften viele Experten die Aktie ab - wegen der zahlreichen Unsicherheiten, aber auch wegen des Imageschadens. JPMorgan-Analyst Jose Asumendi bezifferte die Schadenssumme für den Konzern im schlimmsten Fall auf 40 Milliarden Euro. Er sorgt sich allerdings nicht so sehr um den Rückruf von Dieselmotoren in den USA, sondern vor allem um die Auswirkungen in Europa, wo die weitaus meisten Dieselautos fahren.

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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