Grüne Europagruppe Grüne EFA

PRESSEMITTEILUNG zur Studienvorstellung (Relaunch) am 7. Juli in Berlin

170707 Biodiv editWir sind dann mal weg:
Die (un-)heimliche Artenerosion in Europas Agrarlandschaften
(Erweiterte und aktualisierte Auflage)

Zur heutigen Studienvorstellung und Debatte erklären der Autor Stephan Börnecke, die Referierenden Prof. Dr. Beate Jessel und Christian Unselt sowie der Auftraggeber Martin Häusling:
Prof. Dr. Beate Jessel (Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz):
„Der Zustand der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft ist alarmierend“, sagt Prof. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). „Die Befunde in unserem Agrar-Report belegen, dass es eine Kehrtwende in der Agrarpolitik geben muss. Eine Prämisse dabei ist die konsequente Ausrichtung der Zahlungen an die Landwirtschaft nach dem Grundsatz, öffentliches Geld für öffentliche Leistungen‘“.

Christian Unselt (NABU-Vizepräsident und Vorsitzender NABU-Stiftung Nationales Naturerbe):
„Die EU-Agrarpolitik hat sich immer dann als reformfähig erwiesen, wenn dies von außen eingefordert wurde. Aus sich heraus beharrt die Agrarwirtschaft auf alten Zöpfen und schafft es nicht, Zukunft zu gestalten. Deshalb setzen wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern mit der Kampagne LivingLand alles daran, die Bürgerinnen und Bürger an der Debatte über eine Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik zu beteiligen. Die Gesellschaft ist nur noch bereit die Landwirtschaft zu unterstützen, wenn das Geld bei den Bauern ankommt, die gesellschaftliche Leistungen für Natur, Umwelt und ländliche Räume erbringen. Das sollte auch Bauernverbandspräsident Rukwied akzeptieren, der mehr Geld fordert - aber ohne Umweltauflagen."
Stephan Börnecke (Studienautor und freier Journalist):
„Die moderne Landwirtschaft provoziert eine unheimliche Artenerosion – und die Politik schaut weg. Die Studie belegt, dass der Trend aufgrund geschönter Basisdaten viel heftiger ist, als von EU und Bund behauptet. Neue Forschungsergebnisse zum Insektenschwund, zur Unverträglichkeit „moderner“ Landwirtschaft und artenreicher Natur sowie neue Erkenntnisse zur Gefährlichkeit der Pestizid-Stoffklasse der Neonikotinoide zeigen die Brisanz der Wirkung, die nicht nur Bienen, sondern auch Vögel und sogar Säugetiere bedroht. Die Politik ist gefordert, diese Stoffklasse umgehend und vollständig zu verbieten.“
Martin Häusling (agrarpolitischer Sprecher der Fraktion die Grünen/EFA und Mitglied des Agrar- und Umweltausschusses im Europäischen Parlament):
„Die heute vorgestellten Ergebnisse zeigen deutlich: Europa und Deutschland sind weit davon entfernt, die selbst gesteckten Ziele zum Schutz der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2020 zu erreichen. Den größten Anteil daran trägt eine immer intensiver wirtschaftende Landwirtschaft, die in wachsendem Maße mit Umweltverschmutzung, Artenschwund und Tierleid einher geht und darüber hinaus die Erwartungen der Verbraucher verfehlt.
Die nächste Agrarreform muss sich diesen Forderung stellen und eine grundsätzliche politische Neuausrichtung mit sich bringen. Die Forderung „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ darf sich nicht nur in Worten, sondern muss sich auch in der Subventionspolitik widerspiegeln. Nur so wird es möglich sein, die gesellschaftliche Akzeptanz für den Umbau hin zu einer ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft zu sichern, denn eine Trendumkehr im Artenschutz muss dort erreicht werden, wo ihr Verlust verursacht wird.“


HINWEISE:

Studie
Die Studie selbst ist unter folgendem Link erhältlich:

http://www.martin-haeusling.eu/presse-medien/publikationen/1676-die-un-heimliche-artenerosion-in-europas-agrarlandschaften-erweiterte-und-aktualisierte-auflage.html


weitere Informationen:
Büro Martin Häusling Berlin (Ilka Dege), Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., 030/22770020

 

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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